Eine grotesk schlechte Chancenverwertung und ein paar Momente des Tiefschlafs bringen Borussia Dortmund in Lissabon auf die Verliererstraße. Trainer Thomas Tuchel war mit vielem dennoch zufrieden. Sorgen bereiten ihm aber einige Stars.
Es gibt eine Statistik, die ausweist, wie oft Torhüter bei einem Elfmeterschuss einfach stehen bleiben. 2,3 Prozent entscheiden sich demnach nicht für eine der beiden Ecken, also bei circa jedem 50. Elfmeter bleibt ein Keeper zentral und aufrecht stehen.
Von Ederson Santana de Moraes haben wohl die wenigsten Fans in Deutschland vor diesem denkwürdigen Dienstagabend in Lissabon etwas gehört. Aber dieser Keeper aus Brasilien, der nur Ederson genannt wird und zufällig für Benfica Lissabon das Tor hütet, hat sich genau das getraut.
Er ist in der 58. Minute einfach wie angewurzelt stehen geblieben, hat auf den Schuss von
Aubameyangs Strafstoß war die Krönung eines an Absurditäten nicht gerade armen Abends in der portugiesischen Hauptstadt. Borussia Dortmund hat das Hinspiel in der Champions League bei Benfica mit 0:1 (0:0) verloren und droht bereits in der Runde der letzten 16 Mannschaften zu scheitern.
Katastrophale Chancenverwertung
Schon vor dem Spiel ging es drunter und drüber: Hunderte Dortmunder Fans wurden nicht ins Stadion gelassen. Massive Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen führten zu einem heillosen Durcheinander bei den portugiesischen Ordnern, es kam zu Handgreiflichkeiten und Übergriffen der Polizei gegen BVB-Fans.
So traurig und indiskutabel diese Vorkommnisse waren, so verrückt wurde die Partie im Stadion des Lichts. Borussia Dortmund dominierte Spiel und Gegner, versagte aber vor dem Tor bei einem halben Dutzend hochkarätigster Chancen, Aubameyangs lächerlich schwach getretener Elfmeter war da nur die Spitze.
Die Dortmunder Chancenverwertung war schon in den letzten Wochen immer mal wieder ein Thema. "Ein 4:0 verkleidet als 1:0", sagte
14 zu fünf Torschüsse und 70 Prozent Ballbesitz hatten die Gäste am Ende. Benfica hatte im Prinzip gar nichts - außer einer guten Pressingaktion, die zu einem Eckstoß führte, aus dem wiederum das Tor von Kostas Mitroglou resultierte. Tatkräftig unterstützt von einem naiven Verteidigungsversuch der Gäste.
Tuchel: "Überragend gut gespielt"
"Ich bin sehr enttäuscht. Aber ich bin auch sehr stolz darauf, wie wir aufgetreten sind. Wir haben nicht gut gespielt. Wir haben überragend gut gespielt", sagte Tuchel nach dem Spiel. "Bis auf drei Minuten, direkt nach der Halbzeit. Das geht eben nur im Fußball, so gut zu sein, dem Gegner nichts zuzulassen und trotzdem zu verlieren. Shit happens. Aber für solche Tage gibt es ein Rückspiel."
Der Coach sah in einem wichtigen Spiel mal wieder eine starke Vorstellung seiner Mannschaft. Auch das war in den letzten Tagen immer wieder ein Thema gewesen: Dass sich diese Mannschaft angeblich nur die Highlights herauspicke und das Tagesgeschäft vernachlässige.
Bisher wurden diese Highlight-Spiele in dieser Saison gewonnen oder zumindest nicht verloren, zwei Remis gegen Real Madrid stehen Siege gegen die Bayern und RB Leipzig gegenüber. In Lissabon riss diese Serie jetzt.
In erster Linie deshalb, weil einzelne Spieler einmal mehr nicht ihr Leistungsvermögen ausschöpfen konnten. Erik Durm erwischte einen ganz schwachen Abend und
Aubameyang gab aber die kläglichste Figur ab. Der Gabuner musste wenige Minuten nach dem verschossenen Elfmeter vom Feld, es war die dritte Großchance, die alleine der Torjäger a.D. verballerte.
Kleiner Rüffel für die Stars
"In der Chancenverwertung haben wir im Moment ein Thema. Wir müssen in der Konsequenz vor dem Tor deutlich zulegen, sonst wird’s nicht klappen", sagte Tuchel und nahm dabei gerade die Führungsspieler Aubameyang und Reus klar in die Pflicht.
"Natürlich müssen Spieler wie Aubameyang und Reus treffen, das verunsichert sonst sie und die gesamte Mannschaft. Das konnte man auch schon in anderen Spielen in der Rückrunde sehen. Wir brauchen Effektivität, um mehr Ruhe zu bekommen."
Die Auswechslung Aubameyangs verteidigte Tuchel klipp und klar. "Er hat seit der Rückkehr vom Afrika-Cup einen körperlichen Rückstand. Sein Einsatz ist schon ein Vabanquespiel. Er war vorgesehen für die Auswechslung und nach dem verschossenen Elfmeter hatte ich nicht das Gefühl, dass er die Körpersprache hatte, um heute nochmal zu treffen."
So geht die Borussia mit 0:1 ins Rückspiel in drei Wochen. Vielleicht ist das die gute Nachricht des Abends - dass das zweite Aufeinandertreffen beider Mannschaften nicht schon in wenigen Tagen ansteht. Vier Pflichtspiele liegen dazwischen. Genug Zeit für ein paar außergewöhnliche Spieler, vor dem Tor wieder eine gewisse Sicherheit zu erlangen.
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