Die letzte Länderspielpause ist vorüber. In 72 Tagen beginnt die Europameisterschaft in Frankreich. Grund genug, um die Form der favorisierten Fußball-Nationen unter die Lupe zu nehmen.
Deutschland: Der Top-Favorit
Deutschland ist als Weltmeister der logische Top-Favorit der Europameisterschaft. Bisher gewannen allerdings erst zwei amtierende Weltmeister den EM-Titel. Im Jahre 2000 gelang dies Frankreich, im Jahre 2012 Spanien. Deutschland scheiterte als amtierender Weltmeister zweimal im EM-Finale. 1976 unterlag die DFB-Elf der Tschechoslowakei, 1992 gegen Dänemark.
Die wackelige EM-Qualifikation hat zwar gezeigt, dass die deutsche Nationalmannschaft nicht unverwundbar ist. Doch die Qualität des Kaders ist unbestritten. Speziell im Tor und im Mittelfeld ist Deutschland das Maß aller Dinge.
Die Effizienz vor dem gegnerischen Tor war in der Qualifikation das Hauptproblem. Immerhin: In den jüngsten Testspielen insgesamt sechs Tore gegen England und Italien erzielt zu haben, stimmt positiv. Für die Abwehr ist es wichtig, dass der verletzte Jerome Boateng bis zur Europameisterschaft seine Form findet.
Seine Schnelligkeit, seine Zweikampfstärke und sein Spielaufbau machen ihn unverzichtbar. Gerade das Spiel gegen England hat offenbart, dass die DFB-Elf ohne
Belgien: Die Nummer 1 der Weltrangliste
Als Favorit gilt auch Belgien, die in der FIFA-Weltrangliste auf dem ersten Platz stehen. Dass das Testspiel in Portugal mit 1:2 verloren ging, sollte nicht zu hoch bewertet werden. Die Mannschaft trat nicht in Bestbesetzung an. Die Top-Spieler Eden Hazard, Vincent Kompany und Kevin De Bruyne wurden gar nicht erst eingeladen. Dabei sind das die Spieler, die den Unterschied ausmachen können.
Bereits bei der Weltmeisterschaft 2014 deutete Belgien großes Potential an, scheiterte dann aber im Viertelfinale am späteren Finalisten Argentinien. Seitdem hat sich die Mannschaft allerdings weiterentwickelt. In der EM-Qualifikation gab es nur eine Niederlage.
Frankreich: Gastgeber mit starker Form
Frankreich ist als Gastgeber ein logischer Titelkandidat. Weil sich die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps nicht für die EM qualifizieren musste, wurden seit der WM lediglich Freundschaftsspiele ausgetragen. Die Form ist vielversprechend: In den letzten acht Spielen gab es sieben Siege. Darunter gegen Nationen wie Deutschland, Portugal oder die Niederlande.
"Auch wenn wir eine sehr junge Mannschaft haben, so spielen doch fast alle bei großen Klubs in Europa", sagte Trainer Deschamps gegenüber dem "kicker". "Natürlich hat unsere Mannschaft große individuelle Qualität, aber alle müssen sich in den Dienst der Mannschaft stellen." Das gelang zuletzt immer besser. Die Zeiten der Unruhen scheinen in der "Equipe tricolore" vorbei zu sein.
Italien: Starker Teamgeist, schwacher Sturm
Das 1:1 gegen Spanien war ordentlich, das 1:4 gegen Deutschland ein kleines Desaster. Nationalcoach Antonio Conte dürfte mit gemischten Gefühlen auf die beiden Testspiele zurückblicken. Allerdings fehlten ihm mit Andrea Barzagli, Marco Verratti und Claudio Marchisio auch drei verletzte Stammspieler.
"Unser Kader ist vielleicht nicht so talentiert wie in früheren Jahren. Aber wir spielen wie ein echtes Team - dank des Trainers", wird Abwehrspieler Leonardo Bonucci vom "Tagesspiegel" zitiert. Tatsächlich soll der Trainer dafür verantwortlich sein, dass in der "Squadra Azzurra" ein starker Teamgeist entstanden ist.
