Lea Feder ist ehemalige Radrennfahrerin und angehende Ärztin, die sich auf den weiblichen Zyklus spezialisiert hat. Sie sagt: Sportlerinnen sollten ihr Training und ihre Ernährung an den Zyklus anpassen, Hormonstörungen und weniger Leistungsfähigkeit können sonst die Folge sein.
Der weibliche Körper funktioniert anders als der männliche – insbesondere bei Frauen, die einen Zyklus haben. Wer gerade seine Periode hat, fühlt sich häufig schwächer oder haben mit Schmerzen zu kämpfen. Der englische Fußballverband FA verpflichtet ab sofort die Erst- und Zweitligisten, Kurse zur Frauengesundheit zu absolvieren.
Auch im deutschen Fußball wird häufiger über das den weiblichen Zyklus gesprochen, der Menstruationszyklus im Training berücksichtigt. Lea Feder ist ehemalige Radsportlerin und angehende Ärztin. Sie hat ein Buch über zyklusbasiertes Training geschrieben und erklärt im Interview, weshalb das auch für Hobbysportlerinnen relevant ist.
Diäten wirken bei Frauen anders als bei Männern
Frau Feder, warum lohnt es sich, mehr über den Zyklus der Frau zu sprechen?
Lea Feder: Viele Empfehlungen, ob im Sport oder in der Medizin, basieren auf Studien mit Männern. Frauen funktionieren – gerade, wenn sie ihren Zyklus haben – anders. Es ist wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten, da viele Frauen kaum Wissen über ihren eigenen Körper haben und deshalb Methoden ausprobieren, die für Männer konzipiert sind. Damit kommen sie oft nicht zum Erfolg.
Sie kommen selbst aus dem Leistungssport. Welche Erfahrung haben Sie gemacht?
Rückblickend war es ein Verpflegungsproblem. Ich hatte das Wissen nicht, dass sich Frauen in bestimmten Zyklushälften anders verpflegen müssen und dass Diäten bei Frauen eine andere Wirkung haben als bei Männern. Bei Frauen schlagen zum Beispiel Diäten schneller um in eine Hormonstörung, dann kann es sein, dass sie keinen Zyklus mehr bekommen. So ist mir das passiert.
Ist es besonders für Sportlerinnen also wichtig, auf den Zyklus zu achten – oder gilt das für jede Frau?
Für mich gehört jede Frau, die ab und zu Sport macht, in die Kategorie Sportlerin. Deshalb lohnt es sich, sich mit dem Zyklus zu beschäftigen. Viele Frauen denken, wenn sie keinen oder kaum Sport machen, betrifft es sie nicht. Aber oft kommen Frauen mit einer sekundären Amenorrhoe (einer fehlenden Regelblutung, wenn man normalerweise eine hat, Anm. d. Red.) zu uns, die nur zwei oder dreimal die Woche nüchtern joggen gehen – und von sich nicht denken, dass sie betroffen sind. Auch ohne Leistungssport kann man seinen Zyklus durcheinanderbringen, zum Beispiel mit Low-Carb-Diäten (Diät, bei der man nur wenige Kohlenhydrate zu sich nimmt, Anm. d. Red.) zur Gewichtsreduktion.
Zyklusstörungen durch falsche Ernährung
Wie viel Prozent der Frauen betrifft die Zyklusstörung durch falsche Ernährung oder durch Sport?
Es gibt verschiedene Studien, die das untersuchen. Sicher gibt es eine hohe Dunkelziffer. Im Leistungssportbereich sprechen wir über eine zweistellige Prozentzahl. Alle Frauen, die einen Zyklus normalerweise haben, eingeschlossen, sind es zwei bis drei Prozent.
Sie waren Leistungssportlerin, hatten keinen Zyklus mehr, ihre Gynäkologin meinte, es dauert etwa fünf Jahre, bis Sie überhaupt wieder Kinder bekommen könnten. Wie haben Sie in der Folge getan?
Mein Training habe ich gar nicht so sehr verändert, ich habe vor allem die Verpflegung verändert. Ich habe mehr Kohlenhydrate während des Trainings zugeführt und ich habe geschaut, dass ich an den Trainingstagen die verbrauchten Kalorien auch wieder zu mir nehme. Davor habe ich oft die verbrannten Kalorien an den Ruhetagen wieder zu mir genommen, deshalb hat die Kalorienbilanz in Summe gestimmt. Das Timing habe ich aber unterschätzt.
Was bedeutet das konkret? Was kann jede Hobbysportlerin davon mitnehmen?
