- Englands Nationalspieler Raheem Sterling hatte keine leichte Kindheit, kämpfte schon früh mit Widerständen.
- Am Sonntag könnte er sich im EM-Finale gegen Italien in seiner alten Nachbarschaft krönen.
- Kapitän Harry Kane hingegen träumt bereits vom Titel.
Raheem Sterling war gerade mal zehn Jahre alt, als sein Lehrer ihm seine Zukunft aufzeigte. "Wenn du so weiter machst wie bisher, wirst du mit 17 entweder für England spielen oder im Gefängnis sitzen", sagte Chris Beschi dem kleinen Raheem. Sterling fiel in der Schule eher durch Ungehorsam als durch gute Noten auf. Trotzdem dürfte Beschi damals nicht geahnt haben, wie richtig er mit seiner Vorhersage liegen würde. Der heute 26-jährige Sterling ist zwar nicht im Knast, aber er spielt seit Jahren für Englands Fußball-Nationalmannschaft. Und wie er das tut.
Schon vor dem EM-Finale am Sonntag (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV, bei uns im LIVE-TICKER) gegen Italien zählt der Flügelstürmer von Manchester City zu den besten Spielern des Turniers. Genauso unberechenbar wie damals in der Schule verhält Sterling sich auf dem Platz.
Er begeistert mit Hochgeschwindigkeit-Dribblings, wenn England sie am dringendsten braucht: Zuletzt beim 2:1-Sieg im Halbfinale gegen Dänemark etwa war es Sterling, der den entscheidenden Elfmeter von
Sterling greift nach erstem großen Titel mit den "Three Lions"
Gegen die Italiener greift er nun nach seinem ersten großen Titel mit den "Three Lions". 55 Jahre mussten die Engländer warten, um das Finale eines großen Turniers zu erreichen. Auch dank Sterling schrieben sie Geschichte, am Sonntag soll das goldene Kapitel folgen. "Ich habe immer gesagt, dass ich ein großer Fan von Raheem bin. Ich fände es großartig, wenn er der Spieler des Turniers würde", sagte Englands Abwehrspieler John Stones. "Er hat schwierige Zeiten erlebt. Aber das ist es, was Top-Spieler ausmacht. Wenn die Dinge nicht gut laufen, finden sie einen Weg, gestärkt daraus hervorzugehen." Genau das ist Sterling gelungen.
Als er gerade zwei Jahre alt ist, wird sein Vater in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston erschossen. Im Alter von fünf Jahren zieht er mit seiner Mutter nach London, Sterling wächst in unmittelbarer Nähe zum Wembley-Stadion auf. Er beginnt schon früh, von einer Karriere als Fußballer zu träumen, seine Leistungen in der Schule leiden darunter. "Ich wollte einfach auf niemanden außer meiner Mutter hören.
Das war mein Problem", schrieb er vor einiger Zeit in einem offenen Brief auf der Sportler-Plattform "The Player's Tribune". Es gibt Ärger mit den Lehrern, nur eine Sache zieht Sterling mit aller Konsequenz durch: seine Laufbahn als Fußballer.
Mittlerweile ist Sterling längst ganz oben angekommen. Als Kapitän Harry Kane in der Vorrunde noch nicht ins Turnier fand, erzielte Sterling die Tore. Jetzt steht Kane bei vier Turniertoren, bester Mann gegen die Dänen war aber erneut Sterling. Trotzdem galt er auf der Insel lange nicht als unumstritten. Als er 2015 vom FC Liverpool nach Manchester wechselte, warfen ihm etliche Fans Geldgier vor. Anschließend hatte er immer wieder mit rassistischen Beleidigungen zu kämpfen. Vor der EM gab es auch sportliche Probleme, weil City-Trainer Pep Guardiola ihn in einigen Schlüsselspielen nur auf der Bank gelassen hatte.
England-Coach Gareth Southgate dagegen hat immer an ihn geglaubt. "Er ist ein Kämpfer", sagte der 50-Jährige über Sterling. "Sein Antrieb ist fantastisch. Wir kennen seine Reise im Nationalteam und ich freue mich sehr, dass er seine Leistungen bringt." Darauf setzt der Trainer auch am Sonntag. Eine Krönung in Wembley wäre für Sterling etwas ganz Besonderes. Er würde den EM-Pokal dann in seiner alten Nachbarschaft in die Höhe stemmen können.
Harry Kane träumt bereits vom Titel
Englands Kapitän Harry Kane träumt indes bereits vom Titel. Auf die Frage von Reportern, ob er sich schon gedacht habe, wie es wohl wäre, nach dem Spiel den Pokal in die Höhe zu stemmen, sagte Kane: "Natürlich denkst du als Spieler an diesen Moment, du träumst von diesem Moment." Er träume bereits seit seiner Kindheit davon, Titel für sein Land zu gewinnen, sagte der 27-Jährige. "Und jetzt haben wir die Möglichkeit dazu."
Die Engländer stehen erstmals überhaupt in einem EM-Finale. "Das ist das bislang größte Spiel in meiner Karriere, wahrscheinlich sogar das größte Spiel all unserer Karrieren", sagte der Starstürmer der Tottenham Hotspur mit Blick auf seine Teamkollegen. "Ich denke, das wird ein 50/50-Spiel. Natürlich glauben wir daran, dass wir das Spiel gewinnen können. Aber wir wissen auch, dass es sehr hart wird. Sie haben einige großartige Spieler mit großer Erfahrung."
Sollten die Three Lions tatsächlich gewinnen, würden sie ihren erst zweiten Titel nach der WM 1966 holen. "Wir müssen aufgeregt sein und uns darauf freuen. Aber klar, wie in jedem Fußballspiel wollen wir vor allem gewinnen. Dafür muss am Sonntag alles passen", sagte Kane. (pak/dpa)
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