Mazraoui
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Am 15. Oktober hat der Bayern-Profi Noussair Mazraoui in den sozialen Netzwerken ein Video verbreitet, in dem den Palästinensern im Konflikt mit Israel ein Sieg gewünscht wird. Der marokkanische Fußball-Nationalspieler teilte bei Instagram einen kurzen Clip, in dem eine Stimme im Stil eines Gebets sagt: "Gott, hilf unseren unterdrückten Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen. Möge Gott den Toten Gnade schenken, möge Gott ihre Verwundeten heilen." Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas die Grenze zu Israel überquert und Massaker angerichtet. In dem Konflikt starben auf beiden Seiten seitdem bereits Tausende Menschen.
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Nachdem der Post für Aufsehen gesorgt hatte, äußerte sich der Fußballer am Abend desselben Tages erneut. In einer Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorlag, hieß es in englischer Sprache: "Der Punkt ist, dass ich nach Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt strebe. Das bedeutet, dass ich immer gegen alle Arten von Terrorismus, Hass und Gewalt sein werde." Er gab sich enttäuscht, dass er dies klarstellen müsse.
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"Ich verstehe nicht, warum über mich das Gegenteil gedacht wird und warum ich mit hasserfüllten Gruppen in Verbindung gebracht werde", sagte Mazraoui weiter. Es gehe aktuell nicht darum, was er oder andere denken. "Täglich werden unschuldige Menschen getötet durch diesen schrecklichen Konflikt, der außer Kontrolle geraten ist." Dagegen müsste man die Stimme erheben, die Situation sei "einfach unmenschlich. Abschließend möchte ich klarstellen, dass es nie meine Absicht war, bewusst oder unbewusst jemanden zu beleidigen oder zu verletzen."
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Einige Tage später äußerte sich der FC Bayern zu der Angelegenheit, nachdem er mit dem Spieler "ein ausführliches und klärendes Gespräch" geführt hatte. "Noussair Mazraoui hat uns glaubwürdig versichert, dass er als friedliebender Mensch Terror und Krieg entschieden ablehnt. Er bedauert es, wenn seine Posts zu Irritationen geführt haben", sagte Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, in der Mitteilung und erklärte: "Der FC Bayern verurteilt den Angriff der Hamas auf Israel." Mazraoui verurteile laut der Mitteilung "jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation." Der FC Bayern stehe an der Seite der jüdischen Gemeinde Deutschlands und an der Seite Israels; nichts rechtfertigt die Ermordung von Kindern und Familien.  
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Bayern München teilte außerdem mit, dass Mazraoui im Kader des Klubs bleiben werde. Nach einer kleineren Verletzung kam er am 24. Oktober im Champions-League-Spiel gegen Galatasaray inzwischen auch wieder zum Einsatz.
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Bayern-Trainer Thomas Tuchel begrüßte die Mitteilung des Vereins. "Ich stehe zu 100 Prozent zu dem Inhalt und zu diesem Statement", erklärte der Münchner Coach auf einer Pressekonferenz. Tuchel hat sowohl mit Mazraoui als auch dem israelischen Ersatztorwart Daniel Peretz geredet, wollte aber nicht auf die Inhalte eingehen. Für Tuchel gehe es darum, Mazraoui in der Gemeinschaft zu halten und zugleich auf Peretz einzugehen. "Ich habe großes Vertrauen in die Wirkung einer Kabine", sagte der 50-Jährige. "Wir haben keine heile Welt in der Kabine, aber eine Kabine hat heilsame Wirkung über alle Grenzen."
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Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hätte sich vom deutschen Fußball-Rekordmeister offenbar ein härteres Vorgehen gewünscht. Schuster forderte in der "Süddeutschen Zeitung" "sichtbar harte Konsequenzen gegenüber dem Spieler". Die Münchner müssten so dafür sorgen, "dass sich Entgleisungen solcher Art nicht wiederholen". Zunächst hatte der Zentralrat der Juden die milde Reaktion des FC Bayern "auch mit Blick auf die stets klare Haltung des Vereins" noch als "angemessen" eingestuft.
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Schuster erklärte, er habe von Mazraoui erwartet, dass "ein Fußballprofi, der auch eine Vorbildfunktion hat, vor diesem Hintergrund unmissverständlich den Hamas-Terror verurteilt, sich zum Existenzrecht Israels bekennt und Antisemitismus auf deutschen Straßen ablehnt". Dass der FC Bayern mit Mazraoui nach dessen "unsäglichem Instagram-Post und seinem nun sehr dünnen Statement" das Gespräch gesucht und nicht aus dem Kader gestrichen habe, sei nachvollziehbar, wird Schuster in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert. "Bei einem einfachen Rapport kann es nun aber nicht bleiben", mahnte er.
