Die meiste Zeit des Jahres steht Fritz Grampelhuber in der Küche seines Familienbetriebs in Bad Goisern am Hallstättersee. Aber zwei Monate im Jahr reist er mit der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft um die Welt. So auch jetzt – in der heißen Phase der EM in Deutschland.
Den Steegwirt im oberösterreichischen Salzkammergut gibt es schon seit 1571, also seit über 450 Jahren. Hier ist normalerweise die Domäne von Fritz Grampelhuber, gerade erst von Teamchef
Aber zwei Monate im Jahr geht es für Grampelhuber mit dem ÖFB-Team rund um die Welt: Er begleitete die Mannschaft schon nach Kasachstan, wo er auf offenem Feuer gekocht hat. In Israel war freitags ab 16:00 Uhr wegen des Schabbats niemand mehr erreichbar, was ihn vor ganz neue Herausforderungen stellte, weil: Seine Jungs brauchten schließlich etwas zu essen.
Auch die Lieblingsspeisen seiner Schützlinge kennt der 40-Jährige und hat sie "Oberösterreich Tourismus" verraten: Gamskäsekrainer für
Am Dienstag um 21:00 Uhr steigt das Achtelfinal-Match gegen die Türkei (hier live bei uns im Ticker). Wir haben vorab nachgefragt, ob die Stimmung in der Nationalmannschaft wirklich so gut ist, wie sie auf Social Media wirkt, was vor so einem wichtigen Spiel auf den Tisch kommt und was Grampelhuber zur "Team-Mama" macht.
Herr Grampelhuber, wie viel muss man von Fußball verstehen, um Team-Chefkoch zu werden?
Fritz Grampelhuber: Man muss vermutlich nicht viel davon verstehen, wobei ich mir schon zu sagen traue, dass ich etwas davon verstehe. Aber die Qualität von dem, was du kochst, ist viel wichtiger. Und das Persönliche: Ob du zugänglich bist, Späße machst und einem Spieler auch einmal zuhörst, wenn es ihm vielleicht nicht so gut geht.
Teamchef Ralf Rangnick hat Sie in einem Interview in der "Zeit im Bild 2" als "wahrscheinlich besten Mannschaftskoch Europas" bezeichnet. Was machen Sie besser als die anderen?
Kann ich nicht sagen, weil ich die Köche der anderen Nationen nicht kenne. Es hat der eine oder andere Spieler schon einmal gesagt, weil ich die "gute Seele" bin und jemand, auf den man sich verlassen kann.
Sie sind seit 2016 Koch der österreichischen Herren-Nationalmannschaft. Ist damit für Sie ein Traum in Erfüllung gegangen?
Ja, sicher. Wie fast jeder Bub habe ich auch Fußball gespielt als Kind. Und natürlich träumst du davon, einmal Profi zu werden. Es ist sich nicht ganz ausgegangen. (lacht) Als Koch habe ich es jetzt eigentlich doch irgendwie ins Nationalteam geschafft. Das erfüllt einen sehr wohl mit Stolz.
Welche Rolle nehmen Sie in der Mannschaft ein? Xaver Schlager hat Sie in der Canal+-Doku "Teamgeist - Unser Weg" als "die Team-Mama" bezeichnet und
Jaaa, schon. Ich habe dem Xaver schon ein Vieraugengespräch angekündigt, wenn er wieder fit ist, das Wort "Team-Mama" hängt mir überall nach. Natürlich merke ich, wenn ein Spieler schlecht drauf ist. Dann gehe ich hin und rede mit ihm, man quatscht vielleicht auch über private Sachen, die nichts mit Fußball zu tun haben. Oder wenn jemand verkühlt ist, dann mache ich ihm halt einen Tee mit Ingwer. Insofern würde ich mich schon so sehen, aber das Wort "Mama" vom Xaver taugt mir gar nicht. Da haben wir noch ein ernsthaftes Gespräch vor uns. (lacht) Aber ich weiß, wie er es meint, und das ehrt mich.
Es berührt mich auch sehr, wenn zum Beispiel Michael Gregoritsch in der Doku sagt, dass ich menschlich einer von denen bin, die man im Leben ganz selten kennenlernt. Das sind Worte, die du mit Geld nicht aufwiegen kannst.
Was man in sozialen Medien so mitbekommt, wirkt die Stimmung im Team absolut grandios. Ist das wirklich so?
Das sieht nicht nur von außen so aus, das ist wirklich so. Die Stimmung ist sensationell. Wir sind einfach ein geiler, verrückter Haufen. Man kann sich das nicht vorstellen. Wir sind jetzt seit 28. Mai zusammen. Natürlich gibt es auch mal Streit, aber es ist ein Geben und Nehmen. Ich war kürzlich ein bisschen krank, dann kommen die Spieler und fragen mich, ob sie mir einen Tee kochen sollen. Jeder ist für den anderen da.
Wer sind die größten Stimmungstreiber unter den Spielern?
Schwere Frage. (überlegt) Baumi (Christoph Baumgartner, Anm. d. Red.) ... ganztags, Marko (Arnautović, Anm. d. Red.) ab 13:00 Uhr. (lacht) Der ist ein Morgenmuffel. Aber eigentlich ist jeder auf seine Art ein Stimmungsmacher. Der eine ist halt ein bissl lauter, der andere ein bissl leiser. David macht auch viel aus.
Sie haben sogar Ihren Labrador nach David Alaba benannt. Was verbinden Sie sonst noch mit ihm?
