Für den Fall, dass Pep Guardiola den FC Bayern München verlässt, hat die Gerüchteküche nun Matthias Sammer als Nachfolger erfasst. Dieses Szenario erscheint unwahrscheinlich. Doch der Münchner Sportvorstand legt Wert darauf, nichts auszuschließen.

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In Zeiten dröger Phrasendrescherei bedarf es ein wenig Witz und Cleverness, damit der Fragende den Gefragten an den richtigen Stellen kitzelt. Also spielte der "Sky"-Mann dem Sportvorstand des FC Bayern einen wunderbar präzisen Steilpass zu.

Ob er nicht mal Lust habe zu sagen: Mensch, jetzt habe er hier so viel gesehen von Pep Guardiola, da könne er es doch glatt selber machen, wollte der Reporter wissen und lächelte schon, weil er erkannte, dass auch Matthias Sammer lächelte. Der Sachse, der seit 2012 ein Münchner ist, kennt das Geschäft, seit er Fernsehexperte gewesen ist, just beim gleichen Sender. "Um Gottes Willen", antwortete Sammer, "ich will nicht sagen, ich habe keine Lust darauf, weil man beim Fußball immer Lust hat. Aber es ist kein Thema, ich habe keine Ambitionen."

Ein netter Plausch war das, ein paar Wochen ist er her.

Anweisungen für Alaba

Wer nun am Samstag beobachtete, wie Sammer an den Seitenrand stiefelte, mit den Armen ruderte und den perplexen David Alaba instruierte, der durfte aufmerken, ob das Trainerfeuer im Fußballfunktionär wirklich erloschen ist. In jedem Fall war es ungewöhnlich, wie sich Sammer bei Bayerns 3:1 auf Schalke gerierte - fast so, als wolle er seinen Hut in einen möglichen Ring werfen.

Noch immer wartet der Rekordmeister auf ein Signal von Guardiola, kurz vor Weihnachten wollen sie sich zusammensetzen und darüber debattieren, ob der Katalane seinen 2016 auslaufenden Trainervertrag verlängert. Für den Fall, dass er nicht bleibt, werden Namen wie Carlo Ancelotti gehandelt. Und seit Neuestem, wenigstens verstohlen, die interne Lösung Sammer.

Aber könnte er das: Trainer bei Bayern? Mag er überhaupt? Was spricht dafür und was dagegen?

Schnittstelle im Binnengefüge

"Trainer sein ist schön, jedoch sehr schwer", sagte Sammer im Herbst vorigen Jahres. "Wenn du erfolgreich sein willst als Trainer, musst du in allererster Linie ein guter Pädagoge und Psychologe sein."

Sammer gilt in allererster Linie als guter Feuerkopf, als unbequem, perfektionistisch, überehrgeizig, das war schon als Spieler so. Kaum wechselte er die Seiten, dirigierte er Dortmund 2002 zum Titel; mit 34 wurde er jüngster Meistertrainer und ist es bis heute. In derselben Saison erreichte er mit Borussia das Uefa-Cup-Finale (2:3 gegen Feyenoord Rotterdam).

Sammers Stärken liegen in der Akribie und Analyse. Seine genaue Aufgabe bei Bayern bleibt allerdings im Halbdunkeln, auch nach über drei Jahren. Die "SZ" hat ihn als "Stimmungsspürhund" und der "Spiegel" als "Problemsucher" charakterisiert, faktisch besetzt er eine Schnittstelle im sensiblen Binnengefüge. "Ich kümmere mich um die Stabilität im Umfeld, um den Stab, im Interesse des Vereins", erklärte er, und: "Ich habe geräuschlos zu wirken."

Hitzfeld: "Anstrengend und nervig"

Wenn er spricht, erhebt er die Stimme. Sammer hat sich als Mahner und Warner positioniert. Der 48-Jährige ist ein begnadeter Rhetoriker, sein Lieblingswort lautet "Konstellation", er will mehr, mehr, immer mehr. Das ist die richtige Einstellung, gerade in München, aber sie kann zum Problem umschlagen.

"Der schwierigste Spieler war sicher Matthias", hat Ottmar Hitzfeld dem "kicker" über seine Laufbahn gesagt. Beide arbeiteten beim BVB und gewannen alles, doch Sammer "hatte nach jedem Sieg etwas zu bemängeln. Das fand ich ein bisschen anstrengend und nervig..."

Sammers vage Andeutung

Nicht nur deshalb scheint Sammer als Bayern-Coach schwer vermittel- und vorstellbar. Nach dem 2002er Championat kam nicht mehr viel, Dortmund (2004) und Stuttgart (2005) trennten sich trotz gültigen Vertragspapieren. Seine letzten Gehversuche als Übungsleiter liegen somit eine Dekade zurück.

Vor einem knappen Jahr verlängerte der Sportvorstand Sammer bei Bayern bis 2018. Kurz vorher hatte er das Hintertürchen immerhin soweit geöffnet, dass ein Lichtkegel in den Raum fällt: "Ich kann nur nicht mehr Spieler sein - alles andere ist noch möglich. Auch der Trainerjob."

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