Die Bundesliga nimmt am Wochenende als erste europäische Topliga ihren Spielbetrieb wieder auf. Das hat auch finanzielle Gründe. Viele Vereine der 1. und 2. Bundesliga atmen auf, manche von ihnen entgehen einer drohenden Insolvenz. Wären die finanziellen Engpässe für viele Vereine vermeidbar gewesen? Wimbledon sicherte sich gegen eine Pandemie ab – warum nicht die Bundesliga-Klubs?
Anpfiff nach der Corona-Pause. Millionen Fußballfans freuen sich, dass der Ball, wenn auch ohne Zuschauer, wieder rollt. Trotz kritischer Stimmen – von Medizinern bis Fußballspielern – kehrt ein Stückchen Normalität in den Alltag der Menschen zurück. Für die Vereine bedeutet die Wiederaufnahme des Spielbetriebs das nackte Überleben.
Mitte März teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) auf einer Videokonferenz mit, dass 13 von 36 Profifußballklubs aufgrund der Coronakrise die Insolvenz droht. Um ganz akut Zahlungsverpflichtungen nachgehen zu können, mussten schon damals zwölf von ihnen die noch ausstehende TV-Rate abtreten, meldet der "Kicker". Der Karlsruher SC berät aktuell über eine mögliche Insolvenz, da der Klub Verpflichtungen von 25 Millionen Euro haben soll, wie der SWR berichtet.
Vereine wie der Karlsruher SC oder der 1. FC Kaiserslautern waren schon vor der Corona-Pandemie finanziell knapp aufgestellt. Für sie gäbe es bei einer Insolvenz derzeit immerhin keinen Punktverlust. Das hatte die DFL vor einigen Wochen verkündet.
Auch für andere Vereine wäre es eng geworden. Die TV-Gelder werden in mehreren Raten ausgezahlt – das Geld fließt oft sofort weiter. Ein engmaschiges System, das keine Ausfälle zulässt. Aber warum eigentlich nicht?
Der All England Club hat 2003 eine Pandemie-Versicherung abgeschlossen und bekommt nun mehr als100 Millionen Euro für den Ausfall von Wimbledon erstattet.
Hätten sich auch Fußballvereine vor Corona absichern können?
Absicherung vor einer Pandemie: Wimbledon macht es vor
Vor Corona absichern? Klingt absurd, konnte doch selbst im Februar noch niemand das Ausmaß des Virus abschätzen. Der Veranstalter von Wimbledon, dem prestigeträchtigsten Tennisturnier der Welt, ahnte bereits 2003, nach dem Ausbruch von SARS, dass Krankheiten seine Veranstaltung gefährden könnten. Der All England Club schloss eine Pandemie-Versicherung ab und zahlte fortan jährlich 1,8 Millionen Euro für den Fall der Fälle. Der trat nun ein: Da das Grand Slam im Juli in Wimbledon nicht stattfinden wird, erstattet die Versicherung rund 130 Millionen Euro.
In Deutschland gibt es solche Pandemie- und Epidemie-Versicherungen nicht mehr, erklärt Christian Danner, Pressesprecher der ARAG. Die Versicherung betreut viele Sportvereine, die meisten im Breiten- und Amateursport. Denn: "Bei Epidemien und Pandemien handelt es sich um ein Kumulereignis, das nicht nur einen Teil der Versicherten, sondern die gesamte Versichertengemeinschaft betrifft", sagt Danner. Als es noch einen Versicherungsschutz für Pandemien und Epidemien gab, waren diese Angebote meist gezielt auf den Profisport zugeschnitten.
Auf einer Pressekonferenz Mitte März bestätigte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert: "Von einigen Klubs weiß ich, dass sie versucht haben, sich gegen eine Pandemie zu versichern. Unser Versicherungsschutz deckt eine Pandemie nicht ab. Ich kenne auch keine Profiliga, in der das der Fall wäre." Welche Vereine sich gegen eine Pandemie oder Epidemie absichern wollten, ist nicht bekannt.
Wenn einzelne Spiele wegfallen: Ausfallversicherungen springen ein
Anders ist die Situation, wenn nur einzelne Spiele nicht stattfinden können. "Für den Ausfall von Veranstaltungen gibt es beispielsweise eine sogenannte Veranstaltungsausfallversicherung", erklärt Danner. Eine solche Versicherung greift, wenn das Wetter einen Ausfall verursacht, da es die Gesundheit der Beteiligten gefährden würde. Oder, wenn die Veranstaltungsstätte durch einen Feuer- oder Wasserschaden beschädigt wird.
Der DFB hat eine solche Ausfallversicherung, die einen Teil der fehlenden Einnahmen deckt. Aufgrund des Coronavirus mussten Ende März die beiden Länderspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft abgesagt werden. "Diese Versicherung setzt eine Spielabsage von dritter Seite voraus", hatte der DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge gegenüber "Sport1" erklärt. "Sie hat zudem eine vertragliche Höchstsumme, ist also gedeckelt, und wird daher nicht alle Ausfälle des DFB abdecken." Für diese beiden Spiele greift sie aber.
Laut Seifert hätten auch Vereine der 1. und 2. Liga 2018 eine Spielausfallversicherung abgeschlossen. Sie würde allerdings nur für die "Kosten der Heimmannschaft" und "Aufwände" für die Gäste aufkommen. Nicht einbegriffen seien beispielsweise fehlende Zuschauereinnahmen.
Finanzielle Not wegen fehlender Zuschauer trifft unterklassige Klubs ab der dritten Liga besonders. Sie können nur auf wenig oder kein Geld aus TV-Verträgen hoffen. Insofern ist der Wiederbeginn der Bundesliga für die Klubs der 1. und 2. Liga wahrlich ein Befreiungsschlag.
Verwendet Quellen:
- Gespräch mit Christian Danner, Pressesprecher der ARAG-Versicherung
- ntv.de - Bundesliga droht fast eine Milliarde Verlust
- Focus.de - Anwalt rügt Bundesliga-Klubs: Hätten sich noch im Januar versichern lassen können
- Sportbuzzer.de - DFL-Chef Christian Seifert versichert: Bundesliga-Neustart nicht auf Kosten des Gesundheitssystems
- Sport1.de - DFB bestätigt Corona-Versicherung
- Kicker.de - 13 der 36 Profiklubs droht Insolvenz - noch in dieser Saison
- Versicherungswirtschaft-heute.de - Fußballverbände fürchten hohen Schaden durch Coronavirus
- Sportschau.de - Schadensersatz bei Spielausfall - "Neuland" für alle Beteiligten
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