Ich würde nicht mehr nüchtern trainieren. Ich würde drei Stunden vor dem Training etwas essen, was auch Kohlenhydrate enthält. Ich empfehle, keine Low Carb- oder No-Carb-Diäten zu machen, gerade in Kombination mit Sport. Während des Trainings sollte man ausreichend Kohlenhydrate zu sich nehmen, 30 bis 40 Gramm pro Stunde, zum Beispiel in Form von Gels oder Riegeln.
In Ihrem Buch beschreiben Sie, wie Training und die Zyklusphase voneinander abhängen. Der Zyklus besteht aus vier Phasen. Kann man vereinfacht sagen: Vor und während des Eisprungs sind intensive Einheiten gut, vor und während der Menstruation sollte man locker trainieren?
Bei diesem Punkt sage ich gern vorweg, dass er nicht mehr gesundheitsrelevant ist. Hier geht es mehr um Trainingsspezifik. In der ersten Zyklushälfte fällt es den meisten Frauen leichter, hochintensives Training zu machen, der Körper ist eher anabol, also muskelaufbauend, eingestellt. Der Körper kann die Trainingsreize gut verarbeiten. In der zweiten Zyklushälfte, vor allem in der Woche vor der Periode, ist es für Frauen schwieriger, sich zu motivieren, zum Beispiel aufgrund von Darmproblemen. Der Körper ist eher abbauend eingestellt, also katabol. Er ist weniger gut in der Lage, Trainingsreize umzusetzen. Die Regeneration ist massiv verlangsamt, die Hitzetoleranz ist extrem reduziert, weil die Körperkerntemperatur erhöht ist. Man muss viel mehr richtig machen, um in dieser Phase auch hochintensive Leistung absolvieren zu können. Es gibt keine Studie, die beweist, dass man weniger leistungsfähig wäre, das ist nur schwerer zu erreichen.
Was passiert, wenn man gegen seinen Zyklus trainiert?
Auch das ist vor allem eine Frage der Verpflegung. Der Körper funktioniert einfach anders in verschiedenen Zyklusphasen. Wenn ich nicht darauf achte und mich in der zweiten Zyklushälfte genauso verpflege wie in der ersten, kann ich gesundheitliche Schäden bekommen, weil der Körper in der zweiten Zyklushälfte mehr Kohlenhydrate braucht.
Wie geht es Frauen, die die Pille nehmen? Spüren sie auch diese Auswirkungen?
Frauen, die die Pille nehmen, haben keinen natürlichen Zyklus, die Pille walzt ihn platt. Die Abbruchblutung ist nicht vergleichbar mit der richtigen Periode. Wichtig ist: Wenn man morgens nüchtern laufen geht, hat man trotzdem das Problem eines Energiemangels. Das ist die Crux an der Sache: Aufgrund der Pille bekommt man die Unterversorgung nicht richtig mit und weiß somit auch nicht, dass der Körper den eigenen Zyklus nicht schaffen würde. Männer können wegen des Testosterons besser mit Nüchtern-Sport umgehen als Frauen, egal, ob sie die Pille nehmen oder nicht.
Wie nehmen Sie die Entwicklung in dem Bereich wahr: Nehmen Vereine und Sportler mehr Rücksicht auf zyklusbasiertes Training als noch vor ein paar Jahren, als Sie Leistungssport betrieben haben?
Das Thema ist gerade sehr präsent. Viel häufiger werden Ausbildungen zur Zyklusexpertin angeboten. Ich nehme auch wahr, dass sich neben den Sportlerinnen auch mehr Trainer mit dem Thema beschäftigen. In den vergangenen zwei Jahren ist extrem viel passiert. Es ist vom Tabu zum Trend geworden. Ich selbst hatte so viele Anfragen, dass ich noch eine Firma gegründet habe, die sich nur damit beschäftigt.
Wo soll der Trend hingehen?
Ich würde mir wünschen, dass das Thema allgemein einen höheren Stellenwert bei Sportlerinnen und Vereinen einnimmt. Ich bin davon überzeugt, dass es das Leben vieler Frauen deutlich leichter macht, wenn sie ihren Körper besser verstehen und mit ihrem Körper besser arbeiten können. Ich wünsche mir aber auch, dass das Thema in den Ausbildungen noch mehr Einzug hält, etwa im Sport- oder Medizinstudium, sowie in Trainerlizenz-Lehrgängen..
Verwendete Quellen:
- Lea Feder: "Dein Zyklus, dein Training" (Riva-Verlag, 1. Auflage, 2024)
Über die Gesprächspartnerin:
- Lea Feder, Jahrgang 1991, ist ehemalige Radsportlerin und angehende Ärztin.
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