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Alon Meyer, Präsident des deutsch-jüdischen Turn- und Sportverbandes Makkabi, forderte nach dem Post von Mazraoui vom FC Bayern einen professionelleren Umgang mit den Social-Media-Aktivitäten der Spieler. "Beim FC Bayern wird jedes Gramm Nudeln abgewogen, aber auf dem Social-Media-Gebiet sind Spieler nicht geschult. So ein Posting kann immens viel Schaden anrichten. Ich erwarte von einem Top-Klub, dass man sich auch da professionalisiert", sagte er dem TV-Sender Sky.
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Einige Tage später wurde er deutlicher und kritisierte im "Sportstudio" des ZDF den FC Bayern. Dass der Pro-Palästina-Post des marokkanischen Fußball-Nationalspielers ohne Konsequenzen geblieben war, sei "absolut indiskutabel und inakzeptabel", sagte er. "Wenn die Spitzensportler, wenn die Vorzeigesportler dieses Vereins, die Millionen verdienen, so etwas posten. Sie konterkarieren unsere Arbeit, die wir taktisch machen. Wir bauen Brücken, wir wollen Vorurteile abbauen und die werden hier mit einem Post mit Füßen getreten."
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Wiederum wenige Tage später sagte Meyer gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Makkabi Deutschland wolle sich mit Mazraoui treffen. "Wir würden gern mit ihm sprechen, wir würden uns sehr gern mit ihm an den Tisch setzen", sagte er. Demnach soll der Dialog über den Makkabi-Ortsverein in München initiiert werden.
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Mazraoui hatte allerdings schon zuvor Gesprächsbereitschaft angemeldet. Nach "FAZ"-Informationen organisiere der FC Bayern bereits ein Gespräch mit einem Vertreter der jüdischen Gemeinde Deutschlands - der Vorschlag dazu soll vom marokkanischen Nationalspieler selbst in einem Gespräch mit Bayern-Vorstandschef Jan-Christian Dreesen gekommen sein.
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Eine Reaktion gab es auch vom Fanclub "Bayern Israel". Der Vorsitzende Tsvika Riz sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Wenn er selbst ein Video aufgenommen hätte, wäre das etwas anderes. Er hätte sich entschuldigen können und sich eingestehen können: Das war ein Fehler." Die Stellungnahme des FC Bayern sei vielen "zu soft" gewesen. Die Entschuldigung in der Vereinsmitteilung sei "zu allgemein", kritisierte Riz. "Er soll nicht jeden Terror verurteilen. Er soll die Hamas verurteilen. Er bereut offenbar sein Handeln, an die Öffentlichkeit gegangen zu sein, aber er bereut nicht die Inhalte."
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Josephine "Josie" Henning, die für Amazon Prime das Champions-League-Spiel der Bayern bei Galatasaray begleitete, zeigte zwar Verständnis für Mazraouis Berücksichtigung im Spiel. Den FC Bayern kritisierte sie dennoch. "Es ist sportlich absolut verständlich, dass er dabei ist. Es wird ein unglaublich toughes Spiel, es wird sehr schwierig - auch mit den Fans hier", sagte Henning. "Meine persönliche Meinung ist aber, dass das (wie der Klub auf Mazraouis Post reagierte, Anm. d. Red.) nicht gut gehandhabt wurde", fügte sie jedoch hinzu.
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Die frühere deutsche Nationalspielerin weiter: "Das kann jeder so sehen, wie er möchte, aber ich glaube, dass wir im Fußball lernen müssen mit diesen Situationen - und das ist schon ein Understatement - umzugehen. Und nicht zu reagieren und versuchen es wegzuwischen. Ich glaube, das kann man viel professioneller machen in der Kommunikation, im Statement. Das ist für mich persönlich schwach gewesen."
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Deutliche Kritik an Mazraoui und am Umgang des FC Bayern mit der Angelegenheit gab es auch von Ex-Profi Stefan Effenberg. In seiner Kolumne für "Sport1" schrieb er: "Der FC Bayern München hat sich im Fall Noussair Mazraoui dazu entschieden, die Sache mit einem Statement zu beenden. Dazu muss ich deutlich sagen: Eigentlich sollten die Spieler selbst wissen, wie man sich bei so einem Thema verhält – wenn man zweimal nachgedacht hätte. Das war bei Mazraoui aber wohl nicht der Fall".
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In der Vereinsmitteilung vermisse Effenberg eine Entschuldigung. "Das wäre ja wohl das Mindeste gewesen – und nicht die Aufgabe des Vereins", stellte der ehemalige Bayern-Profi klar. "Der Spieler hat den Post abgesetzt, dann hätte er sich auch entschuldigen müssen". Auch der FC Bayern habe sich "nicht gerade mit Ruhm bekleckert", findet Effenberg. "Wo ist der Bayern-Vorstand? Wo sind Herbert Hainer und Jan-Christian Dreesen? Sie sollten das Gesicht des Vereins sein", fordert er. (Mit Material von dpa)