Zur Bundesliga-Saisoneröffnung trifft Trainer Ole Werner mit dem SV Werder Bremen auf den FC Bayern München (Freitag, 20:30 Uhr). Im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion spricht er über das Duell mit dem deutschen Rekordmeister, die Ziele von Werder Bremen und den Beruf des Bundesliga-Trainers.
Herr Werner, ist es ein Grund zur Freude, die Bundesliga-Saison gegen den FC Bayern München zu eröffnen, weil das Spiel von vielen Millionen Menschen verfolgt wird? Oder ist es eher ein Fluch, weil die Gefahr einer Niederlage sehr groß ist?
Ole Werner: Das lässt sich aus zwei verschiedenen Perspektiven sehen. Aber ich gehe die Sachen grundsätzlich positiv an. Ich freue mich, dass die DFL es für eine gute Idee hält, die Saison in Bremen zu eröffnen. Das ist für uns eine Auszeichnung. Das Eröffnungsspiel wird in sehr vielen Ländern übertragen. Dieses Spiel erreicht eine Aufmerksamkeit, wie ansonsten nur Bayern München gegen Borussia Dortmund. Jeder weiß, dass es schwer ist, gegen den FC Bayern Punkte zu holen. Aber trotzdem werden wir es versuchen.
In der vergangenen Saison verloren Sie mit Werder Bremen beim FC Bayern auswärts mit 1:6, lieferten aber dafür in der Rückrunde ein gutes Spiel ab und verloren nur knapp mit 1:2. Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus diesen Spielen mit?
Es ist gibt immer Dinge, die man nicht beeinflussen kann – zum Beispiel, in welcher Form sich der FC Bayern befindet. In der Hinrunde hatte der FC Bayern eine sehr starke Phase und hat mehrere Spiele in Folge sehr souverän und deutlich gewonnen. Das war auch bei unserem Auswärtsspiel der Fall. In der Rückrunde hatte der FC Bayern Probleme. Zudem haben wir eine defensiv diszipliniertere Leistung gezeigt als im Hinspiel. Leider haben wir es verpasst, unsere guten Umschaltmomente zu nutzen. Ansonsten wäre mehr drin gewesen.
Sie haben auch schon einmal gegen den FC Bayern München gewonnen. Im Januar 2021 trafen Sie mit Ihrem damaligen Verein Holstein Kiel im DFB-Pokal auf den FC Bayern München und gewannen im Elfmeterschießen. War das für Sie ein Highlight der Trainerkarriere?
Das war auf jeden Fall ein Highlight, weil es sowohl von der Leistung als auch vom Spielverlauf ein besonderes Spiel gewesen ist. Ich glaube, dass wir damals nicht unverdient weitergekommen sind. Wir hatten sehr gute spielerische Momente. Natürlich denkt man gerne an dieses Spiel zurück. Aber das ist nun schon lange her, sodass wir keine Rückschlüsse für das bevorstehende Spiel daraus ziehen können.
Sprechen wir über Ihre Mannschaft: Der prominenteste Transfer in diesem Sommer war für den SV Werder Bremen die Verpflichtung von Naby Keita, der zuvor für den FC Liverpool und RB Leipzig aktiv war. Wie haben Sie ihn davon überzeugt, nach Bremen zu kommen, nachdem er zuvor für Mannschaften gespielt hat, die immer nach dem Maximum strebten?
Wir streben auch nach dem Maximum. Nur sind unsere Möglichkeiten andere als die von Liverpool und RB Leipzig. Für ihn ging es darum, in eine Mannschaft zu kommen, in der er wieder eine tragende Rolle spielen kann. Zudem sieht er, dass bei uns ein Fußball gespielt wird, der ihm liegt. Wir haben hier in Bremen ein ruhiges, stabiles Umfeld. Zudem haben wir in der Vergangenheit gezeigt, dass wir Spielern, die zuletzt öfter Verletzungsprobleme hatten, wieder zu einem guten Rhythmus verhelfen können.
"Füllkrug bietet als Stürmer ein gutes Gesamtpaket"
Als Sie im November 2021 das Traineramt beim SV Werder Bremen übernahmen, war
Man hat schnell gesehen, dass er außergewöhnliche Fähigkeiten hat. Er bietet als Stürmer ein gutes Gesamtpaket, weil er mit beiden Füßen und mit dem Kopf – eigentlich mit nahezu allen Körperteilen – Tore erzielen kann. Er hat eine gute Geschwindigkeit für seine Größe und ist ein guter Kombinationsspieler. Er hatte auch bereits zuvor seine Qualitäten in der Bundesliga unter Beweis gestellt. Die Frage war eben nur, in welchem körperlichen Zustand er sich befindet.
