Der FC Bayern ist in der zweiten Runde des DFB-Pokals an Drittligist Saarbrücken gescheitert. Thomas Müller ist nach dem Spiel von seinen Teamkollegen enttäuscht. Viele seiner Teamkollegen verschwinden nach Abpfiff einfach in der Kabine. Das geht "überhaupt nicht", findet der Führungsspieler. Hat er recht? Pro und Contra.

Meine Meinung
Dieser Meinungsbeitrag stellt die Sicht von Ludwig Horn und Sabrina Schäfer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Pro: Thomas Müller ist zu Recht angefressen von seinen Kollegen

von Ludwig Horn

Der FC Bayern ist – mal wieder – frühzeitig aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. Neben der offensichtlichen sportlichen Enttäuschung bei der 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Saarbrücken steht am Mittwochabend aber auch eine noch gravierendere, die menschliche. Nach dem späten Siegtreffer des 1. FC Saarbrücken und dem Abpfiff wenig später trottet ein Großteil der Bayern-Mannschaft wortlos in die Kabine und lässt die mitgereisten Fans links liegen.

Den Weg zu den Fans nehmen nur Thomas Müller, Leroy Sané, Joshua Kimmich, Mathys Tel, Bouna Sarr und Frans Krätzig auf sich. Müller äußerte sich im Anschluss wenig begeistert von diesem Umstand. "Unabhängig vom Spiel müssen wir da ein anderes Gesicht zeigen und unseren Fans den nötigen Respekt entgegenbringen, wenn die auswärts den Block vollmachen", sagte er im Gespräch mit der ARD. Bei Sky fügte er später noch hinzu: "Was überhaupt nicht geht, ist, dass nur drei oder vier Spieler von sich aus verstehen, den Support auch zu respektieren." Manche Fans seien wegen dieses Spiels unter der Woche Hunderte Kilometer gefahren. Da ginge das Verhalten seiner Mitspieler "so natürlich nicht", kritisierte er.

Und damit hat er völlig recht. Natürlich ist es verständlich, dass Spieler wie Serge Gnabry oder Eric Maxim Choupo-Moting nach einem enttäuschenden Spiel einfach nur weg und ihre Ruhe wollen. Aber wenn es nicht mal der Kapitän Manuel Neuer schafft, den eigenen Fans entgegenzutreten und den nötigen Respekt zu erweisen, ist das ein Armutszeugnis.

Bezeichnend ist auch, dass unter den Spielern, die sich zu den Fans getraut haben, mit Müller, Sané und Kimmich nur drei "gestandene" Bayern-Profis sind. Tel und Krätzig gehen gerade erst ihre ersten Schritte als Profis, Sarr ist seit seiner Ankunft in München 2020 durchgehend außen vor.

Also, fürs nächste Mal bitte merken: Verlieren ist für einen Fußballprofi nicht schön. Aber das ist es für den Fan, der unter der Woche mehrere Hundert Kilometer gefahren ist, um seine Mannschaft zu unterstützen, auch nicht. Zeigt in Zukunft etwas mehr Respekt und stellt euch euren Fans, auch wenn es vielleicht etwas unangenehm sein mag.

Hat Thomas Müller mit der Kritik an seinen Mitspielern recht?
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Contra: Thomas Müller und die Fans müssen auch individuelle Bedürfnisse akzeptieren

von Sabrina Schäfer

Stellen Sie sich vor, Sie hatten einen richtigen Scheißtag. Nichts hat so funktioniert, wie Sie es sich vorgenommen haben, Sie haben Menschen enttäuscht, die Sie nicht enttäuschen wollten. Und als Sie endlich nach Hause kommen, sitzen da zehn Menschen und wollen, dass Sie sich rechtfertigen und genau erklären, was da denn heute los war.

Meine Reaktion wäre klar: Wieder raus bei der Haustür und irgendwo hin, wo ich selbst erst mal mit dem Geschehenen zurechtkommen kann.

Wenn Sie die Vorstellung jedoch nicht so gruselig finden und sich in diesem Moment gerne – vielleicht auch zu Aufarbeitungszwecken – in die Diskussion mit den wartenden, enttäuschten Menschen stürzen, dann herzlichen Glückwunsch: Sie sind ein Thomas Müller.

Ich bin keiner und einigen Bayern-Spielern dürfte es nach der Niederlage in Saarbrücken ähnlich gegangen sein wie mir: Keine Kraft mehr für Diskussionen, nur noch weg und erst einmal selbst klarkommen. So reagieren im Übrigen auch viele Fans, wenn sie mit dem Schlusspfiff das Stadion verlassen.

Natürlich ist es Thomas Müller, Joshua Kimmich, Leroy Sané, Bouna Sarr, Frans Krätzig und Mathys Tel hoch anzurechnen, dass sie nach dem Pokalaus noch die Kraft gefunden haben, sich den gebliebenen Fans zu stellen und in die Diskussion zu gehen. Aus der Reaktion der anderen Spieler, die sich lieber in die Kabine geflüchtet haben, jedoch direkt Respektlosigkeit gegenüber den mitgereisten Fans abzuleiten, geht zu weit.

Jeder Mensch geht mit Momenten von Stress und Enttäuschung anders um. Jeder hat individuelle Bedürfnisse und das gilt es, auch bei Fußballern zu akzeptieren. Fußballprofis sind nicht Eigentum der Fans, auch ihnen ist Menschlichkeit zuzugestehen und die Möglichkeit, mit bitteren Niederlagen so umzugehen, wie es sich für sie selbst in diesem Moment richtig anfühlt.

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