Beim Bundesliga-Spiel von Bayer 04 Leverkusen in Mainz trifft Kevin Volland, doch sein Tor zählt aufgrund eines Handspiels des Vorlagengebers zu Recht nicht. Derweil beklagen sich die Augsburger über ein nicht geahndetes Foul vor dem ersten Leipziger Treffer. Dem Video-Assistenten sind allerdings die Hände gebunden.
Als die Partie zwischen dem 1. FSV Mainz 05 und Bayer 04 Leverkusen (0:1) beendet war, sprach bei den Gästen keiner mehr über die 65. Spielminute. Wenn die Rheinländer das Spiel nicht gewonnen hätten, wäre das jedoch vermutlich anders gewesen.
Denn einverstanden waren die Leverkusener nicht mit der Entscheidung von Schiedsrichter Patrick Ittrich, nach einem On-Field-Review das Tor abzuerkennen, das
Das war passiert: Der Mainzer Moussa Niakhaté wollte den Ball an der Seitenlinie in der Mitte der eigenen Hälfte klären. Doch Nadiem Amiri brachte ihn, von hinten kommend, in Bedrängnis. Der geplante Befreiungsschlag endete am Körper des Leverkuseners, der anschließend in Ballbesitz kam, in den Strafraum zog und für Volland auflegte, der den Ball ins Mainzer Tor schob.
Mainz gegen Leverkusen: Was die Video-Assistentin bedenken musste
Referee Ittrich gab das Tor zunächst, doch Video-Assistentin Bibiana Steinhaus hatte einen Einwand. Amiri hatte den Ball bei Niakhatés missglücktem Abwehrversuch nämlich mit der Hand gespielt, was für den Schiedsrichter jedoch nicht klar zu erkennen war.
War dieses Handspiel strafbar, sodass Steinhaus ein Review empfehlen musste? Um diese Frage zu beantworten, hatte sie zweierlei zu bedenken. Unter anderem, ob es in einem direkten Kontext zur Torerzielung stand. Denn seit dieser Saison gilt, dass kein Treffer zählen darf, bei dem zuvor der Torschütze oder ein Mitspieler den Ball mit der Hand oder dem Arm berührt hat – und sei es noch so unabsichtlich oder sogar unvermeidlich gewesen.
Vollands Tor stand im Zusammenhang mit Amiris Handspiel
Dabei muss allerdings ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Handspiel und dem Tor gegeben sein. Für diese Unmittelbarkeit gibt es drei Kriterien. Erstens: Der Weg, den der Ball nach dem Handspiel bis zum Treffer oder zur Torvorlage zurücklegt, ist nicht weit.
Zweitens: Zwischen dem Handspiel und dem Tor oder der Vorlage vergeht nur wenig Zeit. Drittens: Es sind zwischen dem Handspiel und der Torerzielung nicht noch mehrere Spieler am Ball gewesen. Dass es dabei einen Graubereich gibt, bei dem die Entscheidung im Ermessen des Schiedsrichters liegt, ist offensichtlich.
Im Falle von Amiri lässt sich festhalten: Vom Ballgewinn bis zum Zuspiel auf Volland legte der Leverkusener etwa 25 Meter im Sprint-Tempo zurück, kein anderer Spieler war in der Zwischenzeit am Ball. Das lässt sich als unmittelbar bezeichnen.
Aber selbst wenn diese Unmittelbarkeit aus Steinhaus‘ Sicht nicht gegeben gewesen sein sollte, musste sie noch etwas anderes berücksichtigen: War das Handspiel als solches strafbar und nachträglich zu ahnden, weil dadurch der Angriff eingeleitet wurde, an dessen Ende Volland traf?
Das Handspiel war noch aus einem anderen Grund strafbar
Als Amiri den Ball traf, hatte er beide Arme angewinkelt und seine Hände, zu Fäusten geballt, auf Schulterhöhe vor seinen Oberkörper gehalten, wie um sich zu schützen. Eine solche "Schutzhand" gibt es regeltechnisch aber nicht. Damit sprach auch aus diesem Grund viel dafür, das Handspiel als regelwidrig zu bewerten und den Treffer zu annullieren. Es gab also gleich zwei Gründe, Vollands Tor nicht anzuerkennen.
Deshalb kam es zum On-Field-Review - und Patrick Ittrich brauchte vor dem Monitor am Spielfeldrand nicht lange, ehe er auf den Platz zurückkehrte und auf Freistoß für Mainz entschied.
Ebenso korrekt war die Gelb-Rote Karte für Wendell in der 71. Minute: Der bereits verwarnte Leverkusener hatte einen Konter durch ein Foul an Levin Öztunali regelwidrig unterbunden und wurde deshalb zu Recht des Feldes verwiesen. In Unterzahl gelang den Gästen schließlich dennoch der Siegtreffer.
Was sonst noch wichtig war:
- Nach 52 Spielminuten im Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und dem SC Freiburg (2:2) ging Lucas Höler nach einem Zweikampf mit Ozan Kabak im Strafraum der Gastgeber zu Boden. Schiedsrichter Felix Brych reagierte zunächst nicht, entschied nach einem Hinweis seines Video-Assistenten und dem folgenden Review aber auf Elfmeter für die Breisgauer. Das war zumindest vertretbar, denn Kabak hatte Höler in der Kniekehle getroffen. Zwar kann man der Meinung sein, dass dieser Kontakt nicht ursächlich dafür war, dass der Freiburger zu Fall kam, es also kein eindeutiger Fehler war, weiterspielen zu lassen. Doch es ist für den Video-Assistenten ein Unterschied, ob der Referee einen Kontakt bemerkt, ihn aber nicht als strafbar bewertet hat oder ob er den Kontakt gar nicht wahrgenommen hat. Im zuerst genannten Fall kommt es normalerweise nicht zum Review, im zuletzt genannten dagegen schon, weil die Bilder der Wahrnehmung des Schiedsrichters deutlich widersprechen. In der Review Area bewertet der Unparteiische die Szene dann noch einmal neu.
- In der Begegnung zwischen RB Leipzig und dem FC Augsburg (3:1) beschwerten sich die Gäste vehement über die Anerkennung des Leipziger Ausgleichstreffers in der 68. Spielminute. Denn im Vorfeld des Tores hatte es im Mittelfeld ein vom Schiedsrichter nicht geahndetes Foul von Dayot Upamecano am Augsburger Ruben Vargas gegeben. Beim folgenden Angriff der Hausherren hatten die Gäste den Ball jedoch aus dem Strafraum befördert und kurzzeitig unter Kontrolle bekommen. Mit der erneuten Balleroberung durch die Leipziger begann eine neue Angriffsphase, die schließlich im Tor mündete. Lediglich diese Phase war für den Check durch den Video-Assistenten von Belang, nicht mehr die vorherige, die mit dem Augsburger Ballgewinn beendet war. Mit der Regelung, bei der Überprüfung eines Tores nur bis zum Beginn der letzten Angriffsphase zurückzugehen, soll eine Grenze gesetzt werden, damit es nicht uferlos wird: Regelübertretungen, die noch weiter zurück liegen, stehen in keinem direkten Zusammenhang mehr zur Torerzielung und sind damit nicht spielrelevant.
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