Mit Michael Olise hat der FC Bayern München einen trickreichen Spieler aus der Premier League verpflichtet, der auf seiner Position allerdings viel Konkurrenz vorfindet. Könnten Leroy Sané, Serge Gnabry oder auch Kingsley Coman von ihm verdrängt werden?

Ein Porträt
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Der FC Bayern München hat viel Geld für einen Spieler bezahlt, der in Deutschland kaum bekannt ist. Der Flügelspieler Michael Olise wechselt für eine Ablöse von circa 53 Millionen Euro vom englischen Erstligisten Crystal Palace nach München.

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Der in England geborene Franzose, der bislang nur für die französische U21-Nationalmannschaft zum Einsatz kam, ist der viertteuerste Transfer der Vereinsgeschichte.

"Michael ist ein Unterschiedsspieler, der besondere Momente kreieren kann, der durch Dribblings, Situationen auflösen kann, der extrem torgefährlich ist. Er kann vom rechten Flügel aus mit seinem linken Fuß immer wieder nach innen kommen", sagte Sportvorstand Max Eberl. "Er ist unglaublich kreativ in der Offensive, aber hat mit seinen 22 Jahren natürlich auch noch Potenzial nach oben. Das ist das, was ihn so spannend macht."

"Wegen solchen Spielern gehen die Leute auch ins Stadion."

Bayerns Sportdirektor Christoph Freund über Neuzugang Michael Olise

Sportdirektor Christoph Freund ist überzeugt davon, dass der 1,84 Meter große Akteur zu einem Publikumsliebling werden könnte. "Wegen solchen Spielern gehen die Leute auch ins Stadion. Die können begeistern, die können immer etwas Ungewöhnliches und Spektakuläres machen", sagte er. "Michael ist schnell, trickreich, torgefährlich und offensiv sehr variabel einsetzbar. Seine Statistiken bei Toren und Assists sind heute schon hervorragend."

Tatsächlich nahm Olise speziell in der vergangenen Saison eine starke Entwicklung. Im Dienst des englischen Erstligisten Crystal Palace erlebte er zwar eine verletzungsgeplagte Saison und konnte aufgrund zweier Oberschenkelverletzungen lediglich 19 Saisonspiele absolvieren. Trotzdem gelangen ihm zehn Tore und sechs Vorlagen. In den beiden Spielzeiten zuvor kam er zusammengerechnet auf vier Tore und 16 Vorlagen.

Große Konkurrenz für Sané, Gnabry und Coman

Durch seine Spielweise erinnert er ein wenig an den früheren Bayern-Star Arjen Robben, der ebenfalls vorwiegend auf dem rechten Flügel spielte, bei seinen Dribblings nach innen zog und mit dem linken Fuß den Abschluss suchte. Er dürfte diese Position auch beim FC Bayern vorwiegend spielen und würde somit in Konkurrenz zu Leroy Sané und dem zuletzt verletzungsgeplagten Serge Gnabry treten.

Die Zukunft von Sané ist noch immer ungeklärt, weil dessen Vertrag im Sommer 2025 ausläuft. Ist die Verpflichtung von Olise möglicherweise ein Indiz dafür, dass der deutsche Rekordmeister ohne Sané plant? Zwar könnte Olise auch im Zentrum als offensiver Mittelfeldspieler agieren, weil er dies gelegentlich auch in England tat. Dies ist allerdings die bevorzugte Position von Jamal Musiala, der beim FC Bayern unantastbar ist.

Gleichwohl ist die Verpflichtung von Olise auch ein Statement in Richtung der Flügelspieler Gnabry und Kingsley Coman, die laut "Sky Sport News" als mögliche Verkaufskandidaten beim FC Bayern gelten.

Entdecker verrät: "Olise hat immer Torschießen im Kopf"

Olise spielte in der Jugend für Manchester City und den FC Chelsea, ehe er in seinem 14. Lebensjahr in die Nachwuchsabteilung des FC Reading wechselte. Dort gab er auch sein Profidebüt in der 2. Liga. Sein damaliger Trainer José Gomes erzählte gegenüber der "Bild": "Ich habe Michael damals spielen lassen, obwohl er noch ein Kind war, gerade einmal 17 Jahre alt. Aber man konnte da schon seine außergewöhnlichen Qualitäten sehen."

Er schätzte an Olise vor allem den Zug zum Tor. "Olise hat immer das Torschießen im Kopf. Selbst, wenn er mal außerhalb des Strafraums an den Ball kommt, denkt er daran und sucht schnell, aber auch sehr gezielt den Abschluss", verriet er. "Olise hat eine großartige Technik, dank der er vom Dribbling bis zum Passspiel alles gut kann. Seine herausragende Fähigkeit ist aber das Lesen des Spiels: Sein Kopf kann viele Informationen sehr schnell gleichzeitig verarbeiten und somit viele richtige Entscheidungen treffen."

Wichtig sei allerdings, dass Olise in München ein gutes Umfeld vorfindet. "Als Mensch ist Michael sehr sensibel, er braucht sehr viel Liebe und Zuneigung, um sich gut einzufinden und wohlzufühlen“, sagte Gomes. "Wenn der Klub ihm das gibt, wird Olise es aber auch mindestens im gleichen Maß mit guten Leistungen zurückzahlen."

Olise löschte alle Bilder auf Instagram

Privat gilt Olise als ein Spieler, der einen Hang zu außergewöhnlichen und teuren Klamotten hat und dies gerne inszeniert. Die "Bild" berichtete von Bildern auf Instagram, die ihn unter anderem in 7.500-Euro-Schuhen zeigen. Allerdings hat er all diese Bilder plötzlich gelöscht. Sein Profil enthält nur noch zwei Bilder – einen Abschiedsgruß an den Ex-Verein und ein Bild von ihm im Trikot des FC Bayern.

Ist das möglicherweise ein Anzeichen dafür, dass er sich nun auf das Wesentliche konzentrieren möchte? In München dürfte ein solcher Sinneswandel gut ankommen. Das Beispiel Gnabry, der Anfang 2023 an seinem freien Tag zur Fashion Week nach Paris reiste, hat gezeigt, wie negativ einem Spieler dies ausgelegt werden kann.

Er gab "das schlechteste Interview aller Zeiten"

Vom Charakter her scheint Olise eher kein Selbstdarsteller zu sein. Im Gegenteil: Er antwortet teilweise so einsilbig, dass ein Interview von ihm im Internet als "das schlechteste Interview aller Zeiten" viral ging.

Als er nach einem 2:1-Auswärtssieg gegen West Ham United darum gebeten wurde, seinen Siegtreffer in der Nachspielzeit zu beschreiben, antwortete dieser: "Wilf hat mir den Ball zugespielt. Schuss. Tor." Was das für ein Gefühl war? "Ein gutes Gefühl." War der Sieg verdient? "Ja!" Nach 21 Sekunden war das Interview beendet.

Den FC Bayern dürften solche einsilbigen Interviews nicht stören, sofern er seine Tore macht.

Verwendete Quellen

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