Borussia Dortmund beendete im Sommer 2017 die Zusammenarbeit mit Cheftrainer Thomas Tuchel - trotz des Pokalsiegs und eines Spielstils, der die Fans begeisterte. Was damals durchsickerte: Der BVB war von Tuchel als Mensch nicht mehr überzeugt. Journalist Pit Gottschalk rollt in seinem Buch "Kabinengeflüster" auf, was genau passierte.
Nach nur zwei Jahren musste
Sportlich war die Entscheidung der BVB-Führung nicht nachzuvollziehen. Tuchel hatte die Mannschaft zwei Mal in Folge ins Endspiel des DFB-Pokals geführt und dieses 2017 gegen Eintracht Frankfurt gewonnen.
Die 2,09 Punkte, die Tuchel im Schnitt in jedem Bundesligaspiel mit der Borussia erzielt hat, hat keiner seiner Vorgänger oder bisherigen Nachfolger in Dortmund erreicht.
Bombenanschlag auf den BVB-Bus
Doch dann kam der Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus der Westfalen am 11. April 2017. Anderntags stand für Tuchels Spieler das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League daheim gegen Monaco auf dem Programm.
Angesichts dessen, gerade noch mit dem eigenen Leben davongekommen zu sein, sah sich nicht jeder BVB-Star psychisch in der Lage, ein so wichtiges Match zu bestreiten.
In diesem Moment war Thomas Tuchel als Psychologe gefragt, mehr als Mensch denn Trainer.
Glaubt man dem, was der damalige Sport-Chef der Funke Mediengruppe, Pit Gottschalk, in seinem Buch "Kabinengeflüster" zu den entsprechenden Vorgängen in der Kabine der Borussia zu erzählen hat, dann ließ Tuchel das nötige Fingerspitzengefühl und die angezeigte Sensibilität gegenüber seinem Personal vermissen.
Tuchel habe sich zunächst nicht gegen die Durchführung des Spiels zum angesetzten Termin ausgesprochen.
Reus und Castro kamen die Tränen
Tags zuvor, unter dem direkten Eindruck des Anschlags, bei dem am schwersten der Spanier Marc Bartra verletzt worden war, hatte der Verein allen Spielern frei gestellt, gegen Monaco mitzuwirken.
Tuchel: "Und mit diesen Weicheiern soll ich die Bayern schlagen?"
Tuchel indes soll unter dem Eindruck der Niedergeschlagenheit von Reus und Castro den folgenschweren Ausspruch getan haben: "Und mit diesen Weicheiern soll ich die Bayern schlagen?"
Das Tischtuch mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke war damit endgültig zerschnitten. Zumal Tuchel nach der 2:3-Niederlage gegen Monaco umschwenkte und nun seinerseits die Durchsetzung des Spieltermins durch die UEFA kritisierte: "Wir haben zu funktionieren."
Watzke bestätigte 17 Tage später das Zerwürfnis mit Tuchel unverblümt. Als er vor dem Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim mit der "Westfälischen Allgemeinen Zeitung", deren Sportchef Gottschalk damals war, sprach, wurde Watzke nach einem möglicherweise bestehenden Dissens befragt: "Das ist so, ja."
Tuchels Affront nach Watzke-Interview
Direkt vor dem Spiel, live beim übertragenden Pay-TV Sender Sky, mit diesem Satz konfrontiert, verbat Tuchel es sich, darauf einzugehen. Dies gefährde die Saisonziele des BVB.
Watzke hatte genug gehört. Tuchel war, ungeachtet seiner sehr guten sportlichen Bilanz (nur 17 Niederlagen in 107 Pflichtspielen) nach nur zwei Jahren als Dortmunder Coach Geschichte.
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