- Während in der Diskussion über die Video-Assistenten die Möglichkeit einer "Challenge" ins Spiel gebracht wird, funktioniert das Zusammenspiel zwischen Schiedsrichtern und VAR am 13. Spieltag der Fußball-Bundesliga gut.
- Insbesondere in Berlin und Dortmund sind die Video-Assistenten hilfreich.
Nach dem vergangenen Spieltag tobte mal wieder die Diskussion über die Video-Assistenten, ausgelöst durch den ausgebliebenen Eingriff des VAR in der Begegnung zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund nach einem nicht geahndeten Foulspiel von Karim Adeyemi an Jesper Lindström im Strafraum des BVB. Eine zu schnell beendete Überprüfung im Kölner Video-Assist-Center auf der Grundlage schlecht ausgewählter Kameraeinstellungen hatte dazu geführt, dass der Fehler des Schiedsrichters auf dem Feld nicht korrigiert wurde.
Nach einem solchen Versäumnis werden regelmäßig die Stimmen derjenigen laut, die den VAR am liebsten wieder loswerden würden. Das ist übrigens nicht nur im deutschen Profifußball so: Auch in anderen Ländern gibt es Debatten, die teilweise sogar noch deutlich heftiger geführt werden, etwa in England.
Zugleich führen weltweit immer mehr Ligen den Video-Assistenten ein. Denn bei aller Kritik trägt er insgesamt eben doch dazu bei, die Zahl der Fehlentscheidungen deutlich zu reduzieren. Und das ist es, worum es den Klubs und Verbänden als Auftrag- und Geldgeber in erster Linie geht. Die Sichtweise und die Interessen vieler Fans sind allerdings anders gelagert.
Kommt die "Challenge"?
Unterhalb der Maximalforderung, den VAR abzuschaffen, gibt es verschiedene Vorschläge, wie man ihn verbessern könnte. Dazu zählen allgemein gehaltene Forderungen wie die nach einer "klaren Linie" und einer "einheitlichen Eingriffsschwelle". Das ist zwar verständlich, in Anbetracht eines Regelwerks mit recht großen Ermessensspielräumen bei der Bewertung von Zweikämpfen und Handspielen aber auch schwierig zu erreichen.
Konkreter und greifbarer ist die Idee, den Mannschaften eine Art Vetorecht einzuräumen, eine "Challenge" wie etwa im American Football. Das bedeutet: Die Teams hätten dann die Möglichkeit, selbst die Überprüfung einer Entscheidung zu verlangen, beispielsweise einmal pro Hälfte, mit der Option einer weiteren Challenge, wenn die Überprüfung zur Änderung dieser Entscheidung führt.
Das würde den VAR von der oftmals schwierigen Aufgabe befreien, zu entscheiden, ob er dem Spielleiter zu einem On-Field-Review raten soll oder nicht. Jochen Drees, der Projektleiter für die Video-Assistenten in Deutschland, zeigte sich unter der Woche im Gespräch mit dem "Kicker" grundsätzlich offen für diese Anregung.
Er wies aber auch darauf hin, dass es wiederum Ärger gäbe, wenn aufgrund verbrauchter Challenges bei einem klaren Fehler des Schiedsrichters kein Einspruch mehr möglich wäre. Und er machte deutlich, dass eine solche Änderung im VAR-Protokoll die Sache der Fifa wäre, die gegenwärtig jedoch nichts von einer Challenge-Option halte.
Berechtigte Eingriffe des VAR in Berlin und Dortmund
Ungeachtet dieser Diskussionen und Ideen verlief der 13. Bundesliga-Spieltag für die Unparteiischen und ihre Video-Assistenten deutlich besser als am Wochenende zuvor. So griff beispielsweise in der Begegnung zwischen Hertha BSC und dem FC Bayern München (2:3) Video-Assistent Sören Storks zu Recht ein, als dem insgesamt sicher leitenden Schiedsrichter Bastian Dankert nach 42 Minuten ein zwar unglücklicher, aber dennoch strafbarer Tritt von Benjamin Pavard in die Ferse des Herthaners Davie Selke im Münchner Strafraum verborgen geblieben war. Nach dem On-Field-Review gab es folgerichtig einen Strafstoß für die Hausherren.
