In der EM-Qualifikation müssen einige Favoriten und vermeintliche Geheimfavoriten trotz des großzügigen Modus schon nach drei Spieltagen mächtig aufholen. Spanien, Belgien und Portugal müssen punkten - die beiden Ex-Champions Niederlande und Griechenland sind sogar zum Siegen verdammt.
Mit der Aufstockung der EM-Endrunde 2016 auf 24 Mannschaften verkommt die Qualifikationsrunde dafür zu einem zweijährigen Testspielmarathon. Das behaupten zumindest die Kritiker des neuen Spielmodus.
Vor dem vierten Spieltag zeichnen sich aber einige pikante Konstellationen ab, denn ausgerechnet einige der großen Favoriten hinken nicht nur ihren Erwartungen bisher hinterher - sie müssen teilweise mächtig um ihre Qualifikation zittern.
Sehr bedenklich ist die Lage in der Niederlande. Vor wenigen Monaten hat sich die Elftal bei der Weltmeisterschaft noch auf Platz drei vorgespielt, mit nüchternem, klinischem Fußball, der die Defensive in den Vordergrund gestellt hat. Nun ist
Guus Hiddink hat die Mannschaft wieder auf das übliche 4-3-3-System getrimmt und damit drei von vier Spielen bisher verloren, zwei davon im Rahmen der Qualifikationsrunde. Nach der Pleite im Testspiel gegen Mexiko vor wenigen Tagen stellte sich Hiddink selbst ein ungewöhnliches Ultimatum: Sollte Oranje auch das Heimspiel gegen Lettland verlieren, wirft der Bondscoach aus freien Stücken hin.
Sechs Punkte beträgt der Rückstand auf Island und Tschechien bereits, gegen beide Teams hat die Niederlande bereits verloren. Jetzt wird die Lettland-Partie tatsächlich zum dreifachen Schicksalsspiel. Neben Hiddink und der aktuellen Mannschaft steht auch das Oranje-Gen des bedingungslosen Offensivfußballs auf der Kippe.
Noch schlimmer steht in Gruppe A um die Türkei. Die darbt noch hinter Kasachstan mit einem mickrigen Punkt auf dem letzten Tabellenplatz. Eine weitere Niederlage gegen die Kasachen und die Türkei kann sich schon mal auf die Qualifikation zur WM 2018 vorbereiten.
In Gruppe B hinkt Belgien zwar noch ein wenig der Spitze hinterher, mit einem Sieg gegen Spitzenreiter Wales und einer Nachholpartie gegen den Zweiten Israel in der Hinterhand wären die Roten Teufel wieder voll dabei. Deutlich angespannter geht es bei den hoch eingestuften Bosniern zu.
Bei vier Punkten Rückstand auf Israel wird die Partie in Haifa zu einem Schlüsselerlebnis für den WM-Teilnehmer. Mit Zypern, Belgien, Wales und Israel ist die Konkurrenz ebenso zahlreich wie stark für Bosnien-Herzegowina, das bisher noch kein Spiel gewinnen konnte.
Spanien hat in der Gruppe C zwar noch alles selbst in der eigenen Hand, dürfte nach drei Spieltagen aber registriert haben, dass vor allen Dingen in der Ukraine und Spitzenreiter Slowakei ernsthafte Kontrahenten erwachsen sind. Spätestens die Niederlage in der Slowakei hat den Iberern nach der völlig missratenen WM die Augen geöffnet. "Wir müssen die Ausgangslage auf jeden Fall ernst nehmen", sagt Trainer Vicente del Bosque vor dem Duell mit Verfolger Weißrussland.
So eng wie in sonst keiner anderen Staffel geht es in Gruppe E zu. Sehr zum Leidwesen der Schweiz. England zieht mit neun Punkten aus drei Spielen seine Kreise, dahinter balgen sich Slowenien, Litauen, Estland und eben die Eidgenossen um Platz zwei.
Auch in der Schweiz tobt eine Taktikdiskussion: Trainer Vladimir Petkovic lässt offensiver spielen als sein Vorgänger Ottmar Hitzfeld und hat damit bisher kaum Erfolg. Nach dem kompletten Fehlstart mit zwei Pleiten aus zwei Spielen gab es zuletzt ein 4:0 über Fußballzwerg San Marino. Nicht mehr als ein Pflichtsieg - und genau der steht im Heimspiel gegen Litauen nun auch auf der Agenda.
"Ihr würdet selbst mit einem Bein gewinnen", sagt zwar Litauens Ex-Idol Valdas Ivanauskas. "Litauen hat keine Chance, ein Punktgewinn wäre ein Feiertag in Litauen." So viel unterwürfige Demut kann aber eigentlich nur Taktik sein…
Die Niederlande, Belgien und Spanien haben ein paar Probleme, für Bosnien und die Schweiz wird es langsam eng. Und Griechenland, der Europameister von 2004? Greift in Gruppe F bereits jetzt nach dem letzten Strohhalm.
Mit einem Punkt und nur einem erzielten Tor liegen die Griechen schon abgeschlagen auf Rang fünf. Lediglich die Färöer stehen noch schlechter da. Mit Ungarn, Finnland, Rumänien und den überraschend starken Nordiren als Tabellenführer hat es die Gruppe auch in sich. Alles andere als ein klarer Sieg gegen die Färöer ist in der momentanen Situation indiskutabel.
Aber selbst dann wird es schwer werden. Offenbar benötigt die überalterte Mannschaft ein krachendes Ausscheiden, um den nötigen Umbruch endlich zu vollziehen.
Bleiben noch die notorischen Qualifikations-Spätstarter aus Portugal. Wie fast immer müssen die Portugiesen das Feld von hinten aufrollen. Immerhin hat die Mannschaft zuletzt gegen den vermeintlich schärfste Widersacher Dänemark die entsprechende Reaktion auf den Schock der Auftaktniederlage gegen Albanien gezeigt.
Bisher haben die Portugiesen ja immer irgendwie die Kurve gekriegt, und sei es über die ungeliebte Relegation. Und eine Endrunde ohne CR7, der in Frankreich dann auch schon 31 Jahre alt sein wird, mag sich so recht niemand vorstellen.
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