- Julia Simic spielte früher unter anderem für Bayern München sowie AC Mailand und ist nun Expertin bei Sky.
- Im Interview spricht sie über die Entwicklung des Frauen-Fußballs und die Gehaltsunterschiede zu den Männern.
- Außerdem wirft sie einen Blick auf das Top-Spiel am Samstagabend zwischen dem FC Schalke 04 und dem FC Bayern München (18:30 Uhr, live bei Sky).
Frau Simic, die Frauen-Bundesliga hat nach sieben Spieltagen mit 119.286 Zuschauern den Wert aus dem Vorjahr um mehr als 10.000 übertroffen. Beim Eröffnungsspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern München wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Resultiert das bereits aus dem Boom der Frauen-Europameisterschaft?
Julia Simic: Ja. Ich denke, die höheren Zuschauerzahlen resultieren aus den Highlight-Spielen, die wir uns immer gewünscht haben. Man geht in die großen Stadien und lockt durch solch ein Event die Massen an. Ich war selber bei dem Eröffnungsspiel. Das war ein tolles Event. Die Menschen hatten dort Spaß und haben Fußball genossen. Da spielt es keine Rolle, ob das nun die Bundesliga, die 3. Liga oder die Frauen-Bundesliga ist. Solche Highlight-Spiele ziehen den Zuschauerschnitt nach oben. Auch das neue Champions-League-Format mit der eigenen Hymne und den Spielen in den großen Stadien hat viel bewirkt.
Vor elf Jahren hatte die Weltmeisterschaft im eigenen Land ebenfalls eine Euphorie ausgelöst. Warum war das damals nicht nachhaltig?
Der Liga-Alltag war nicht nachhaltig genug. Wir hatten damals bereits sehr bekannte Spielerinnen wie Birgit Prinz, Simone Laudehr oder Celia Sasic, die auf vielen Plakaten und in der Werbung zu sehen waren. Wir hatten bei der WM hohe Einschaltquoten und haben in den großen Stadien gespielt. Aber danach ging man zurück in kleine Stadien, die gar keine richtigen Stadien waren und in denen teilweise nicht einmal eine Fernsehübertragung möglich war. Glücklicherweise fand seitdem eine erfreuliche Entwicklung statt, die von den USA nach Europa übergeschwappt ist. Die Frauen haben sich für eine bessere Struktur und bessere Bedingungen eingesetzt, sodass sie sich auf Fußball konzentrieren können. In der Vergangenheit war es eher so, dass die Frauen eine 40-Stunden-Arbeitswoche mit 40 Stunden Fußball vereinbaren mussten.
Perspektive junger Fußballspielerinnen besser als früher
Sie sind Co-Trainerin der U-17 Nationalmannschaft. Wie groß ist die Perspektive junger Fußballspielerinnen, später von dem Sport leben zu können?
Die Perspektive ist heute viel besser als früher. Als ich damals für die U-17 gespielt habe, hatte ich im Hinterkopf vielleicht den Traum, dass ich es irgendwie in die Männer-Bundesliga schaffen könnte. Es gab nämlich überhaupt keine Möglichkeit, als Frau professionell Fußball zu spielen. Das ist heute völlig anders. Die Mädels haben auch vielfach den Traum, ins Ausland zu gehen und zum Beispiel in England, in Spanien, in Italien oder in Frankreich zu spielen. In England, wir übertragen ja zum Beispiel auch deren Women's Super League bei Sky, arbeiten zum Beispiel alle zwölf Mannschaften auf sehr hohem Niveau. Dies ist in Deutschland noch nicht der Fall. Wir haben in der Bundesliga vielleicht zwei, drei Vereine, die sich auf dem Niveau der englischen Vereine bewegen.
Stichwort Equal Pay: Wie stehen Sie zu der Forderung, dass Frauen genauso gut bezahlt werden müssten wie Männer?