Auch der Eingriff von VAR Pascal Müller in der Partie Borussia Dortmund gegen VfL Bochum (3:0), ebenfalls nach 42 Minuten, war korrekt. Der Unparteiische Tobias Stieler hatte nach einem Zweikampf im Bochumer Strafraum zwischen Danilo Soares und dem Dortmunder Giovanni Reyna zunächst auf Strafstoß für den BVB entschieden, wie schon in der 12. Minute nach einem Foulspiel von Vassilis Lampropoulos an Donyell Malen.
Anders als der erste Elfmeterpfiff war der zweite jedoch unberechtigt, weil Reyna mit dem rechten Fuß selbst den Kontakt mit Soares herbeigeführt und mit dem linken recht freiwillig abgehoben hatte. Soares hatte also nichts getan, was ursächlich für den Sturz seines Gegenspielers gewesen wäre. Deshalb revidierte Stieler seine Strafstoßentscheidung nach dem On-Field-Review.
Gefährlicher Scherenschlag oder strafbares Handspiel?
Im Spiel des FC Augsburg gegen Eintracht Frankfurt (1:2) lag Schiedsrichter Deniz Aytekin ebenfalls richtig, als er kurz nach dem Seitenwechsel den versuchten Fallrückzieher des Frankfurters Evan Ndicka in luftiger Höhe kurz vor dem Augsburger Tor als gefährliches Spiel bewertete.
Trotzdem kam es zu einem On-Field-Review, was daran lag, dass der in nächster Nähe befindliche Augsburger Mergim Berisha den Ball einen Wimpernschlag später möglicherweise mit dem Oberarm gespielt hatte.
Aytekin blieb jedoch zu Recht bei seiner ursprünglichen Entscheidung, die er auch gestisch untermauerte: Erst gab es den – mit einem indirekten Freistoß korrekt geahndeten – Scherenschlag von Ndicka, danach den Ballkontakt von Berisha, der aus der Sicht des Referees zudem mit der Schulter erfolgte und nicht mit dem Oberarm.
Lesen Sie auch:
- Union verliert die Tabellenspitze - Klares 0:5 in Leverkusen
- Reinfall gegen Bremen: Schalke stellt neuen Negativ-Rekord auf
Bensebaini kommt mit Gelb davon
Zum Monitor am Spielfeldrand lief der Unparteiische auch in der Auftaktpartie dieses Spieltags zwischen Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart (3:1) am Freitagabend, und das bereits nach 18 Minuten. Matthias Jöllenbeck hatte nach einem Gerangel zwischen dem Stuttgarter Waldemar Anton und Ramy Bensebaini vor einem Eckstoß für die Gastgeber dem Gladbacher die Gelbe Karte gezeigt, schaute sich die Auseinandersetzung nach Rücksprache mit VAR Tobias Welz jedoch noch einmal in der Review Area an. Er blieb aber bei seiner ursprünglichen Entscheidung, also der Verwarnung.
Bensebaini war damit gut bedient, denn eigentlich sprachen die Bilder für einen Feldverweis. Was sie zeigten, war weniger ein Losreißen von Anton, der ihn festgehalten hatte, kein bloßes Wegdrücken oder -schieben, sondern vielmehr ein Ausholen und eine Schlagbewegung mit dem rechten Arm, die zu einem Treffer im Halsbereich führte. Doch Jöllenbeck sah noch einen Ermessensspielraum, womöglich fehlte ihm auch die letzte Überzeugung, um in dieser Situation die gravierendste persönliche Strafe zu verhängen und eine Mannschaft frühzeitig zu dezimieren. Eine Rote Karte wäre allerdings angebracht gewesen.
Alles in allem war an diesem Wochenende das Zusammenwirken zwischen den Schiedsrichtern und ihren Helfern in Köln stimmig. Auch die Kameraeinstellungen, die die Video-Assistenten den Unparteiischen bei den On-Field-Reviews zeigten, waren aussagekräftig und eindeutig.
Ungeachtet dessen bleibt die spannende Frage, ob die Diskussion über die Challenge-Option in näherer Zukunft an Schwung gewinnen wird. Fest steht: Das letzte Wort nach dem Gang in die Review Area werden die Referees in jedem Fall behalten – was die Möglichkeit einschließt, dass ein Team mit der finalen Entscheidung unzufrieden ist. Doch so ist das immer, wenn Regeln ausgelegt und angewendet werden.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.