Damit sprechen Sie seine vielen Verletzungsprobleme in den Jahren zuvor an …
Genau. Aber er ist auch ein Spieler, der sehr fleißig arbeitet. Das habe ich vom ersten Tag an festgestellt. Er ist sehr ehrgeizig und will immer besser werden. Natürlich wäre es vermessen gewesen, damals eine solche Entwicklung vorauszusehen. Aber um ehrlich zu sein: Vor einem Jahr haben wir im Trainingslager bereits intern gesagt, dass er ein Kandidat für die Weltmeisterschaft sein müsste, wenn er fit bleibt und in einen guten Lauf kommt. Allerdings haben wir diese Einschätzung damals noch für uns behalten.
Warum gibt es in Deutschland so wenig echte Stürmer wie Niclas Füllkrug?
Für mich ist Füllkrug nicht nur ein klassischer Strafraumstürmer, weil er eben auch technisch sehr gut und in das Kombinationsspiel sehr eingebunden ist. Ich denke, dass wir in Deutschland durchaus solche Stürmertypen ausbilden. Aber schlussendlich ist das eine Frage der Qualität. Wir haben aktuell in Deutschland nicht viele Stürmer, die technisch sowie physisch stark sind und verschiedene Abschlussqualitäten haben. Ich denke nicht, dass wir die Stürmer in Deutschland falsch ausbilden. Es ist einfach so, dass es nicht in jedem Jahrgang absolute Top-Stürmer gibt.
Der SV Werder Bremen geriet vergangene Saison als Bundesliga-Aufsteiger nie in echte Abstiegssorgen. Sie haben die Saison schlussendlich auf dem 13. Tabellenplatz abgeschlossen. Welches Ziel haben Sie sich für die bevorstehende Saison gesetzt?
Das übergeordnete Vereinsziel ist, dass Werder Bremen auch in der Saison darauf noch in der Bundesliga spielt. Das ist vor allem aus wirtschaftlichen Gründen sehr wichtig. Darüber hinaus wollen wir unsere Spielweise weiterentwickeln. Wir möchten weiterhin für einen offensiven, attraktiven und spektakulären Fußball stehen. Das haben wir bereits in der vergangenen Saison getan und ist ein Markenkern des Vereins.
Lassen Sie uns noch ein wenig über Ihren Werdegang sprechen: Sie haben selbst als aktiver Spieler nie in einer Profiliga gespielt. Ihre Trainerlaufbahn begannen Sie vor zehn Jahren als Jugendtrainer von Holstein Kiel. War es damals bereits Ihr Traum, später Bundesliga-Trainer zu werden?
Nein, das hat sich erst über die Jahre entwickelt. Als ich damals als Jugendtrainer begann, war das einfach nur ein Hobby. Ich wollte die Erfahrung, die ich selbst als Spieler gesammelt habe, an junge Spieler weitergeben. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich das anscheinend relativ gut mache. Eines Tages wurde dann bei Holstein Kiel der Trainer der 1. Mannschaft freigestellt. Ich habe den Verein kurzzeitig als Interimstrainer übernommen.
Ole Werner: "Der Trainer-Beruf ist sehr komplex"
Das war im Jahre 2016, als Sie im August Holstein Kiel zwei Wochen in der 3. Liga trainierten …
Das hat damals ganz gut funktioniert. Ich war danach zwar wieder für die 2. Mannschaft zuständig. Aber der Verein hat mir eine Perspektive aufgezeigt. Erst von diesem Zeitpunkt an habe ich das Ziel verfolgt, Profi-Trainer zu werden. Vorher war das alleine schon aus finanziellen Gründen nicht möglich, weil Fußball nur ein Hobby war und ich damit lediglich ein kleines Zubrot verdient habe.
Ist der Beruf Bundesliga-Trainer so, wie Sie ihn sich vorgestellt haben?
Der Beruf ist sicherlich ein bisschen anders, als man sich das als Kind oder Jugendlicher vorgestellt hat. Als ich selbst noch Spieler war – ich habe für Holstein Kiel ja damals in der 4. Liga gespielt – konnte ich mir nicht vorstellen, was ein Trainer alles macht. Das ist ein sehr komplexer Beruf. Es geht nicht nur darum, das taktische Handwerkszeug zu vermitteln, es geht nicht nur um die Menschenführung, es geht nicht nur um die Medienarbeit – es geht um all diese Dinge zusammen. Ich glaube, die Komplexität dieses Berufs würde viele Menschen erschrecken. Als ich dann damals bei Holstein Kiel als Trainer anfing, konnte ich mich sehr gut darauf vorbereiten und wusste sehr genau, worauf ich mich einlasse und wie der Beruf aussieht.
Gibt es auch Schattenseiten an dem Beruf, die Außenstehende oft gar nicht sehen?
Man verpasst viele Familienfeste, ich kann nicht bei jeder Taufe dabei sein, ich habe alleine in diesem Jahr wieder zwei Hochzeiten verpasst, ich sehe meine Freundin maximal einen Tag in der Woche. Das könnte man sicherlich als Schattenseiten nennen. Aber ich sehe eher die positiven Aspekte dieses Berufs. Man genießt sehr viele Privilegien, die die Nachteile mehrfach aufwiegen. Ich denke, in vielen anderen Berufen sind die Schattenseiten deutlich größer.
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