Nach Mario Götze wechselt mit Andre Schürrle ein zweites "Sorgenkind" des deutschen Fußballs nach Dortmund. Beim BVB sollen die Karrieren der beiden Spieler wieder richtig Fahrt aufnehmen. Das beste Umfeld und der beste Trainer stehen dafür bereit.

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Die letzten Tage dürften entspannt und anstrengend zugleich gewesen sein für Mario Götze und Andre Schürrle. Die Strapazen der angelaufenen Saison schüttelten beide gemeinsam mit ihren Freundinnen im Urlaub in Malibu aus den Gliedern.

32 Millionen Euro für Schürrle-Transfer

Dazwischen funkten aber immer wieder Anrufe und Gespräche mit ihren Beratern - schließlich galt es für die beiden Nationalspieler, ihre unmittelbare berufliche Zukunft zu regeln. Und dabei, ganz zufällig, von nun an auch im Verein gemeinsame Wege zu gehen. Nach Mario Götze hat sich Borussia Dortmund auch Andre Schürrle geschnappt. Man untertreibt wohl nicht, wenn man mittlerweile vom heißesten Transfer-Sommer der langen Klubgeschichte spricht. Fast eine Viertelmilliarde Euro hat die Borussia in den letzten Wochen umgesetzt, für rund 110 Millionen Euro verkauft und inklusive der kolportierten 32 Millionen für den Schürrle-Transfer für rund 120 Millionen Euro eingekauft.

Karriereknick bei beiden

Es sind Zahlen der Superlative, für die die Fans ab Ende August dann auch wieder Leistungen im oberen Spitzenbereich erwarten. Darin könnte aber - zumindest in der Anfangszeit - auch ein kleines Risiko bestehen. Dortmund hat sich enorm viele Perspektivspieler geholt. Junge, zumeist ausländische Akteure ohne den ganz großen Namen. Aber eben mit einem über die Maßen prognostizierten Potenzial, das zum einen kurz- und mittelfristig einen gewissen sportlichen Erfolg verspricht und auf lange Sicht auch die Möglichkeit, den einen oder anderen Spieler deutlich gewinnbringend wieder zu veräußern. Aus der Reihe fallen da die deutschen Akteure: Sebastian Rode war bereits bei den Bayern und dürfte trotz aller Qualitäten auch beim BVB nicht zur herausragenden Weltklasse reifen.

Und Götze und Schürrle? Gelten als so etwas wie die heimlichen Sorgenkinder des deutschen Fußballs. Der eine, Götze, habe jetzt annähernd drei Jahre auf der Ersatzbank der Bayern verschwendet. Die Entwicklung stagniert seit dessen Wechsel nach München, dagegen kommt auch die Strahlkraft als WM-Siegtorschütze nicht an. Der andere, Schürrle, hat jetzt den vierten Vereinswechsel innerhalb der letzten fünf Jahre vollzogen. Er hat sich weder beim FC Chelsea noch danach beim VfL Wolfsburg durchsetzen können. Was am meisten hervorsticht, sind die horrenden Ablösesummen, die Schürrles Transfers generierten. Auch jetzt in Dortmund ist er der teuerste Transfer aller Zeiten für den BVB. Sportlich pendelte Schürrle zuletzt zwischen Mittelmaß und internationaler Klasse. Bei der Europameisterschaft blieb ihm wie seinem Kumpel Götze lediglich eine Statistenrolle.

Wichtig für die neue Hierarchie

Was also verspricht sich der BVB von dem Duo? Eine wichtige Rolle dürfte in Dortmunds Überlegungen Marco Reus gespielt haben. Reus, Götze und Schürrle sind seit gemeinsamen Tagen in den deutschen Junioren-Nationalmannschaften beste Freunde. In einer bunt durchmischten Mannschaft, die mit Hummels, Gündogan und Mkhitaryan das Grundgerüst verloren hat und in diesen Tagen ganz sicher auch auf der Suche nach neuen Strukturen und einer frisch wachsenden Hierarchie ist, sicherlich ein Vorteil.

Reus soll neuer Kapitän werden, um ihn herum wird sich der Mannschaftsrat bauen und eine neue Hackordnung im Team bilden. Man muss kein Prophet sein zu vermuten, dass zumindest auch Götze über kurz oder lang ein Kandidat für eine der Führungspositionen im Team werden wird.

