Verzweifelt kämpfen DFB, DFL und die deutschen Profiklubs seit Jahren gegen das Abbrennen und Abschießen von Feuerwerkskörpern in den Stadien. Die Zahl der Verletzten ist zuletzt stark gestiegen, eine Lösung ist aber nicht in Sicht. Der leidgeprüfte HSV will nun eine besondere Idee in die Tat umsetzen.

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Die meisten Menschen gehen noch immer ins Fußballstadion, um Fußball zu sehen. Für sie steht ein gutes Spiel im Vordergrund.

Diesen Besuchern gegenüber stehen jene Fans, die durch ihr Verhalten das Wohlergehen der großen Masse aber gefährden: Die Zahl der Verletzten durch den Einsatz von Pyrotechnik schnellte in der Saison 2018/19 in den drei deutschen Profiligen auf 152 Personen in die Höhe. 2017/18 waren es "nur" 53 gewesen.

Der DFB beschreibt die Lage zumindest teilweise als "besorgniserregend" - und sucht seit Jahren fieberhaft nach einem wirksamen Gegenmittel. Bislang erfolglos. Doch eine Lösung wird dringend benötigt.

Pyrotechnik: Derbys sind Risikospiele

Denn gefährdet ist einerseits der Spielbetrieb: Im Laufe der Hinrunde standen die Stadtderbys in Berlin (Union gegen Hertha) und Hamburg (St. Pauli gegen den HSV) mehr oder minder knapp vor einem Abbruch. Die Spieler kehrten auf Anweisung des Schiedsrichters vorübergehend in die Kabinen zurück.

Leuchtraketen, Bengalos und pyrotechnisches Equipment aller Art gefährden aber andererseits auch die Gesundheit und das Leben Tausender Menschen, die sich für das Spiel auf engem Raum versammelt haben. Der DFB betont die "sehr große Gefährlichkeit der Verwendung von extrem heißer Pyrotechnik" und warnt vor "der gesundheitsschädlichen Rauchentwicklung."

Darüber, wie gefährlich Pyrotechnik in Fußball-Stadien tatsächlich ist, herrscht aber Uneinigkeit. Die Ansicht von Politik, Behörden und Polizei stößt bei Fan-Gruppierungen auf wenig Verständnis.

Die Fans wollen sich das Feuer nicht nehmen lassen

"Keine riesengroße Gefahr" sei Pyrotechnik, so lange man mit ihr verantwortungsbewusst umgeht, sagt beispielsweise Sven Kistner vom Fan-Bündnis Queer Football Fanclubs (QFF). Und er ergänzt einen entscheidenden Aspekt: "Wir vertreten mehrheitlich die Ansicht, dass Pyrotechnik (...) einfach auch bei einem Spiel dazugehört." Eine brennende Fackel dürfe aber die Hand nicht verlassen, und Böller etwa hätten im Stadion nichts zu suchen. Doch immer wieder schaffen es sogenannte Ultras, ihre explosiven Mitbringsel durch die Kontrolle zu bekommen.

"Wir reden von Massenveranstaltungen in der Regel mit mehr als 50.000 Menschen. Eine umfassende Kontrolle im dafür zur Verfügung stehenden Zeitraum ist da schwierig", sagt ein Sprecher des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste in Nordrhein-Westfalen. Auch Personal, das auf dem Stadiongelände arbeitet, helfe mitunter beim Hereinschmuggeln.

HSV will neue Idee umsetzen

Einen völlig neuen Weg in der Pyro-Frage will deswegen nun der Hamburger SV gehen: das kontrollierte Abbrennen des Feuerwerks außerhalb des Zuschauerbereichs.

Noch für diese Saison kündigte Vorstandschef Bernd Hoffmann bei einem Heimspiel im Volksparkstadion einen solchen Versuch an. "Wir befinden uns da in Gesprächen mit den zuständigen Behörden der Stadt Hamburg", meinte Hoffmann. "Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass das, was bei jedem ortsüblichen Musikkonzert passiert, für den Fußball nicht zulässig sein soll."

Denn die Pyros gehen für den Verein ins Geld. Wegen des verbotenen Abbrennens und Zündens von Pyro war der HSV nach dem Stadt-Derby beim FC St. Pauli im September 2019 vom DFB zu einer Geldstrafe in Höhe von 200.000 Euro verdonnert worden. Der Verein hat dagegen Einspruch eingelegt.

Mit Material der dpa
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