Corona-Tests vor jedem Einsatz, Anreise erst am Spieltag, Mundschutz für den Vierten Offiziellen, Umbau des "Kölner Kellers" - für die Bundesliga-Schiedsrichter ändert sich vor der Fortsetzung der Saison vieles. Ihr sportlicher Leiter Lutz Michael Fröhlich erklärt die wichtigsten Neuerungen und sagt, warum Geisterspiele auch für die Unparteiischen eine besondere Herausforderung sind.
Nicht nur die Klubs, sondern auch die Schiedsrichter im deutschen Profifußball werden durch die Wiederaufnahme des Spielbetriebs am 16. Mai angesichts des Coronavirus vor große Herausforderungen gestellt.
"Sowohl die speziellen Hygienevorschriften und die Corona-Tests als auch das Pfeifen vor leeren Rängen bedürfen einer besonderen Vorbereitung", sagt Lutz Michael Fröhlich, der sportliche Leiter der Elite-Referees.
Er und sein Team haben in den vergangenen Wochen mit den 26 Erstliga- und den 22 Zweitliga-Unparteiischen viel in Videokonferenzen kommuniziert. Dabei ging es auch um mögliche Szenarien, wann und wie die Saison fortgesetzt werden könnte.
Nun steht fest, wann und unter welchen Bedingungen wieder gespielt wird. Deshalb wird es auch für die Schiedsrichter konkret. Auf das Virus getestet wurden sie bislang aber noch nicht, "weil sie ja nicht in ein Mannschaftstraining gehen wie die Spieler", erklärt Fröhlich. "Sie steigen ein, wenn ihr erster Einsatz ansteht."
Das bedeutet: Bei den Schiedsrichtern, Assistenten und Vierten Offiziellen wird einige Tage vor ihrem Wiedereinstieg ein erster Abstrich vorgenommen und am Tag vor dem Spiel ein weiterer.
Wer springt ein, wenn ein Test vor dem Spiel positiv ausfällt?
Bis zum Saisonende kommt es jeweils am Tag vor einem Einsatz zu einem Test. Das Ergebnis muss bis 10 Uhr am Spieltag vorliegen, so sieht es das Konzept der DFL vor. "Die Hygienevorgaben haben oberste Priorität", so Fröhlich.
Die Tests am Tag vor einem Spiel werden entweder am Spielort durchgeführt, und zwar im Rahmen der Testroutine des gastgebenden Klubs, oder bei einem Verein, der nahe am Wohnort des Schiedsrichters beheimatet ist und ein Heimspiel hat.
Was aber geschieht, wenn sich am Spieltag herausstellt, dass ein Schiedsrichter positiv auf das Virus getestet worden ist und sich in Quarantäne begeben muss? Wer springt dann kurzfristig für ihn ein? "Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich", klärt Fröhlich auf.
Wenn der Spielort zentral liege, könne man rechtzeitig einen Ersatz schicken. In entlegeneren Spielorten wird es Fröhlich zufolge so sein, "dass der Vierte Offizielle ein Bundesliga-Schiedsrichter ist, der bei Bedarf die Spielleitung übernehmen kann".
Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass "im Ausnahmefall ein Zweitligaschiedsrichter ein Bundesligaspiel pfeift". Man wolle allerdings "alles Machbare dafür tun, um das zu vermeiden".
Schiedsrichter dürfen auch Klubs aus ihrer Region pfeifen
Neu ist, dass die Referees nun bis auf Weiteres auch Spiele von Klubs pfeifen dürfen, die aus demselben Landesverband kommen wie sie. Diese Änderung hängt damit zusammen, dass der Weg vom Wohn- zum Spielort möglichst kurz sein soll.
Die Schiedsrichter reisen grundsätzlich erst am Spieltag an, Übernachtungen sollen vermieden werden. Lassen sie sich nicht umgehen, dann werden die Unparteiischen nur in Hotels einquartiert, die die strengen Hygienevorschriften der DFL erfüllen.