Dass Italien in allen zehn EM-Qualifikationsspielen ungeschlagen blieb, macht einerseits Mut. Andererseits scheint der Sturm nicht den höchsten Ansprüchen gewachsen zu sein. Zudem hat Italien mit Belgien, Schweden und Irland die wohl schwierigste EM-Gruppe abbekommen. Ein frühes Scheitern ist daher nicht ausgeschlossen.
England: Selbst Rooney muss zittern
Die Mannschaft von Trainer Roy Hodgson ist derzeit schwer zu stoppen. In der EM-Qualifikation ist England mit zehn Siegen aus zehn Spielen problemlos durchmarschiert - dies gelang keiner anderen Mannschaft. Die siegreichen Testspiele gegen Deutschland am Freitagabend und gegen Frankreich im November haben bewiesen, dass die "Three Lions" auch große Fußball-Nationen besiegen können.
Zwar gab es gestern eine Niederlage. Doch das 1:2 gegen die Niederlande war sehr unglücklich. England war die aktivere Mannschaft. Zudem hätte das zweite Gegentor wegen eines Fouls nicht zählen dürfen.
Trotz der guten Ergebnisse: Große Stars sind in der englischen Nationalmannschaft kaum zu finden. Und selbst der einzige Mega-Star, Offensivspieler
Portugal: Die Abhängigkeit von Ronaldo
Für die portugiesische Nationalmannschaft ist es gleichermaßen Segen und Fluch, den vermutlich besten Spieler Europas im Kader zu haben. Einerseits ist
In den jüngsten Testspielen gab es ein 2:1 gegen die B-Elf von Belgien und ein enttäuschendes 0:1 gegen Bulgarien. Eine echte Seltenheit: Ronaldo verschoss gegen Bulgarien einen Elfmeter. Portugal kann nur um den Titel mitspielen, wenn auch Spieler wie Nani oder Joao Mario Impulse nach vorne geben. Der Sieg gegen Belgien zeigte immerhin Ansätze davon.
Spanien: Der vierte EM-Titel im Visier
Spanien war die große Enttäuschung der Weltmeisterschaft 2014. Mit nur einem Sieg aus drei Spielen schied der amtierende Europameister in der Vorrunde aus. Nachdem die EM-Qualifikation mit neun Siegen souverän gelang, verliefen die letzten beiden Testspiele eher enttäuschend: 1:1 gegen Italien, 0:0 gegen Rumänien.
"Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit unseren Leistungen", sagte ein wütender Trainer Vicente del Bosque. Hauptproblem war, dass der Angriff nur wenige Bälle auf das gegnerische Tor bekam.
Allerdings sind die Spanier dafür bekannt, bei Testspielen mit angezogener Handbremse zu spielen. Zudem fehlten die angeschlagenen Mittelfeld-Strategen Sergio Busquets und Andres Iniesta. Bei der Europameisterschaft ist mit einer stärkeren Truppe zu rechnen.
Polen: Der Geheimtipp um Lewandowski
Polen präsentiert sich bereits jetzt in starker EM-Form. Die letzten vier Testspiele wurden allesamt gewonnen. Auch Deutschland hat bereits Bekanntschaft mit der Qualität Polens gemacht. In der EM-Qualifikation endete das erste Aufeinandertreffen mit 0:2.
Stürmer Robert Lewandowski ist im Trikot der polnischen Nationalmannschaft fast noch treffsicherer als bei den Bayern. In den zehn Qualifikationsspielen gelangen ihm 13 Tore. Zudem ist gerade die rechte Seite mit Jakub Blaszczykowski und Łukasz Piszczek stark besetzt. Deutschland muss sich also auf einen starken Gegner gefasst machen, wenn es im zweiten Gruppenspiel gegen die Polen geht.
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