Fritz Keller soll zum neuen DFB-Präsidenten gewählt werden. Der Badener beweist nicht nur als Vereinsboss des SC Freiburg Macherqualitäten. Doch das Auswahlverfahren für seine Kandidatur zieht scharfe Kritik nach sich.
Es ist eine Geschichte, wie sie für einen Neuanfang des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kaum romantischer sein könnte. An diesem Mittwoch wird sich
Fritz Keller hat Vorname von Fritz Walter
Keller soll dem DFB, der mit Imageproblemen und Korruptionsvorwürfen zu kämpfen hat, ein neues, sympathisches Gesicht geben - jener Mann, dem die Eltern Franz und Irma den Vornamen einst in Anlehnung an den deutschen Weltmeister-Kapitän Fritz Walter gaben.
Walter hatte den WM-Triumph nach dem "Wunder von Bern" am 4. Juli 1954 mit der Nationalmannschaft im "Schwarzen Adler" im Breisgau gefeiert, dem Wirtshaus der Kellers - drei Jahre später wurde er der Patenonkel von Sohn Fritz.
Am 27. September soll der heute 62-jährige Keller auf dem DFB-Bundestag zum neuen Verbandschef gewählt werden. Den paar hundert Delegierten, die insgesamt 7,1 Millionen Mitglieder vertreten, wird sich ein vielseitiger Mann präsentieren: zwischen smart-weltgewandt, emotional-aufbrausend und nüchtern-kalkuliert.
Keller, ein Hotelier mit Sternerestaurant und ein Winzer mit eigenem Weingut, gilt im Südbadischen als Genussmensch. Mancher nennt ihn aber auch einen Choleriker. Etwa dann, wenn ihm bei Heimspielen des geliebten SC Freiburg ein Schiedsrichterpfiff nicht passt.
Fritz Keller kann sehr aufbrausend sein
"Ich weiß, dass ich manchmal nach dem Spiel zu emotional bin und dann Dinge sage, die mir kurz darauf leidtun", meinte er einmal. Vielleicht ist es aber gerade diese authentisch-greifbare Art, die die Findungskommission zum Vorschlag Keller führte, in einem Verbandskosmos, der in der Außendarstellung oft eintönig, steril und glatt wirkt.
Keller spricht dagegen eine klare Sprache - und Probleme offen an. "So ein gemeinsam verlebter Abend hat schon sehr viele Konflikte bereinigt - im Vorfeld oder im Nachgang", erklärte er einmal zu seinen obligatorischen Abendessen mit anderen Bundesliga-Bossen. Dann ist Keller Diplomat.
So gewann er in und um Freiburg auch das Vertrauen etlicher Sponsoren, die meisten der 230 Partner aus dem Mittelstand soll er selbst geworben haben - durch Ehrlichkeit. Der Sportclub kalkuliere jedes Jahr mit einem Abstieg, sagte er einmal "Sport1", habe "für solche Eventualitäten immer was unter dem Kopfkissen liegen".
Fritz Keller forcierte in Freiburg den Stadionneubau
Mit Nachdruck forcierte Keller den spektakulären Stadionneubau im Freiburger Westen - und mit 20 Millionen Euro Eigenkapital des Vereins, "mehr als bei allen Stadionprojekten der letzten Jahre, ausgenommen Bayern München", wie der damalige SC-Vorsitzende Keller im Oktober 2014 stolz verkündete.
Die Stadionkosten von 76,5 Millionen Euro trägt der Klub letztlich alleine - einmalig. Auch, wenn das Land Baden-Württemberg mit 16,2 Millionen Euro Subventionen hilft und die Stadt die immensen Infrastrukturkosten von mittlerweile 55 Millionen Euro trägt. Ein Verdienst Kellers, der Weitsicht bewies.
Viele Kritiker rund um den DFB
Mit dieser Weitsicht wird er viele Kritiker rund um den DFB befrieden müssen. "In den letzten Jahren sind drei Präsidenten hintereinander vorzeitig aus dem Amt ausgeschieden (Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Grindel, d. Red.). Es gibt ja auch staatsanwaltliche Vorwürfe gegen den einen oder anderen. Der Herr Grindel ist zum Schluss gegangen, weil er eine Uhr angenommen hat. In Firmenkreisen, wo man Compliance-Fortbildungen machen muss, nennt man das Bestechung", meint Präsidentschaftsbewerberin Ute Groth im Gespräch mit unserer Redaktion harsch über den DFB.
Die Vorsitzende der DJK TuSA 06 Düsseldorf kritisiert weiter: "In der Satzung des DFB steht schon lange, dass Frauen und Männer das gleiche Recht auf Posten haben. Aber es wird nicht gelebt." Nicht nur von Groth ("der DFB will keine Kampfkandidatur") gibt es Kritik am Auswahlverfahren - auf dem Bundestag stehen keine verschiedenen, sondern nur der eine vorgeschlagene Kandidat zur Wahl.
DFB: Fritz Keller wird um Vertrauen werben müssen
"Das Verfahren zu seiner Nominierung bleibt empörend", schrieben auch die Vereinsvorsitzenden der Berliner Amateurklubs FC Internationale und SFC Stern, Gerd Thomas und Bernd Fiedler, in einem Beitrag für den "Tagesspiegel". Sie bemängelten eine "gnadenlose Intransparenz".
Es ist ein Vorgeschmack auf das, was Keller künftig erwarten wird: die Herkulesaufgabe, Amateur- und Profifußball wieder zu vereinen. Und wieder Vertrauen in den DFB zu vermitteln. Sicher ganz im Sinne von Patenonkel Fritz Walter.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Ute Groth
- Welt am Sonntag (Print): Zum Jubeln zum Keller
- Sueddeutsche.de: Genussmensch vom Kaiserstuhl
- Tagesspiegel.de: Es muss einen Alleingang der Amateure geben
- Freiburg.de: Der SC zahlt das Stadion, die Stadt die Infrastruktur
- Suedkurier.de: Neues Freiburger Stadion kostet 131 Millionen Euro
- Sport1.de: SC Freiburg kalkuliert mit Abstieg
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