Sprache verändert sich – das gilt auch im Fußball. Daraus ist ein Projekt entstanden, das unterstützt, diskriminierungsfrei zu formulieren: Sprachkick.
"Man weiß ja bald gar nicht mehr, was man noch sagen darf." Kommt Ihnen das bekannt vor? Ist natürlich eine Schutzbehauptung, eine Bequemlichkeit, in der steckt: "Ich möchte mir keine Gedanken darum machen müssen, ob meine Sprache andere Menschen verletzt."
Früher, ach, da konnte man im Stadion noch unbelästigt das N-Wort rufen, der Ollen im Block neben sich mitteilen, sie wäre entspannter, wenn ihr Alter mal wieder über sie drüber rutscht – und seine Wut über nervige Schiedsrichter*innen-Entscheidungen rauslassen, indem man sie lautstark be_h**dert schimpft. Heute muss man sich stattdessen mit Texten wie diesen rumschlagen, voller Sonderzeichen – und dazu noch Begriffe, die nicht mehr ausgeschrieben werden.
Sprache verändert sich und das ist gut so. Instinktiv verstehen das auch Leute, die Änderungen mit einer Verweigerungshaltung gegenüberstehen. Das sieht man sehr schön daran, dass jene, die es in zwanzig Jahren nicht gelernt haben, das Wort "Schaumkuss" neu in ihren Wortschatz aufzunehmen, auf der anderen Seite mit Begeisterung gegen eine "woke Bubble" wettern – also sehr wohl in der Lage sind, ihr persönliches Vokabular zu erweitern. Es liegt niemals daran, nicht dazulernen zu können. Die Frage ist immer eine des Wollens.
Es ist immer eine Willensfrage
Wieso ist Sprache auch im Fußballkontext wichtig? Weil das Stadion offen, divers und inklusiv sein soll, ein Raum für alle, die den Sport lieben, hier zusammenkommen und eine gute Zeit haben wollen. Es mag ungewohnt und sperrig sein, sich mit Begriffen wie Ableismus oder der Frage nach der sensiblen Bezeichnung für bestimmte Gruppen auseinanderzusetzen, aber die andere Möglichkeit wäre, dass Gruppen weiter sprachlich herabgesetzt oder verletzt werden – sprich: keine Alternative. Wenn der Kollege aus dem Controlling bei der Hochzeit den Namen seiner Frau annimmt, klappt die Umstellung ja auch. So ist jedes Wort, das wir gelernt haben, durch andere Begriffe ersetzbar. Wie gesagt: Es ist immer eine Willensfrage.
Zutreffend ist, dass an vielen Stellen Unsicherheit darüber besteht, welcher Begriff passend ist. Und das wiederum ist normal und unproblematisch, denn wie oben beschrieben: Sprache ändert sich, ist wie ein lebendiger Organismus, verharrt nicht, sondern entwickelt sich immer weiter. Fragen zu haben, sie zu stellen, unsicher zu sein, das ist völlig okay. Umso besser, wenn die Antworten an einem vertrauensvollen Ort von vielen Menschen zusammengetragen sind, die sich intensiv und behutsam mit diesen Themen auseinandersetzen.
Das ist nun geschehen, dank der Initiative der Fachberatungsstelle KickIn!, in Kooperation mit dem DFB und der Aktion Mensch sowie unterstützt von der DFL. Die Partner*innen haben die Plattform "Sprachkick - für diskriminierungsfreie Sprache im Fußball" erarbeitet, auf der in verschiedenen Kategorien sensible Bezeichnungen für unterschiedliche Gruppen aufgeführt sind. Unterstützt wird die Initiative von Prominenten aus dem Fußball, darunter Riem Hussein, Alon Mayer und Célia Sasic. Organisationen aus Sport, Gesellschaft und Medien, wie F_in - Netzwerk Frauen im Fußball oder Leidmedien, haben ebenfalls inhaltlich unterstützt.
"Wie sag ich’s besser?", das ist die Leitfrage des Projekts. Welche verletzenden Begriffe sind vielleicht Teil meines Sprachrepertoires, wo fehlt mir Sensibilität, was übersehe ich aus meiner eigenen, oftmals privilegierten Situation heraus?
Die neue Plattform bietet kluge Hilfen, zeigt die Problematik bestimmter Formulierungen auf und bietet Alternativen. Das ist ein wichtiger und toller Schritt für alle, denen ein inklusiver Fußball am Herzen liegt und die wissen, welche große Rolle Sprache dabei spielt. Und für all jene, die sich mit dem Thema bislang noch nicht intensiver auseinandergesetzt haben, ist "Sprachkick" ein wunderbarer Anfangspunkt.
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