Die Bundesliga der Frauen ist so spannend wie nie. Die Gründe dafür liegen nicht nur bei den Formschwankungen des FC Bayern und des VfL Wolfsburg.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Hinrunde ist vorbei, der Meisterschaftskampf so spannend wie vielleicht noch nie. Das hat Gründe, die über die Formschwankungen von Bayern und Wolfsburg hinausgehen. Kann Bayer Leverkusen die Überraschung schaffen? Und ist Eintracht Frankfurt vielleicht sogar der große Favorit im Titelkampf?

Mehr News zur Bundesliga

Hier kommt das Wichtigste zum elften Spieltag der Frauen-Bundesliga.

Die zwei Gesichter: FC Bayern findet nicht zur Stabilität

Es war vielleicht die beste Halbzeit, die der FC Bayern in dieser Saison gespielt hat. Gegen die SGS Essen dominierte man auswärts trotz all der Strapazen und Formprobleme die Partie. Spielfreude, Druck aufs gegnerische Tor, hohes und gutes Pressing – alles war angerichtet für einen beeindruckenden Auswärtssieg.

Auch das längst überfällige Tor lieferte Pernille Harder nach 30 Minuten und sehenswerter Flanke von Alara Sehitler. Dass man am Ende nur mit einem Tor Vorsprung in die Kabine ging, war eine kleine Überraschung. Ebenso wie der Auftritt der Bayern in Hälfte zwei.
Denn wer dachte, dass es einfach so weitergeht, der irrte sich. Bayern verlor die Kontrolle über das Spiel komplett, während Essen immer mehr merkte, dass ein Remis oder gar ein Sieg möglich sind und mutiger wurde. Plötzlich spielte der amtierende Meister ängstlich, machte einfache Fehler und kam stellenweise nicht mehr aus der eigenen Hälfte heraus.

Weil Essen aus der nun entstandenen Überlegenheit nichts machte und Torhüterin Sophia Winkler kurz vor Schluss mit nach vorn ging, konnte Georgia Stanway bei einem Gegenstoß das leere Tor zum 2:0 treffen. Ein in der Höhe unverdienter Sieg. Aber ein wichtiger, weil man zumindest vorübergehend die Tabellenspitze übernehmen konnte.

Die Verzweiflung: VfL Wolfsburg findet in Leverkusen keine Lösungen

Denn der VfL Wolfsburg patzte bereits am Freitag. Mit 0:1 verlor man in Leverkusen und damit den Platz an der Sonne der Bundesliga. Eine Niederlage, die sich der VfL mit Ideenlosigkeit und Behäbigkeit redlich verdiente.

Leverkusen verteidigte stark, variierte in der Höhe des Pressings klug und schaffte es, dass Wolfsburg seine Schlüsselspielerinnen in der Offensive nicht wirklich in Szene setzen konnte. Verzweiflungsdribblings, Flanken und die Hoffnung auf einen Geistesblitz von Alexandra Popp reichten in Leverkusen nicht aus.

Es sind Probleme, die auch in der guten Phase zuletzt erkennbar geblieben sind. Probleme, die auch aus dem personellen Umbruch entstanden sind, den man im Sommer hinter sich bringen musste. Dass Wolfsburg überhaupt noch in der Verlosung um die Meisterschaft ist, ist angesichts der Ereignisse wohl als Erfolg zu betrachten.

Leverkusen hingegen krönt mit dem Sieg eine herausragende Hinrunde. Schon nach der Hälfte der Saison haben sie mit 26 Punkten nur fünf weniger als in der gesamten letzten Spielzeit – wenngleich der Sieg gegen Freiburg nach wie vor in der gerichtlichen Schwebe ist. Die Werkself verteidigt klug, hat viel Disziplin und findet immer wieder kreative Lösungen in Umschaltsituationen, aber wenn nötig auch in eigenen Ballbesitzphasen. Dass sie die erste Saisonhälfte auf dem dritten Rang beendet, ist fast schon folgerichtig.

Die Hinrundenmeister: Eintracht Frankfurt liefert wie bestellt

Als folgerichtig könnte man auch die Hinrundenmeisterschaft von Eintracht Frankfurt bezeichnen. Sieben Minuten dauerte es am Montagabend, da war die Partie gegen RB Leipzig schon fast entschieden. Nicole Anyomi erzielte das 1:0 für die SGE.

Fortan beherrschte Frankfurt das Spiel. Kontrolliert, dominant, aber dennoch zielstrebig – wobei gerade die Zielstrebigkeit eine in der Konsequenz neu entwickelte Qualität ist. Frankfurt zeigt in dieser Saison anders als in den vergangenen Jahren, dass man auch gegen die kleinen Teams in einer Favoritenrolle brillieren kann – und zwar konstant.

Das macht die SGE so stark wie sie es unter Niko Arnautis noch nie war. Im zweiten Durchgang legten Tanja Pawollek und Carlotta Wamser nach. Frankfurt hat einen herausragenden Kader, ist vor allem offensiv seit jeher gut besetzt und hat im Mittelfeld an Qualität hinzugewonnen. Dass die SGE keine Belastung durch internationalen Fußball hat, spielt ihr in die Karten.

Wenn sie diese Form halten kann, ist sie der große Favorit auf die Meisterschaft.

Das furchtlose Mittelfeld: Davon profitiert die Bundesliga

Doch nicht nur formstarke Frankfurterinnen und ein überraschend gutes Leverkusen machen die Liga so spannend. In dieser Saison ist vieles anders. Das liegt womöglich auch daran, dass die Teams aus dem Mittelfeld besonders mutig agieren.

Freiburg, Bremen, Leipzig, Essen, auch das etwas abgeschlagene Köln: Sie alle spielen offensiv und teilweise offensiver als im Jahr zuvor. Warum auch nicht? In dieser Saison steigt wegen der Aufstockung der Liga in der kommenden Saison nur ein Team ab. Dass das entweder Turbine Potsdam oder Carl Zeiss Jena sein wird, lässt sich schon jetzt prognostizieren.

Klammert man den 1. FC Köln aus, der vor diesem Spieltag erst zwei Punkte hatte, können alle anderen Teams befreit und furchtlos aufspielen. Zu verlieren gibt es nichts. Ob man am Ende auf dem achten oder vierten Rang steht? Wenig Unterschied. Der Attraktivität der Liga schadet das nicht.

Da ist es fast schon keine Überraschung mehr, dass formstarke Bremerinnen in einem Heimspiel gegen den SC Freiburg mit 0:3 untergehen.

Bundesliga: Was noch?

Auch die angesprochenen Kölnerinnen können durchatmen. Dank des 1:0-Siegs in Potsdam beträgt der Vorsprung auf den Abstiegsplatz nun vier Punkte. Carl Zeiss Jena musste das Spiel gegen Hoffenheim indes verschieben – der Platz war nicht bespielbar.

Bundesliga: Wie geht es weiter?

Einen Spieltag hat das Kalenderjahr trotz Hinrundenende noch zu bieten: Am 13. Dezember eröffnen Jena und Frankfurt die Rückrunde. Dann kann sich die SGE auch zum Wintermeister küren. Bayern empfängt indes Potsdam, Leverkusen den SC Freiburg und Wolfsburg muss nach Bremen.

Im Mittelfeld kämpft die TSG Hoffenheim gegen Essen um Anschluss, während der 1. FC Köln gegen RB Leipzig einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt gehen kann.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.