"In ihrem Wohnort oder der unmittelbaren Nähe werden wir die Schiedsrichter allerdings nicht einsetzen", sagt Fröhlich. Der Berliner Manuel Gräfe wird also keine Partie von Hertha BSC leiten, der Franke Deniz Aytekin aber womöglich ein Spiel des FC Bayern.
Neu ist ferner, dass die vierten Offiziellen während des Spiels einen Mund-Nasen-Schutz tragen werden, wie er auch für Teamoffizielle und Auswechselspieler auf den Bänken vorgesehen ist.
Regelhüter erlauben vorübergehend fünf Auswechslungen
Coronabedingte Veränderungen bei der Regelauslegung wird es dagegen nicht geben, wie Fröhlich betont: "Wer dem Schiedsrichter aus unsportlichen Gründen zu nahe tritt oder eine Rudelbildung auslöst, wird nicht anders bestraft als in Zeiten ohne Pandemie."
Denkbar ist es dagegen, dass die Zahl der Auswechslungen vorübergehend auf fünf pro Team erhöht wird, um angesichts des eng getakteten Spielplans für Entlastung zu sorgen.
Diese Möglichkeit haben die obersten Regelhüter vom International Football Association Board (IFAB) auf Anregung der FIFA geschaffen. Ob die DFL die Änderung übernehmen wird, steht aber noch nicht fest.
Was sich für den Video-Schiedsrichtiger ändert
Auch im Video-Assist-Center, landläufig als "Kölner Keller" bekannt, wird es einige Neuerungen geben. Die "Workstations" werden durch Plexiglaswände voneinander abgeschirmt, auch zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen einer Station werden solche Trennscheiben eingezogen.
"Die Video-Assistenten und ihre Assistenten werden außerdem mit Mund-Nasen-Schutz zum Video-Assist-Center kommen und ihn tragen, bis sie an der Station Platz genommen haben", erklärt Fröhlich. "Erst dort werden sie ihn abnehmen, die Trennwände bieten genügend und besseren Schutz."
Statt zwei Operatoren pro Spiel wird außerdem nur noch einer die besten Kamerabilder zur Verfügung stellen. Eine Station wird nun also von drei Personen besetzt statt wie bisher von vieren.
Finden mehrere Spiele gleichzeitig statt, dann werden die VAR-Teams nacheinander zu ihren Stationen gehen, nicht gleichzeitig. Sie müssen auch nicht zwei Stunden vorher im Videozentrum sein wie sonst, es gibt lediglich einen Schnellcheck vor dem Spiel.
Die Nachbereitung wird ebenfalls nicht vor Ort durchgeführt. "Niemand soll sich länger als nötig im Video-Assist-Center aufhalten", stellt Fröhlich klar.
Gezielte Vorbereitung auf die Besonderheiten von Geisterspielen
Vor dem Wiederbeginn werden die Unparteiischen auf Videokonferenzen gezielt auf die Besonderheiten von Spielen ohne Publikum vorbereitet. "Vor allem die fehlende Geräuschkulisse wird ein erheblicher Unterschied zur Normalität sein", so Fröhlich.
Das müsse für die Schiedsrichter "situativ nicht unbedingt negativ sein, aber es ist ungewohnt". Es entfalle der Druck, der vom Publikum ausgehen könne, die Geräusche kämen nur noch von den Spielern und den Bänken.
Wichtig ist Lutz Michael Fröhlich ein demütiges Auftreten der Unparteiischen in der Öffentlichkeit. "Andere Sportarten liegen brach, viele Existenzen sind gefährdet", gibt er zu bedenken. "Unsere Schiedsrichter können ihrer Tätigkeit nun aber wieder nachgehen. Sie sollten dafür dankbar sein und diese Dankbarkeit auch zeigen."
Die Referees sollten "positive Botschaften an die Gesellschaft senden", findet Fröhlich. Ob das gelingt, wird sich schon bald zeigen. Der Schiedsrichter-Chef ist vorsichtig zuversichtlich, dass alles klappt wie geplant: "Wir sind gut vorbereitet. Aber natürlich ist die Situation außergewöhnlich und für uns alle eine Herausforderung."
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