Dazn und die DFL haben in dieser Woche für ein Beben in der Bundesliga gesorgt. Die Auktion der Medienrechte wurde gestoppt, eine juristische Auseinandersetzung droht. Doch was genau ist passiert? Was bedeutet das? Und wie geht es weiter? Wir haben mit dem Sportökonomen Sebastian Uhrich gesprochen.
Als der FC Bayern am Mittwoch gegen den FC Arsenal um den Einzug in das Halbfinale der Champions League kämpfte, sorgten Dazn und die DFL für ein mittelschweres Bundesliga-Beben. Das laufende Bieterverfahren um die TV-Rechte wurde von der Liga gestoppt, sie sieht sich mit schwerwiegenden Vorwürfen des Streamingdienstes konfrontiert. Während sich der deutsche Fußball darüber freut, dass der FCB und Borussia Dortmund zu den besten vier Mannschaften in Europa gehören, steht die DFL nach dem Aus des Investoren-Deals vor der nächsten großen Baustelle. Und der Ausgang ist völlig offen.
"Die Lage ist alles andere als glücklich", sagt Sebastian Uhrich vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule in Köln im Gespräch mit unserer Redaktion. "Wir sprechen von ein paar wenigen Bietern. Und wir sprechen davon, dass einer dieser Bieter mit der DFL eine langjährige Geschäftsbeziehung eingehen wird. Und wenn wir davon ausgehen, dass eine Geschäftsbeziehung am besten funktioniert, wenn sie vertrauensvoll, positiv und konstruktiv ist, dann ist das, was vorgefallen ist, gelinde gesagt schwierig."
Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Was ist genau passiert?
Die Auktion der Medienrechte für die vier Spielzeiten von 2025/26 bis 2028/29 ist von der DFL gestoppt worden. Ein bislang einmaliger Vorgang in der Bundesliga-Geschichte. Der Streamingdienst Dazn hatte schwerwiegende Vorwürfe erhoben: Der Sender fühlte sich diskriminiert, weil sein Angebot für das Rechtepaket B abgelehnt wurde, obwohl es "das finanziell attraktivste und überzeugendste" gewesen sei. Dazn beschwerte sich in einem vierseitigen Brandbrief an die DFL und die Vereine mit drastischen Worten und ungewohnter Schärfe, schaltete zugleich auch das Bundeskartellamt ein.
Ein Teil des Streits wird nun auch öffentlich ausgetragen. Die DFL wehrte sich vehement, wies die Unterstellungen und Vorwürfe in einer Stellungnahme als "unzutreffend und haltlos" zurück. Zudem ist von einer "Vielzahl von unrichtigen Darstellungen und Verkürzungen von Sachverhalten" die Rede. Die DFL führe das Verfahren "selbstverständlich in transparenter und diskriminierungsfreier Weise" durch, hieß es.
Worum geht es genau?
Stein des Anstoßes ist das sogenannte Rechtepaket B, also die Bundesligaspiele am Freitagabend, am Samstag um 15.30 Uhr und die Relegation. Das sind insgesamt 196 Live-Spiele und es ist das teuerste, aber auch prestigeträchtigste Paket. In der ersten Bieterrunde hat Dazn laut "Bild"-Zeitung das beste Angebot abgegeben, lag damit aber nicht 20 Prozent über dem nächstbesten Angebot. Sonst hätte der Streaminganbieter automatisch den Zuschlag bekommen.
In der zweiten Bieterrunde hat Dazn das Angebot angeblich massiv erhöht, soll damit sogar über den Erwartungen der Liga gelegen haben. Wie es heißt, sei das Paket rund 300 Millionen Euro wert. Wie hoch das Dazn-Angebot konkret war, ist nicht bekannt. Medienberichten zufolge hat sich Sky das Paket gesichert.
Warum wurde das Angebot abgelehnt?
Weil der Sender nicht, wie von der DFL verlangt, eine Bank-Garantie für die gebotene Summe vorlegen konnte. Stattdessen gab es von Dazn "nur" eine sogenannte "harte Patronatserklärung". Sie dient auch als Absicherung, eine Bank-Garantie ist aber höher einzustufen. Dazn wäre wohl bereit gewesen, eine Bank-Garantie vorzulegen, allerdings nicht wie von der Liga verlangt innerhalb von 24 Stunden. Dazn wirft der DFL "Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung" und "rechtswidriges Verhalten" vor.
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Doch da die DFL in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit unzuverlässigen Käufern gemacht hat, ist es nicht unverständlich, dass die Verantwortlichen sehr vorsichtig agieren. "Das ist eine berechtigte Vorsicht und eher restriktive Bedingungen sind verständlich. In den vergangenen Jahren hat so ziemlich jeder Medienrechteinhaber unverhohlen öffentlich eingeräumt, dass die Refinanzierung dieser Rechte durchaus schwierig war", erklärt Uhrich.
Daher könne er es sich gut vorstellen, dass die DFL "ein paar Bedenken hat wegen der Finanzkraft von Dazn. Dass man sich absichern möchte, ist aus meiner Sicht mehr als verständlich und auch geboten in diesem Zusammenhang". Die "Bild"-Zeitung berichtet zudem von verspäteten Zahlungen in der Vergangenheit.