Ich habe den Hund vor zwölf Jahren so genannt, kurz nachdem ich angefangen habe, damals noch als Teamkoch für die U20-Mannschaft. Bei einer Weltmeisterschaft ist man gleich mal einen Monat mindestens weg. Meine Frau meinte damals, dich sehe ich eh nie, dann nennen wir wenigstens den Hund so. Und Bayern-Fan war ich auch, so kam das zustande. David weiß das und wir scherzen immer wieder darüber. Er hat mir versprochen, wenn der Hund mal nicht mehr ist, dass er mir einen Welpen schenkt, aber nur, wenn wir ihn Alaba 2.0 nennen. David kenne ich schon so lange, er ist für mich einfach ein wunderbarer Mensch.
Wie viel macht es aus Ihrer Sicht aus, dass Alaba als "non-playing captain" bei der EM mit dabei ist?
Es schmerzt mich, dass er "nur" als "non-playing captain" mit dabei ist, weil er extrem wichtig ist für die Mannschaft. David ist eine Persönlichkeit nach außen und nach innen für die Mannschaft. Er ist ein Stimmungsmacher, Vollgas. Er ist aber auch einer, der zuhört und nachfragt, wie es einem geht.
Kommen wir zum Kulinarischen. Nur wer sich gut ernährt, kann Top-Leistungen bringen. Wie sieht der Speiseplan in so einer entscheidenden Phase des Turniers aus?
Den Menüplan habe ich im Jänner geschrieben - bis zum Finale. Nicht, weil wir so überheblich sind und sagen, wir kommen ins Finale, sondern weil ich planen muss. Unser Ernährungsberater (Martin Rinderer, Anm. d. Red.) schaut noch drüber.
Aber der ist für mich eh ein Lotto-Sechser, weil er zu mir sagt: "Fritz, es ist nicht wichtig, was du kochst, sondern wie du es kochst und mit welchen Produkten." Ich kann im Grunde alles machen, bis hin zu Innereien, ich muss nur wissen, wo die Produkte herkommen. Und du musst natürlich auch wissen, wann du was kochst. Am Match-Tag machen wir eher kein Cordon bleu vor dem Spiel.
Wie sieht das Essen an einem Match-Tag aus? Wie oft müssen die Spieler essen?
Von halb neun bis zehn gibt es Frühstück, dann ein Mittagessen, nachmittags einen Pre-Match-Snack und dann nach dem Spiel in der Nacht essen sie noch. Heute kocht mein Bruder Tamino, weil ich nicht in Berlin Mittagessen zubereiten und die Mannschaft dann direkt in Leipzig erwarten kann. Er ist vorgestern schon nach Leipzig geflogen. Um halb drei in der Nacht kommen sie nach dem Spiel wieder in Berlin an und bekommen hier bei mir noch etwas.
Und was steht an einem Spieltag wie heute auf dem Tisch?
Das Frühstück ist ein großes Buffet mit verschiedenen Müslis, Eiergerichten, Joghurts, frisch gepressten Säften und Smoothies. Zu Mittag ... da verarschen mich die Spieler immer ... "Gibt's heute wieder das Einser-Menü?" Weil das ziemlich simpel gehalten ist und es gibt immer dasselbe: Hähnchenbrust natur, Fischfilet, Marktgemüse, Kartoffelpüree, Hühnersuppe. Das ist auch sehr fad zum Kochen. Nachmittags gibt es noch ein Pasta-Buffet, Toast, Porridge und solche Sachen.
Nach dem Spiel richtet der Ernährungsberater direkt in der Kabine Shakes her. Es gibt auch eine Erdäpfelsuppe, die wir vorkochen und die dort warm gemacht wird. Wenn die Spieler dann ins Hotel kommen, ist es wichtig, dass sie noch einmal richtig essen. Da machen wir dann auch Dinge wie Pizza, Käsekrainer und Pasta.
Wie viel Ungesundes ist für einen Profi erlaubt und was ist in einer Hochleistungsphase absolut tabu?
Was ist denn schon wirklich ungesund? Das betone ich jetzt noch einmal: Die Qualität der Produkte ist das Entscheidende. Zwei Tage vor dem Spiel schaut man natürlich schon darauf, dass die Spieler die richtigen Nährstoffe bekommen.
Wer kommt immer als Erster zu Tisch, wer als Letzter?
Das kommt darauf an: in der Früh, zu Mittag oder am Abend? Philipp Lienhart ist immer der Erste in der Früh. Mittags und abends müssen sie eh immer alle gleichzeitig kommen.
Wer ist der heikelste Esser der Mannschaft?
Die sind überhaupt nicht heikel. Das sind alles bodenständige Leute.
Kommen wir noch kurz zum Fußball. Welche Spiele haben Sie sich bisher live anschauen können?
Bei der Euro gar keine. Wenn die Spieler zurück ins Hotel kommen, muss alles perfekt sein. Und da bin ich da. Es ist auch nicht mein Job, Spiele anschauen zu gehen, sondern dass ich sie so gut wie möglich verpflege. Im Fernsehen schaue ich mir die Spiele schon an. Die erste Halbzeit verfolge ich meistens noch im Zimmer, und später nebenher in der Küche am Handy. Ich kann auch in der Küche mitfiebern.
Über den Gesprächspartner
- Fritz Grampelhuber (40) ist seit der Fußball-EM 2016 in Frankreich Koch der österreichischen Herren-Nationalmannschaft. Wenn er nicht mit den Spielern um die Welt reist, kocht er im Steegwirt in Bad Goisern im Salzkammergut. Den Betrieb führt er in bald 20. Generation gemeinsam mit seinem Bruder Tamino. Drei Rezepte aus dem Steegwirt finden Sie auf "Oberösterreich.at". Noch mehr Rezepte aus Oberösterreich finden Sie unter www.oberoesterreich.at/rezepte.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.