Man muss zwischen dem Vereinsfußball und den Verbänden differenzieren. Auf Vereinsniveau herrscht ein freier Markt mit Angebot und Nachfrage. Es ist völlig klar, dass mit Männer-Fußball mehr umgesetzt und dementsprechend mehr verdient wird. Aber bei den Verbänden wird das eigene Land repräsentiert. Die Frauen sind ohnehin schon benachteiligt, wenn sie für die Nationalmannschaft spielen. Sie müssen dafür teilweise unbezahlten Urlaub nehmen oder sammeln Fehltage bei der Arbeit an. Da frage ich mich: Müssen die Männer, die eh schon Multi-Millionäre und auf das Geld vom DFB nicht angewiesen sind, so viel mehr Geld verdienen als die Frauen? Hier würde ich mir eine Anpassung wünschen. Das wird in einigen Ländern wie zum Beispiel USA, Kanada, Schweden oder Australien bereits umgesetzt. In Deutschland wurden die Prämien der Frauen zumindest aufgebessert.
Die meisten Fußballspielerinnen verschwinden aus der Öffentlichkeit, wenn sie ihre aktive Karriere beenden. Sie waren Expertin bei DAZN und sind nun bei Sky tätig. Wie haben Sie es geschafft, sich dieses Standing zu erarbeiten?
Ich hatte nicht unbedingt geplant, ein Jahr nach meinem Karriereende neben Lothar Matthäus und Sebastian Hellmann als Expertin am Tisch zu stehen. Das wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Bei DAZN kam ich über die Frauen-Champions-League hinein und habe dann auch das erste Männer-Spiel als Expertin begleitet. Das hat sich offenbar bis zu anderen Sendern herumgesprochen, sodass ich nun bei Sky bin. Meine Funktion als Trainerin hilft mir natürlich. Grundsätzlich denke ich, dass die Expertise und nicht das Geschlecht der entscheidende Faktor sein sollte. Es ist ein sehr schöner Trend, dass Frauen als Expertinnen nicht mehr ausgeschlossen werden und auch viel Anerkennung bekommen. Sicherlich mag es noch einige Männer geben, die Expertinnen nicht gut finden. Aber auch männliche Experten müssen viel Kritik einstecken. Und je öfter eine Frau als Expertin eingesetzt wird, als desto normaler wird das empfunden.
Lesen Sie auch: Umfrage: Ein Drittel der Fans will Frauen-Bundesliga intensiver verfolgen
Simic zum Spiel Bayern München gegen Schalke 04
Abschließend noch eine Frage zur Aktualität: Am Wochenende findet der letzte Spieltag des Jahres statt. Bayern München bestreitet am Samstagabend das Top-Spiel gegen den FC Schalke 04 (18:30 Uhr, live bei Sky). Ist das möglicherweise das Duell des sicheren Meisters gegen den vermutlichen Absteiger?
Ja, das sieht aktuell so aus. Die Bundesliga war in der oberen Tabellenregion zuletzt allerdings enger als gedacht. Der FC Bayern ist jetzt in einer guten Form. Aber sie haben auch zu Saisonbeginn die wohl besten drei Spieltage der Vereinsgeschichte hingelegt und bekamen danach Probleme. Vereine wie Union Berlin, Freiburg, Leipzig oder auch Eintracht Frankfurt machen es teilweise spannend. Von Dortmund hätte man etwas mehr erwartet, aber vielleicht kommen sie noch besser in Fahrt. Für Schalke wird es eher schwierig. Ich freue mich zwar sehr für Thomas Reis, dass er so schnell wieder einen neuen Trainerjob bekam. Er hat in den letzten Jahren einen sehr guten Job gemacht. Ich halte ihn für einen guten Trainer, der eine Mannschaft gut erreichen kann. Daher würde ich mir wünschen, dass er mit Schalke unten rauskommt. Aber das wird schwer, auch wenn sie zuletzt gegen Mainz den zweiten Saisonsieg einfahren konnten.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.