Michael Diederich wird gemeinsam mit Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic die Zukunft des FC Bayern München gestalten. Im Gegensatz zu seinen Kollegen kommt er allerdings nicht aus dem Fußball, sondern aus dem Bankensektor – und ist genau deshalb so wichtig für den Verein.
Michael Diederich kennt sich mit großen Zahlen aus. Als Vorstandsvorsitzender der Unicredit Bank (Marke HypoVereinsbank) führte er ein Unternehmen mit einer Bilanzsumme von etwa 300 Milliarden Euro im Jahr. Der Jahresumsatz von rund 634 Millionen Euro, die der FC Bayern München generiert, erscheint verglichen damit verschwindend gering.
Dennoch verabschiedete sich Diederich aus dem Bankensektor. Nun bejubelt er Tore statt Dividenden, kümmert sich um Transfers statt um Zinsentwicklungen. Der 57-Jährige ist der neue mächtige Mann im Hintergrund des FC Bayern.
Nachdem er bereits seit dem Jahr 2018 im Aufsichtsrat des Rekordmeisters sitzt und eine beratende Funktion eingenommen hat, stieg er am 1. April in den Vorstand des FC Bayern München ein. Ab dem 1. Juli wird er die Funktion als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der FC Bayern München AG bekleiden.
Seine Motivation? "Ich war mit Leib und Seele mehr als 20 Jahre Banker – aber mein Herz schlug bereits als Zehnjähriger für den FC Bayern", verrät er im Interview auf der Vereinswebseite und bezeichnet seine neue Rolle im Vorstand als "die Erfüllung eines Kindheitstraums."
Bankenkrise: Einsparungen, Filialschließungen, Stellenabbau
Tatsächlich aber dürften auch noch andere Gründe in den Berufswechsel hineingespielt haben. Diederich war als Vorstandsvorsitzender der Unicredit Bank - den Posten nahm er im Jahre 2017 ein - sehr erfolgreich und sorgte kurz nach seinem Dienstantritt für steigende Gewinne.
Dennoch war er gewissen Zwängen unterworfen. Laut einem Bericht von "Börse Online" war er zwar der Entscheidungsträger der deutschen Großbank, stand aber dennoch unter der Fuchtel des italienischen Mutterkonzerns UniCredit S.p.A. in Mailand. Und die sollen immer schärfere Sparrunden, Filialschließungen und auch einen Stellenabbau verlangt haben.
Auch wenn der FC Bayern verglichen mit der Unicredit Bank finanziell ein Leichtgewicht ist, nimmt Diederich durch seinen Wechsel wohl keine Einbuße in Kauf – eher im Gegenteil. In dem Bericht wird auf eine Meldung des Infodienstes "Finanzszene" hingewiesen, laut dem die HypoVereinsbank dem achtköpfigen Vorstand 2021 eine Gesamtvergütung von 6,2 Millionen Euro zahlte. Zum Vergleich: Der fünfköpfige FC-Bayern-Vorstand soll laut dem Bericht 2020/21 insgesamt 17,6 Millionen Euro verdient haben.
Beim FC Bayern wird Diederich eng mit dem Vorstandsvorsitzenden
Diederich über 100-Millionen-Euro-Transfers: "Ich wäre der Mahner"
Ob es unter seine Führung 100-Millionen-Euro-Transfers geben wird? "Es geht hier um zwei Aspekte: Können wir uns einen solchen Transfer leisten und wollen wir uns einen solchen Transfer leisten? Grundsätzlich schließe ich im Leben nichts aus", erklärt Diederich. "Aber ich wäre immer der Mahner, der sagt: Freunde, Achtung! Wir müssen auch den zweiten Teil der Waage, unsere Wirtschaftlichkeit, im Blick behalten."
Seine Sichtweise lautet: "Risiko darf man nicht scheuen – aber es muss kalkulierbar, kontrollierbar sein." Ohnehin würden hohe Investitionen im Fußball keinen Erfolg garantieren. "Im Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain haben wir es mit den teuersten Fußballern der Welt zu tun bekommen – und uns durchgesetzt", bringt Diederich als Beispiel. "Im Fußball geht es um die Mannschaft, den Spirit und den Teamgeist. Auch ich, der sein Berufsleben in einer Bank verbracht hat, kann sagen: Geld allein schießt keine Tore. Und das ist gut so."
Unabhängig davon stehe der Fußball vor vielen Veränderungen, auf die Diederich reagieren muss: "Die Herausforderungen für den Fußball generell sind vielschichtig - vom Investorenthema über Digitalisierung bis hin zur Nachhaltigkeit, die immer wichtiger wird. Auf den Sport kommt eine ganze Menge zu, was in den nächsten Jahren viel verändern wird."
Diederich wird also ordentlich zu tun haben. Auch wenn er nun keine 300-Milliarden-Euro-Bank mehr leitet.
Verwendete Quellen:
- fcbayern.com: Michael Diederich: "Risiko muss kalkulierbar sein"
- boerse-online.de: Warum HVB-Chef Diederich wirklich zum FC Bayern geht
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