Spanien hat das Finale der Europameisterschaft 2024 gegen England gewonnen. Die Mannschaft von Luis de la Fuente hat sich nach einer furiosen zweiten Halbzeit gegen das Team von Gareth Southgate durchgesetzt. Für England ist es das zweite verlorene EM-Finale nach 2021.

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Spanien ist nun mit vier Titeln alleiniger Rekordsieger bei Europameisterschaften, für England wäre es der erste Titel seit 1966 gewesen. Sie verloren hingegen das zweite Finale in Folge. Mit 2:1 (0:0) setzten sich die Spanier durch. Die Tore schossen Nico Williams (47.), Cole Palmer (73.) und Mikel Oryazabal (86.).

Was vom Spiel hängen bleibt: Harmlose erste Hälfte, furioser zweiter Durchgang

Das Spiel begann statisch und entwickelte sich in der ersten Halbzeit kaum voran. Beide Mannschaften tasteten sich ab, gingen kaum ins Risiko. Auf ein Angriffsspiel der Spanier folgte ein Konterversuch der defensiver ausgerichteten Engländer. Die Spanier, die die DFB-Elf im Viertelfinale aus dem Turnier warfen, hatten von Beginn an mehr Ballbesitz und machten das Spiel.

Gefährliche Momente gab es in der ersten halben Stunde kaum. Fabian probierte es aus einigen Metern Entfernung mittig aufs Tor, doch Jordan Pickford hatte mit dem abgefälschten Ball keine Mühe (28.). Phil Foden bekam nach einem Freistoß den Ball, doch sein Winkel aufs Tor war zu spitz, sein Schuss deshalb zu harmlos, Spaniens Torhüter Unai Simon hielt im Nachfassen (45.+1).

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So statisch die erste Halbzeit begann, so furios startete die zweite – mit einem Tor für Spanien: Dani Carvajal passte den Ball perfekt über die rechte Außenbahn zu Lamine Yamal, der nach innen zog und perfekt in den Lauf von Nico Williams auf links legte. Kyle Walker kam nicht mehr dran, Pickford ebenso wenig (47.). Keine drei Minuten später probierte es der Leipziger Dani Olmo mit einem Schuss neben das Tor (49.). Endlich war Feuer im Spiel. Mittelstürmer Alvaro Morata und Nico Williams hatte beide dicke Chancen in den Folgeminuten.

Erst die Einwechslung Cole Palmers brachte Furore in die Partie: Der Stürmer, der für den glücklosen Harry Kane kam, fasste sich ein Herz und traf aus über 20 Metern Entfernung. Ein Traumtor, nicht einmal drei Minuten nach seiner Einwechslung (73). Doch am Ende hatte das spanische Offensivspiel Oberwasser: Nach beeindruckender Flanke Cucurellas über links traf Mikel Oryazabal aus nächster Nähe (86.).

Mikel Oyarzabal
Die Grätsche ins Glück: Mikel Oyarzabal trifft kurz vor Schluss zum 2:1 für Spanien. © AFP/ADRIAN DENNIS

Die Stars des Spiels: Fast-Geburtstagskind Lamine Yamal und Cole Palmer

Für den Teenager Lamine Yamal dürfte die EM 2024 die spannendste Zeit seines Lebens gewesen sein. Zuerst der Treffer ins Finale, dann der 17. Geburtstag – und dann spielte er auch noch eine so tragende Rolle im Finale. Yamal passte den entscheidenden Ball auf Nico Williams zum Führungstreffer und war an mehreren weiteren Chancen beteiligt.

Wie wichtig Joker sein können, zeigt einmal mehr Cole Palmer. Der Stürmer vom FC Chelsea stand genau richtig, nachdem er gerade erst ins Spiel gekommen war und brachte neuen Schwung in die Partie. Dieselbe Qualität hatte er auch schon im Halbfinale gezeigt.

Cole Palmer jubelt nach seinem Ausgleichstreffer im EM-Finale
Cole Palmer jubelt nach seinem Ausgleichstreffer im EM-Finale. © AFP/JAVIER SORIANO

Die Szene des Spiels: Ein furioser Auftakt in die zweite Halbzeit

Nachdem die ersten 45 Minuten der Partie so lähmend waren, packte sich Nico Williams ein Herz – und brach den Damm. Endlich ein Tor, endlich Action im Spiel. Nach glänzender Vorarbeit war von Carvajal passte Lamine Yamal genau richtig in den Lauf von Nico Williams – ein brillanter Schachzug, dem weitere Torchancen folgten.

Lehren des Spiels: 1. Von der Trägheit eines Finalspiels

Das EM-Finale in Berlin zeigte einmal mehr, wie ereignisarm Endspiele von großen Turnieren sein können, etwa der deutsche Triumph in Brasilien 2014, der erst in der Verlängerung entschieden wurde oder das EM-Finale 2021, das Italien erst im Elfmeterschießen gewann: Mannschaften neigen dazu, zu taktieren und zu wenig Risiko einzugehen.

So auch beim EM-Finale: Die offensiv starken und bemühten Spanier wollten gegen defensiv und konterstarke Engländer lieber nicht zu sehr ins Risiko gehen. Die Abschlüsse der Iberer deshalb trotz viel Spielkontrolle harmlos, etwa Fabiáns Schuss (28.). Die Engländer spielten zeitweise offensiver, hatten aber auch kaum Ideen. Erst in der zweiten Halbzeit trauten sich beide Mannschaften nach vorn.

2. Southgate: Kein Händchen für kreatives Spiel, aber für Einwechslungen

Nachdem die "Three Lions" im Halbfinale gegen die Niederlande erstmals in diesem Turnier ein attraktives Spiel zeigten, fielen sie im Finale direkt in alte Muster zurück. Die Mannschaft von Gareth Southgate zeigte wenig Initiative nach vorn, konzentrierte sich meist auf das Absichern und war planlos, wenn es den Weg vor den gegnerischen Kasten fand. Einzig die gute Chance durch Phil Foden kurz vor der Halbzeit hob sich davon ab.

Selbst das schockierende Gegentor kurz nach Wiederanpfiff brachte die Engländer nicht dazu, ihre Taktik zu ändern. Offensiv kam recht wenig zustande – bis Southgate wieder einmal den richtigen Riecher hatte, wer dem Spiel guttun könnte. Cole Palmer traf nur drei Minuten nach seiner Einwechslung (73.). Schon im Halbfinale hatte er nach seiner Einwechslung den Siegtreffer für Ollie Watkins vorgelegt. Am Ende brachte aber auch das nicht viel.

3. Spanien beherrscht den Teamgedanken

Das Erfolgsgeheimnis der Spanier: Alle Spieler denken immer auch für ihre Mitspieler mit. Bewegt sich einer, bewegen sich gleich mehrere – alle schauen, wo sie hingehören und wie sich gerade ins Spiel einbringen können. Beim 1:0 zeigte sich dieses Spiel zur Perfektion: Das Positionsspiel von Carvajal, Yamal und Williams fügte sich perfekt ineinander, alle wussten, wohin der jeweils andere laufen würde – und wohin der Ball gehen muss.

Die Rollen der Spieler sind nicht mehr so starr wie einst: Die Außenbahnspieler Cucurella und Carvajal waren enorm wichtig für das Tempo, doch sie bewegten sich nicht ausschließlich auf den Flügeln, sondern zogen ebenso nach innen, um die englischen Gegenspieler aus dem Spiel zu nehmen. Die Flügelstürmer Yamal und Williams zeigten sich ebenso flexibel vor dem Tor.

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