Wer ist dienstältester Bundesliga-Trainer nach Frank Schmidt? Die Antwort ist überraschend und provoziert die Nachfrage: Wie langfristig arbeiten die Vereine überhaupt?

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Kleine Denksportaufgabe am Dienstag: Wer ist der dienstälteste Trainer in der Bundesliga? Frank Schmidt, 1. FC Heidenheim, logisch. Und wer dahinter? Als ich die aktuelle Liste las, war ich im ersten Moment überrascht, im zweiten Moment amüsiert, im dritten Moment erschrocken. Aber der Reihe nach.

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Bundesliga setzt nicht auf Beständigkeit

Platz 1: Nach Christian Streichs Abgang beim SC Freiburg führt Frank Schmidt die Trainer-Treue-Liste der Bundesliga mit fast 17 Jahren an.

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Mit über 16 Jahren als Trainer des 1.FC Heidenheim ist Frank Schmidt der am längsten im Amt gebliebene Trainer im deutschen Profifußball. © IMAGO/Eibner

Platz 2: Marcel Rapp von Aufsteiger Holstein Kiel – zwei Jahre und zehn Monate. Es folgen: Ole Werner bei Werder Bremen und Marco Rose bei RB Leipzig. Ole Werner hat jetzt zwei Jahre und acht Monate auf dem Buckel, Marco Rose ein Jahr und elf Monate. Ehrlich gesagt: Das ist praktisch gar nichts.

Was mich an der Tabelle erschreckt: wie gering die Haltbarkeitsdauer von Trainern in der Bundesliga ist. War Rose nicht gerade noch bei Borussia? Und prompt gehört er zu den vier dienstältesten Bundesliga-Trainern im Amt. Das ist verrückt und bedeutet: Kontinuität beginnt in den Vereinen bei zwei Jahren.

Als Bayer Leverkusen Meister wurde, haben wir uns die Geschichten von Trainer Xabi Alonso erzählen lassen, wie er kam, den Abstieg verhinderte – und siegte. Das ist nicht lange her, nicht wahr? Alonso liegt inzwischen schon auf Platz 5 in der Trainer-Treue-Liste – mit einem Jahr und zehn Monaten.

Über die Vereinsführungen verrät uns die Liste zweierlei. Zum einen: Die Auswahl des wichtigsten Angestellten im Verein ist fast immer auf Kurzfristigkeit ausgerichtet. Zum anderen: Der Satz, dass der Trainer immer das schwächste Glied in der Kette ist, wird hiermit durch Fakten belegt.

Von Runde zu Runde statt auf lange Sicht

Man zahlt dann zwar Millionenabfindungen oder Millionenablösen für Nachfolger, wie es Bayern München in jüngster Zeit praktiziert hat. Oder tauscht Trainer aus, die ihre Mannschaft gerade ins Finale der Champions League geführt haben, wie es bei Borussia Dortmund der Fall war.

Aber es geht immer nur darum, Hin- oder Rückrunde zu überstehen. Dem Blabla von Langfristigkeit und Aufbauarbeit kann man nicht mehr glauben. Ist das neu? Ganz gewiss nicht. Auffällig ist jedoch: Die Millionensummen, mit denen Klubs bei Spielern jonglieren, werden immer größer.

Wenn gleichzeitig das verantwortliche Personal auf Abruf arbeitet, wächst das Risiko, ob Trainer und Spieler gedeihlich zusammenarbeiten. Uns Medienleuten kann das egal sein. Trainerfragen liefern verlässlich Schlagzeilen. Nur für die Vereine wird das kurze Vergnügen immer teurer.

Zur Saison 2024/25, die am Freitag beginnt, begrüßt die Bundesliga sechs neue Kollegen auf der Trainerbank:

Ein gutes halbes Jahr im Amt sind Ralph Hasenhüttl beim VfL Wolfsburg und Bo Henriksen bei Mainz 05. Alle zusammen: ein gutes Drittel der Bundesliga. Man wünscht ihnen zum Saisonstart viel Erfolg am Arbeitsplatz. Aber vermutlich lohnt sich nicht für jeden Kollegen ein fester Wohnsitz in der Nähe vom Trainingsplatz.

Verwendete Quellen

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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