- Cristiano Ronaldo wechselt für sehr viel Geld zu Al-Nassr nach Saudi-Arabien.
- Der Sport spielt in dem Land eine große Rolle, die Marke CR7 ist ein wichtiger Baustein beim Thema Sportswashing.
- Ein Sportpolitik-Experte erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion die Hintergründe.
Cristiano Ronaldo darf mit seiner Freundin
Der Ronaldo-Wechsel ist aber eben auch "Bestandteil einer in Saudi-Arabien schon länger gepflegten Strategie, sich den Sport zunutze zu machen für eine grundsätzliche Weiterentwicklung des eigenen Staatswesens", sagt Sportpolitik-Experte Jürgen Mittag unserer Redaktion: "Es ist ein Baustein in dem Entwicklungsplan 'Vision 2030', in dem Sport eine ganze zentrale Rolle spielt." Denn bis dahin möchte sich der Golfstaat dank diverser milliardenschwerer Großprojekte, zu dem auch der Sport gehört, ein neues Image verpassen, ein auf Hochglanz poliertes. Geld spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.
Diverse milliardenschwere Großprojekte
Und mit Stars wie
Saudi-Arabien hat erst vor ein paar Jahren und damit vergleichsweise spät begonnen, den Sport zu nutzen, um "die Stärke und die Kraft des eigenen Regimes und Potenzials zum Ausdruck zu bringen", erklärt Mittag. Dabei findet zwischen den Golfstaaten Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar ein regelrechter Sportswashing-Wettbewerb statt. Ein Beispiel aus dem Fußball verdeutlicht dies: Die VAE unterstützen seit Jahren Manchester City, Katar wiederum Paris St. Germain, und Saudi-Arabien inzwischen Newcastle United. Mit viel Geld werden Topstars gelockt, und so traurig das ist: Der sportliche Erfolg gibt dieser Strategie in den meisten Fällen recht.
Auch Katar betreibt Sportswashing
Viele Fans dürften das Thema sowieso noch kennen, denn WM-Gastgeber Katar wurde ebenfalls vorgeworfen, den fragwürdigen Umgang mit Menschenrechten oder Diskriminierung mit Sportswashing zu kaschieren. Was man im Hinblick auf die WM unter dem Strich als durchaus gelungen bezeichnen kann, denn die Diskussionen wurden mit zunehmender Dauer des Turniers leiser, der Sport rückte mehr und mehr in den Vordergrund. Dass Saudi-Arabien auf diese WM mit dem CR7-Deal antwortete, ist kein Zufall, sondern wohl auch Teil der Bestrebungen, 2030 gemeinsam mit Griechenland und Ägypten ebenfalls die Fußball-WM auszurichten.
Im direkten Vergleich mit Katar ist Saudi-Arabien aber noch einmal "eine ganz andere Hausnummer, denn es hat eine viel kritischer zu bewertende Dimension als in Katar", sagt Mittag und weiter: "Es ist eines der Länder der Welt, in dem die meisten Menschenrechtsverletzungen begangen werden. Das Land ist viel restriktiver und nach westlichen Maßstäben weitaus problematischer zu sehen, denn die Missstände sind drastischer und die Veränderungen weitaus geringer als in anderen Golfstaaten". Saudi-Arabien sei in der Hinsicht ein Problemfall mit sehr langen Veränderungsperspektiven, betonte der Experte von der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Harsche Kritik von Amnesty International
Weltweites Aufsehen erregte zum Beispiel der Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi 2018. Im vergangenen Jahr wurden an einem Tag 81 Menschen hingerichtet, "viele von ihnen in grob unfairen Prozessen", kritisiert Menschenrechtlerin Ahmed. "Die Behörden gehen auch weiterhin hart gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit vor und verurteilen Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtler und andere politische Aktivisten zu hohen Haftstrafen".
Viele Veränderungen sind daher eher oberflächlich und nicht nachhaltig. Wie das geduldete Zusammenleben Ronaldos mit seiner Freundin. "Das ist eine symbolträchtige Aktion, das dürfte in der Bevölkerung zu keinen Veränderungen führen oder für Liberalisierungstendenzen in der Breite stehen", sagt Mittag.
Ahmed nimmt deshalb Ronaldo direkt in die Pflicht. "Anstatt Saudi-Arabien unkritisch zu loben, sollte Ronaldo seine beachtliche öffentliche Plattform nutzen, um auf die Menschenrechtsprobleme in dem Land aufmerksam zu machen", fordert Ahmed. Er solle nicht zulassen, dass sein Ruhm und sein Prominentenstatus zum Werkzeug des saudischen Sportswashing werde: "Er sollte seine Zeit bei Al-Nassr nutzen, um sich zu den unzähligen Menschenrechtsproblemen in dem Land zu äußern."
Das dürfte ein frommer Wunsch bleiben, denn das ist der Knackpunkt, den man im Zusammenhang mit Sportswashing immer wieder beobachtet: Kritische Worte von Beteiligten hört man so gut wie keine, ob nun bei der WM, der Formel 1 oder bei den Klubs, die den Sponsoren dankbar sind, weil sie den Erfolg bringen. Ronaldo soll angeblich 200 Millionen Euro pro Jahr kassieren, 75 Millionen Euro davon sind das Gehalt, der Rest Einnahmen aus Sponsoring und Werbung. Wer erwartet da ernsthaft eine kritische Auseinandersetzung mit Menschenrechtsverletzungen und anderen Missständen?
Ronaldos Wechsel hat Image-Schaden angerichtet
"Ich denke nicht, dass er als gesellschaftspolitisch sensibler Akteur in Erscheinung treten wird", sagt Mittag. "Er wird vermutlich das eine oder andere weichgespülte Statement zum Ausdruck bringen, das ihm wenig Schaden bereitet." Für den hat der Wechsel selbst schon gesorgt, glaubt Mittag. "Sein Bild in den Geschichtsbüchern wird Schaden erlitten haben, weil ihm das Geld offenkundig wichtiger ist als die sportliche Ehre. Und Saudi-Arabien auch nicht die beste Entscheidung, die er in dem Zusammenhang treffen konnte." Fest steht aber: Ronaldo wird nicht der letzte sportpolitische Coup gewesen sein.
"Wir werden die arabischen Länder als sportpolitische Akteure noch stärker ins Blickfeld nehmen müssen und damit auch veränderte Akzente in sportpolitischer Dimension. Dem Sport kommt eine immer größere Bedeutung zu", sagt Mittag. Saudi-Arabien werde sich dabei als Akteur noch stärker präsentieren und positionieren: "Das macht deutlich, dass das Land Ernst macht und eine langfristige Strategie verfolgt." Leider nicht in Menschenrechtsfragen.
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Verwendete Quellen:
- Amnesty International: Saudi Arabia: At Al-Nassr, Cristiano Ronaldo should draw attention to human rights issues
- sport.bild.de: Saudi-Arabien duldet wilde Ronaldo-Liebe
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