Ein viel entscheidenderer Faktor war aber das Trainerteam. Unter Thomas Tuchel schaffte Schürrle einst den Sprung von den Junioren zu den Profis, unter seiner Regie entwickelte er sich rasant zum Nationalspieler. Tuchel und sein Co-Trainer Arno Michels sind so etwas wie die sportlichen Vaterfiguren für Schürrle, mit Videoanalyst Benny Weber ist Schürrle eng befreundet.

"Gefühl der Geborgenheit"

"Sie haben für Andre einen sehr hohen Stellenwert. Es ist für ihn ein Stück weit eine Reise zurück in eine vertraute Geschichte, zurück zum Glauben an sich selbst. Er weiß, dass er dort all das findet, was er braucht", sagt Volker Kersting, der beim FSV Mainz 05 das Naschwuchsleistungszentrum leitet, im Gespräch mit "spox.com". "Thomas Tuchel war Andres Mentor in der U19 und dann auch in seinen ersten beiden Profi-Jahren. Das prägt einen jungen Spieler immer und ist auch eine Grundlage in Andres fußballerischem Dasein." Dass Tuchel Schürrles Fähigkeiten so gut einschätzen kann wie wohl kaum ein anderer Trainer, gebe dem Spieler "ein Höchstmaß an Vertrauen - vor allem jetzt, da er spürt, dass Thomas ihn unbedingt wiederhaben will. Das gibt Andre auch endlich wieder ein Gefühl von Geborgenheit."

Götze hatte mit Tuchel bisher zwar allenfalls ein paar lose Berührungspunkte, die Rückkehr in das gewohnte Umfeld nach Dortmund und das Wiedersehen mit vielen alten Kollegen und Weggefährten aus glorreichen Tagen dürfte für einen sensiblen Spieler wie den 24-Jährigen aber einem ähnlich großen Motivationsschub gleichkommen.

Zwei Mannschaften in einer

Inhaltlich muss sich der BVB nun vor den zuletzt übergroßen Bayern kaum mehr verstecken. Mit Reus, Schürrle, Ousmane Dembele und im Zentrum Pierre-Emerick Aubameyang ist unglaublich viel Tempo garantiert, Götze dahinter in einer zentralen, offensiven Position stünde gemeinsam mit Shinji Kagawa, Gonzalo Castro, Mikel Merino oder Emre Mor für das kreative Moment.

Natürlich wird es wie in jeder Spitzenmannschaft der Welt zu heftigen Kämpfen um die Startplätze kommen, zu Unzufriedenheit und Unruhe. Tuchel wird dies mit seinem Team moderieren müssen; das wird auch für den Coach eine neue Erfahrung. Aber nur so, mit zwei quasi ausgeglichenen Startformationen, lässt sich eine strapaziöse Saison in jedem Wettbewerb bis zum Ende seriös und auf einem gleichbleibend hohen Niveau spielen.

Lernen musste der BVB dies in der abgelaufenen Spielzeit, als die wichtigen Punkte nicht unbedingt in den direkten Duellen gegen die unmittelbaren Konkurrenten verloren wurden - sondern gegen vermeintliche Außenseiter wie Hoffenheim, Darmstadt, Köln. Das war zuletzt der große Unterschied zu den Bayern: Die schafften es, ihre Bundesligaspiele präzise wie ein Uhrwerk zu gestalten und die nötigen Resultate zu erzielen.

Schürrle und Götze sollen schnell auf das Niveau der anderen BVB-Spieler kommen

Nun wird es an Tuchel sein, die beiden Spätberufenen auf den Stand des restlichen Teams zu bringen. Mit dem Trainingslager im schweizerischen Bad Ragaz Anfang August beginnt die Feinjustierung, dann sind auch Götze und Schürrle dabei und lediglich der noch verletzte Reus fehlt. Dann bastelt Thomas Tuchel aus dem unglaublich starken und großen (30 Spieler) Kader jene Systeme und Spielideen, die den neuen BVB durch die Saison tragen sollen.

Mario Götze und Andre Schürrle fallen dabei wichtige Aufgaben zu. Beide hoffen auf einen Wendepunkt in ihren Karrieren. Die Chancen dafür stehen gut. Borussia Dortmund und Thomas Tuchel bieten jedenfalls das beste Umfeld.

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