Was bedeutet der Zoff für DFL, Vereine und Dazn?
Uhrich geht davon aus, dass man bei Dazn möglicherweise nicht mehr damit rechnet, den Zuschlag doch noch zu bekommen, "da man öffentlich sehr vom Leder zieht. Insofern ist davon auszugehen, dass Dazn möglicherweise selbst gar nicht mehr so richtig daran glaubt und möglicherweise Dinge vorgefallen sind, die noch nicht ans Tageslicht gekommen sind." In jedem Fall war das Vorgehen und Vorpreschen von Emotionalität geprägt, während sich die DFL deutlich zurückhaltender und unverfänglicher verhalten hat. Das Verhältnis zwischen DFL und Dazn hat fraglos gelitten, ob es reparabel ist, muss sich zeigen. Bis zum Ende der kommenden Saison ist der Streamingdienst auf jeden Fall noch TV-Partner.
Den Klubs dürfte der Ärger natürlich nicht gefallen. Finanzielle Folgen sind aktuell nicht absehbar, planbar ist so auch nichts. Einen nennenswerten Imageschaden für die DFL oder gar für den deutschen Fußball sieht der Experte aber nicht. "Es dauert eine Weile, bis man ein Image aufbaut, und es muss schon etwas Bedeutendes vorfallen, um es zu zerstören. Es gibt viele andere Dinge, die das Image des deutschen Fußballs und auch der DFL beeinflussen. So dramatisch der Streit die Beteiligten auch sein mag - aus meiner Sicht hat das nicht so einen riesigen Einfluss auf das Image."
Anders sieht das im geschäftlichen beziehungsweise finanziellen Bereich aus. "Es wurde ja vorher gesagt, dass vielleicht Apple oder Amazon dabei sind. Dafür ist der Streit sicherlich nicht gerade förderlich", sagt Uhrich. Für "nicht so unwahrscheinlich" hält Uhrich finanzielle Einbußen. Möglich ist auch, dass Dazn komplett aussteigt, was Folgen für die Versteigerung der weiteren Rechtepakete wie zum Beispiel die Topspiele am Samstagabend und die Sonntagsspiele hat. Durch den Wegfall der "No-Single-Buyer-Rule" könnte ein Anbieter alle Pakete ersteigern.
"Wir haben nur eine relativ kleine Gruppe an Bietern, die überhaupt infrage kommt. Und je kleiner diese Gruppe wird, desto schwächer ist die Verhandlungsposition der DFL. So war es ja auch bei dem Investoren-Deal", erläutert der Experte. Dass die DFL, wie medial teilweise spekuliert wird, Sky absichtlich bevorzugen wollte, kann sich Uhrich nicht vorstellen. Laut dem "Bild"-Zeitungs-Bericht heißt es bei Dazn angeblich, dass die DFL das Paket B von vornherein an Sky geben wollte, auch, um den langjährigen Partner mit dem attraktiven Paket retten zu wollen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Kartellamt soll nun die Dazn-Beschwerde prüfen. Konkret, ob in dem Bieterverfahren alles korrekt abgelaufen ist. Die Behörde dürfte in dem Streit aufgrund des eigenen Status aber eher als Schlichter denn als Richter auftreten. Daher sind auch juristische Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen. Auch wenn die DFL den seit Montag laufenden Bieterprozess innerhalb von zwei Wochen abschließen wollte, gibt es keine Fristen, bis wann die diversen Rechtepakete versteigert sein müssen. Allerdings wollen natürlich sowohl die Liga als auch die Sender früh Planungssicherheit haben. Der Streit könnte das komplett über den Haufen werfen.
Daher geht Uhrich davon aus, dass zumindest die verbliebenen Beteiligten ein sehr starkes Interesse daran haben, das Bieterverfahren positiv zu Ende zu führen. "Denn diejenigen, die bieten, benötigen die Bundesliga-Rechte als einen interessanten und attraktiven Inhalt. Und die DFL steht unter großem Druck, ein positives Ergebnis zu erzielen."
Aktuell erhält die DFL 1,1 Milliarden Euro pro Saison. Auf ähnlich hohe Einnahmen wollte die Liga auch jetzt kommen. "Insofern glaube ich schon, dass alle am Ende in einem Boot sitzen und dass auf beiden Seiten Druck herrscht, zu einer Einigung zu kommen und dieses Bieterverfahren auch erfolgreich abzuschließen. Daher müssten sich alle Beteiligten zusammenraufen", sagte Uhrich.
Alles andere würde den Streit nur noch mehr eskalieren und die internationalen Erfolge auf dem Platz wohl endgültig in den Hintergrund rücken lassen.
Über den Gesprächspartner
- Prof. Dr. Sebastian Uhrich lehrt am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule in Köln. Unter anderem forscht er zum Thema Sportmarketing, insbesondere zum Sportkonsumentenverhalten.
Verwendete Quelle
- bild.de: Der Krimi um die TV-Rechte
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