Der FC Bayern muss gegen Atlético Madrid unter allen Umständen das dritte Halbfinal-Aus in Folge verhindern, Joker Pep Guardiola muss in der Champions League jetzt stechen. Andernfalls geht der Katalane als gescheiterter Trainer - so absurd das auch klingen mag.

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Ist Mönchengladbach jetzt ein Maßstab? Ein Ausrutscher? Ein Angstgegner? Bayerns jüngste langweilige Vorstellung wirft schon wieder Fragen auf.

Da gibt es dann Spieler wie Sebastian Rode, die eine uninspirierte Leistung darauf zurückführen, dass Trainer Pep Guardiola gleich acht wichtige Spieler geschont hatte, darunter die Eckpfeiler David Alaba, Philipp Lahm, Thiago, Douglas Costa oder Robert Lewandowski. Und es gibt Fußballer wie Thomas Müller.

Der durfte 90 Minuten lang spielen, was ein krasser Gegensatz zum Champions-League-Hinspiel bei Atlético war, wo er 70 Minuten auf der Bank schmorte.

Also sprach Müller, wie Müller eben spricht: "Es fehlt sicherlich in den letzten Wochen so ein bisschen die Leichtigkeit, das ist kein Geheimnis. Wir müssen zugeben, dass aktuell die Geheimzutat in unserem Spiel ein bisschen fehlt. Jetzt müssen wir nachforschen, was das ist und das am Dienstag zufügen."

Zwei Lager in der Pep-Debatte

Die kleine Delle des Gladbach-Unentschiedens dürften die Bayern in der Liga problemlos ausbügeln, sehr wahrscheinlich gleich am kommenden Wochenende in Ingolstadt. Dann ist der FC Bayern zum vierten Mal in Folge Meister. Nun ja. Aber am Dienstag, in der Königsklasse, vorentscheidet sich das Wohl und Wehe dieser Saison.

Die Debatten der Traditionalisten und der Avantgarde laufen im Prinzip schon seit fast drei Jahren, seit Guardiola die Bayern von Jupp Heynckes übernommen hat.

Beide Seiten durften seither ihre Meinung gefestigt sehen: Guardiola hat die Mannschaft fußballerisch auf ein völlig neues Niveau geführt, die Dominanz der Münchener in den letzten drei Jahren hat die Bundesliga beinahe erdrückt und wiederum ernsthafte Diskussionen darüber ausgelöst, ob der Spitzenfußball in Deutschland nicht in falsche Bahnen läuft mit einem viel zu starken Dauer-Meister aus München.

Und auf der anderen Seite warten sie in München jetzt seit drei Jahren darauf, wieder ins Endspiel um die Krone Europas einzuziehen. Zweimal sind die Bayern vergleichsweise kläglich gescheitert und das 0:1 von Madrid veranlasst auch dieses Mal nicht unbedingt zu grenzenlosem Optimismus vor dem entscheidenden Rückspiel gegen Atlético.

Zuletzt hatten sich die Fans immer wieder gefragt, ob die Leistungen der Bayern nur auf die ganz großen Spiele Ende April und im Mai ausgerichtet seien. Seit einigen Wochen schnurrt der Motor nicht mehr so rund. Die Ergebnisse waren da, das Spiel der Mannschaft aber nicht mehr so geschmeidig, so selbstverständlich, so selbstbewusst.

Voller Druck auf Pep Guardiola

Ähnliche Erkenntnisse wurden auch im Frühjahr 2014 und 2015 gewonnen, dazu kamen ein entscheidender Fehler Guardiolas gegen Real Madrid und eine ungeheure Verletzungsmisere, die ein Weiterkommen gegen Barcelona unmöglich machten. Jetzt sind die Bayern personell deutlich besser aufgestellt. Und alle hätten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt - behauptet Kapitän Lahm zumindest immer und immer wieder.

Es spitzt sich alles um und bei Pep Guardiola zu. Seit er seinen Weggang aus München verkündet hat, wird Guardiola noch mehr als ohnehin schon hinterfragt, beleuchtet und eingeordnet. Seine taktischen und personellen Entscheidungen rauf und runter diskutiert, vom Experten bis zum Laien bildet sich jeder eine Meinung.

Tatsache ist, dass Guardiolas Wirken in München gänzlich anders betrachtet wird, scheitert er jetzt zum dritten Mal in Folge im Halbfinale der Champions League.

Dass die Bayern dennoch größtenteils fantastischen Fußball unter seiner Regie spielten, dass er fast jeden Spieler noch besser machen konnte, dass er Deutschland eine neuen Herangehensweise an das Spiel, viele ideelle und kulturelle Denkanstöße geliefert hat und als Rollenmodell für nicht wenige andere Trainer dient: alles geschenkt. Was zählt, sind Titel.

"Krasse Defizite im menschlich-psychologischen Bereich"

Am Sonntag verteidigte ausgerechnet einer aus der "alten" Trainergilde den Kollegen. "Pep Guardiola ist einer der besten Trainer der Welt und ihn in Frage zu stellen, geht gar nicht. Er hat auch mit Verletzungen zu kämpfen und mit Spielern, die überbelastet sind. Das kannst du nicht nur am Trainer aufhängen" sagte Huub Stevens in der "Sport1"-Sendung "Doppelpass".

Der "Kicker" stellt hingegen Guardiolas empathisches Geschick nicht das erste Mal in Abrede, schreibt von "krassen Defiziten im menschlich-psychologischen Bereich". Guardiola dürfe froh sein, dass Lewandowski, Ribery und Müller ihren Ärger professionell runterschlucken. Das sind deftige Worte - aber sie wären eine Lächerlichkeit gegen jene Lawine, die ein Scheitern gegen Atlético lostreten würde.

Der Makel bliebe für immer bestehen. Vorgänger Heynckes hatte das Glück, auf eine Saison mit drei zweiten Plätzen und zwei niederschmetternden Finalniederlagen das Triple folgen zu lassen. Für Guardiola heißt es ab Dienstag: jetzt oder nie.

Er war für einen stets überragend besetzten Kader immer auch der Joker in der Hinterhand. Seine Maßnahmen sollten wichtige Spiele entscheiden. Bisher ist er daran gescheitert, er hat große Niederlagen auf seine Kappe genommen und wegmoderiert.

Jetzt ist es an der Zeit, die Geschichte umzuschreiben. Andernfalls verlässt er München - so falsch das auch klingen mag - als gescheiterter Trainer.


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