Er ist zurück: Uli Hoeneß ist der alte und neue Präsident des FC Bayern München. Der 64-Jährige darf schon bald bei Transfers mitbestimmen. Wegbegleiter sagen Streitpotential mit Karl-Heinz Rummenigge voraus.

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Nach 987 Tagen und einer Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung hat Uli Hoeneß sein altes Amt beim Rekordmeister zurück. Er fühle sich noch zu jung, um in den Ruhestand zu gehen, ließ Hoeneß stets durchblicken. Voller Tatendrang geht er die Aufgaben an. Samstagabend wird Hoeneß im Stadion sitzen, um seiner Mannschaft beim Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen die Daumen zu drücken. Sonntag besucht er einen Fanclub.

Eines ist sicher: Der Einfluss von Hoeneß wird steigen. Bis Ende des Jahres wird der neue Aufsichtsratsvorsitzende gewählt. Der Sieg von Hoeneß ist vorbestimmt. Er hätte dann all die Funktionen zurück, die er vor seiner Haftstrafe bereits innehatte.

Doch selbst dann hat Hoeneß im Tagesgeschäft nicht das Sagen. Vereinsboss ist und bleibt der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstand ist für den operativen Bereich zuständig, der Aufsichtsrat dient als Kontrollgremium.

Selbst Finanzchef Jan-Christian Dreesen, Globalstratege Jörg Wacker und der technische Direktor Michael Reschke halten mehr Fäden in der Hand als Hoeneß. Aber: Auf dem Papier wird Hoeneß als baldiger Aufsichtsratsvorsitzender Rummenigges Chef sein. Jede Neuverpflichtung, bei der das Gesamtvolumen aus Ablöse und Gehalt 25 Millionen Euro übersteigt, benötigt seine Zustimmung.

Hoeneß muss große Transfers absegnen

Das heißt: Kein Star kommt zukünftig zum FC Bayern München, ohne dass Hoeneß sein Okay gibt. Oliver Kahn sagt im "Kicker" Spannungspotential voraus: "Uli wird nicht alles abnicken. Aber diese Streitkultur war bisher sehr erfolgreich."

Spielerverpflichtungen könnten nicht der einzige Punkt sein, bei dem die Freunde Rummenigge und Hoeneß eventuell aneinandergeraten. Als Vorsitzender der European Club Association hat Rummenigge speziell die Interessen der Top-Vereine im Visier. Er zählte zu den größten Befürwortern der Champions-League-Reform, die die reichen Vereine noch reicher macht.

Willi Lemke, heute ein guter Freund von Hoeneß, vermutet beim Präsidenten eine andere Ausrichtung. "Mein Gefühl sagt mir, dass Uli Hoeneß der Auffassung ist, dass die Kluft zwischen dem Primus und dem Rest der Liga nicht zu groß werden darf", sagt er im "kicker". "Uli ist viel zu scharfsinnig und weise, um nicht zu erkennen, dass die Attraktivität der Liga nicht leiden darf."

Unterkriegen lassen wird sich der neue Präsident jedenfalls nicht. "Ich weiß natürlich auch, dass Uli ein Alpha-Tier ist", sagt Rummenigge im Interview mit der "Sport Bild". "Da muss man miteinander kommunizieren und gemeinsam Lösungen finden. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass Uli heute anders tickt als vor seiner Auszeit."

Früher war Hoeneß als "Abteilung Attacke" bekannt. Wurden er oder der Verein angegriffen, ging er gerne mal auf die Barrikaden. Auch mit der eigenen Mannschaft ging er bei Misserfolg hart ins Gericht.

Hoeneß kündigte im "kicker" bereits an: "Das deutliche Wort wird weiter mein Markenzeichen sein, das wird sich nicht ändern, ich werde sicher nicht herumeiern." Als Moralapostel dürfte er allerdings nicht mehr auftreten. Zu groß ist die Gefahr, dass seine Gegner ihn dann an seine Steuerhinterziehung erinnern.

Wird Hoeneß seine Art verändern?

Schon jetzt gibt es Experten, die Hoeneß' Rückkehr kritisch sehen. Die Antikorruptionsexpertin Sylvia Schenk von Transparency International sagte der "Welt", dass sich Hoeneß mit seiner Rückkehr keinen Gefallen tut: "Er ist nicht mehr der selbe Präsident wie damals und wird auch anders gesehen. Ein nahtloser Anschluss an seine Tätigkeiten vor seiner Haftstrafe dürfte da kaum möglich sein."

Tatsächlich scheint sich Hoeneß verändert zu haben. Zukünftig möchte er mehr Zeit für die Familie haben. Er kündigte bereits an, nicht mehr täglich und rund um die Uhr in der Geschäftsstelle zu sein. Montag, Mittwoch und Freitag hat er als seine Bürotage auserkoren. Zudem plant er eine klare Arbeitsaufteilung. Dem SID sagte er: "Ich könnte mir vorstellen, dass Karl-Heinz mehr fürs Geld verantwortlich ist und ich fürs Herz."

Seine Herzlichkeit ist unbestritten. Uli Hoeneß verkörpert das bayerische Lebensgefühl "Mia san Mia". Standen seine Stars in der Kritik, wie zum Beispiel Franck Ribéry oder Oliver Kahn, verteidigte er sie als wären es seine eigenen Kinder. Seine Tür stand für die Spieler immer offen. Daran dürfte sich nichts ändern.

Hoeneß soll auch mit Philipp Lahm oft über dessen Zukunft im Verein gesprochen haben. Gut möglich, dass Hoeneß die Einarbeitung übernimmt, wenn Lahm 2017 oder 2018 eine Aufgabe im Management einnimmt. Da er zudem die (momentan schwächelnde) Nachwuchsarbeit und den Basketball im Verein vorantreiben möchte, dürfte sein Terminkalender gut gefüllt sein.

Ob er da wirklich mit drei Bürotagen auskommt?

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