Zum Rückrundenbeginn haben die Schiedsrichter den Auftrag bekommen, unsportliches und aggressives Verhalten nunmehr strenger und konsequenter zu ahnden. Als Folge davon fliegt der Bremer Kapitän vom Platz, nachdem er den Unparteiischen angeschrien hat. Die Entscheidung ist korrekt, doch bei Werder mag man das nicht einsehen.
In der Nachspielzeit der Begegnung zwischen Fortuna Düsseldorf und Werder Bremen (0:1) ging es bei einem Angriff der Gastgeber äußerst turbulent zu: Zunächst knockte Werder-Torhüter Jiří Pavlenka bei einer hohen Hereingabe in den Bremer Strafraum seinen Mitspieler Kevin Vogt versehentlich aus. Danach wurde er von den Düsseldorfern Nana Ampomah und Adam Bodzek selbst hart getroffen.
Schiedsrichter Felix Brych pfiff dieses Foul auch, was den bereits verwarnten Bremer Kapitän Niklas Moisander dennoch nicht davon abhielt, sich vor dem Unparteiischen aufzubauen und ihn aus kurzer Distanz anzubrüllen. Daraufhin stellte ihn Brych mit der Gelb-Roten Karte vom Platz.
Mit dieser Entscheidung waren sie beim SV Werder so gar nicht einverstanden. "Wenn der Kapitän in solch einer Situation emotional, aber nicht beleidigend ist, kann man ihn doch nicht mit Gelb-Rot vom Platz schicken", sagte beispielsweise Trainer
Den Referee nahm er dennoch in Schutz: "Er muss es so umsetzen, weil es so angesagt war." Die sportliche Leitung der Schiedsrichter kritisierte der Coach dafür umso heftiger: "Warum machen Leute Regeln, die nie dieses Spiel gespielt haben und überhaupt nicht verstehen, was auf diesem Platz passiert? Wer zwingt den Schiedsrichtern solche Regeln auf? Das ist Irrsinn."
Die neue Linie soll auch auf den Amateurfußball ausstrahlen
Als er "die Ankündigung von Lutz-Michael Fröhlich gelesen" habe, so der Coach, habe er jedenfalls gewusst, "dass es zu Situationen kommt, die dem Fußball entgegenstehen". Damit spielte Kohfeldt auf ein Schreiben an, das der Chef der DFB-Referees vor dem Rückrundenbeginn an die Vereine gesandt hatte. Darin gab Fröhlich bekannt, dass unsportliches Verhalten ab sofort strenger und konsequenter von den Schiedsrichtern sanktioniert werde.
Dazu zählten insbesondere "das Vortäuschen von Fouls, das Stören des Spiels durch Zeitverzögerungen wie zum Beispiel das Ballwegtragen nach Freistoßentscheidungen" sowie "das heftige, gestenreiche Reklamieren, das Unter-Druck-Setzen des Schiedsrichters und Rudelbildungen", wie Fröhlich auch auf der Website des DFB ausführt.
Das übermäßige Fordern eines Eingriffs des Video-Assistenten oder von Karten für den Gegner soll ebenfalls vermehrt geahndet werden. Die Gründe dafür nannte Fröhlich im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung: "Im Vergleich zu den europäischen Wettbewerben gibt es in der Bundesliga inzwischen zu viele Unsportlichkeiten und Respektlosigkeiten."
Das wirke sich auch auf den Amateurfußball negativ aus: "Niemand kann akzeptieren, dass Schiedsrichter an der Basis gewaltsam attackiert werden. Wir müssen gegensteuern, um den Fußball und die Schiedsrichter in den unteren Ligen zu schützen."
Es ist eine Reaktion der sportlichen Führung der Elite-Referees auf die zahlreichen Berichte zu den Übergriffen gegen Unparteiische im Amateurbereich. In der vergangenen Saison gab es dort laut DFB insgesamt 2.906 Angriffe auf Schiedsrichter. Zuletzt waren deshalb im Saarland sowie in Berlin, Köln und Halle die Referees an einem Spieltag in den Streik getreten.
Emotionen sind das eine, Unsportlichkeiten das andere
In den Amateurligen erfahren die Schiedsrichter ständig, dass sich die Spieler und Trainer ein Beispiel daran nehmen, wie es bei den Profis zugeht – im Positiven wie im Negativen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Bundesliga ihrer Vorbildfunktion bewusst wird. Und deshalb ist es richtig, dass die Unparteiischen dort nun bei Unsportlichkeiten und aggressivem Verhalten durchgreifen sollen.
Ohne Frage ist es zwar nachvollziehbar, dass ein Spieler wie Moisander erbost ist, wenn der Gegner gegen einen Mitspieler überhart einsteigt. Doch warum schreit er dann ausgerechnet den Schiedsrichter an, der gar nichts dafür konnte und die Begegnung wegen des Foulspiels zudem bereits unterbrochen hatte?
Bei allem Verständnis dafür, dass der Abstiegskampf an den Nerven zehrt: Die Bremer wären besser beraten gewesen, sich zurückzuhalten und nicht noch dem sportlichen Leiter der Schiedsrichter dafür, dass dieser unsportliches und respektloses Verhalten auf dem Platz eindämmen will, zu unterstellen, nichts vom Fußball zu verstehen.
Wer meint, dass ein Spieler dem Referee ins Gesicht brüllen dürfen soll, ohne dafür bestraft zu werden, muss sich außerdem fragen lassen, ob nicht er es ist, der etwas Irrsinniges verlangt. Niemand hat etwas gegen Emotionen. Unsportliches Verhalten aber muss geahndet werden. Und am ersten Rückrundenspieltag setzten die Unparteiischen die neue Direktive auch bereits gut um.
Schiedsrichter setzen neue Anweisung konsequent um
So zeigte beispielsweise Deniz Aytekin in der Begegnung des FC Schalke 04 gegen Borussia Mönchengladbach (2:0) dem Schalker Alessandro Schöpf die Gelbe Karte, als dieser den Ball bei einem Gladbacher Freistoß wegkickte. Auch Lars Stindl verwarnte er, weil der Mönchengladbacher in der Nachspielzeit eine Rudelbildung ausgelöst hatte.
In der Partie zwischen dem 1. FC Köln und dem VfL Wolfsburg (3:0) ahndete Schiedsrichter Marco Fritz ein Meckern des Wolfsburgers Xaver Schlager genauso mit Gelb wie die Spielverzögerung durch den Kölner Jan Thielmann bei einem Einwurf der Gäste.
Anders als die Bremer begrüßt übrigens der Düsseldorfer Trainer Friedhelm Funkel eine strengere Ahndung von Unsportlichkeiten. "Ich befürworte die Ansage des DFB", sagte er dem "Kicker". "Wenn Spieler zum Beispiel aus 100 Metern auf den Schiedsrichter zurennen, dann muss das unterbunden werden, ganz klar."
Der Mainzer Coach Achim Beierlorzer sieht das ähnlich: "Eine Disziplinierung finde ich prinzipiell gut." Nur den Zeitpunkt der Ankündigung bemängelt er: "Nicht so gut finde ich, dass es in der laufenden Saison geschieht." Dennoch rechnet er nicht mit größeren Irritationen, denn: "Die Spieler lernen schnell."
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