Jürgen Klopp hat im Sommer mit Liverpool eine Transferoffensive gestartet und den Kader ordentlich verstärkt. Das lässt die Fans träumen. Ist sogar der erste Meistertitel seit 28 Jahren drin?
Diesen einen Titel hat der FC Liverpool ganz schnell wieder verloren. Vor ein paar Wochen kauften die Reds den teuersten Torhüter der Geschichte.
Rund 63 Millionen Euro überwies Liverpool für Alisson Becker an den AS Rom. Der brasilianische Nationalkeeper könnte noch teurer werden, Jürgen Klopp stellte der Roma noch einen Bonus von zehn Millionen Euro in Aussicht - sollten mit ihm Titel geholt werden. Dass der Brasilianer das Geld wert ist, ist für Klopp keine Frage. Denn er sei "einer der besten Keeper der Welt".
Vor ein paar Tagen wurden die Reds dann übertrumpft, der FC Chelsea verpflichtete Torhüter Kepa Arrizabalaga für die festgeschriebene Ablösesumme von 80 Millionen Euro von Bilbao.
Jürgen Klopp kauft plötzlich groß ein
Bisher waren die Reds unter dem deutschen Trainer nicht unbedingt für die ganz verrückten Stunts auf dem Transfermarkt bekannt. Das wurde den beiden Manchester-Klubs oder eben Chelsea überlassen. Und selbst der FC Arsenal hat immer mal wieder mehr Geld für einen Spieler ausgegeben als Liverpool.
Klopp fuhr lieber die Jugendschiene, holte einen Spieler nach dem anderen aus dem Nachwuchs in die Profimannschaft und machte ein paar davon zu Stammspielern. Und auf dem Transfermarkt bediente sich Liverpool eher im 1B-Regal. Sadio Mane, Roberto Firmino und zuletzt Mo Salah waren keine Unbekannten, aber eben auch keine Superstars, als sie an die Mersey wechselten.
Damals folgte Klopp noch seinem Credo, sich aus dem Irrsinn am Markt herauszuhalten. Als Paul Pogba vor zwei Jahren für 100 Millionen Euro zu United wechselte, wollte Klopp dem Fußball den Rücken kehren, sollten Summen dieser Art bald Normalität werden.
Seitdem hat er unter anderem den teuersten Abwehrspieler der Geschichte gekauft und den zweitteuersten Torhüter. Für Alisson und Virgil van Dijk hat Liverpool insgesamt rund 150 Millionen Euro ausgegeben.
In diesem Sommer kamen noch Naby Keita von RB Leipzig (60 Mio. Euro), Fabinho vom AS Monaco (45 Mio. Euro) und
Jürgen Klopp: "Habe meine Meinung geändert"
Nie zuvor haben die Reds so aggressiv eingekauft. Das ruft die Konkurrenz auf den Plan, die Liverpool nun ihrerseits kritisiert.
"Uns ist egal, was die Welt um uns herum denkt", entgegnete Klopp am Rande von Liverpools US-Tour. "So wie es Manchester United damals egal war, was ich gesagt habe. Habe ich meine Meinung geändert? Ja. Das ist wahr. Aber es ist doch besser, seine Meinung zu ändern, als nie eine zu haben."
In der letzten Saison wurde Liverpool Vierter und scheiterte im Finale der Champions League auch an den Fehlern von Torhüter Karius.
Liverpool fehlte im Finale auf der einen oder anderen Position die individuelle Klasse, im Tagesgeschäft in der Liga die nötige Breite, um 38 Spieltage lang zuverlässig auf einem hohen Niveau abliefern zu können.
"Der Fußball, den die Jungs letztes Jahr gespielt haben, war nicht einfach", sagte Klopp dem "Guardian". "Wir haben da eine Menge Arbeit reingesteckt, und das werden wir wieder tun. Ich zweifle nicht daran, dass wir diese Basis wieder erreichen werden."
Mit elf Spielern werde das aber nicht zu erreichen sein, so Klopp weiter, der sich mehr Konstanz wünscht und deshalb an der Kadertiefe geschraubt hat.
Die Reds wollen also weiter den schon legendären Heavy-Metal-Fußball spielen, aber eben mit ein paar mehr Phasen des Durchschnaufens, mehr Rotation im Kader und einer besseren Absicherung in der Defensive.
Schwachstellen sind beseitigt
In der Premier League sind die Big Six als Titelaspiranten gesetzt. ManCity dürfte mit Pep Guardiola auch in dieser Saison der ganz große Favorit sein. Doch nach den Investitionen kommt Liverpool gleich dahinter.
Mit Alisson als Libero-Keeper und Keita als Ein-Mann-Armee im Mittelfeld haben die Reds mit das Beste eingekauft, das der Markt auf diesen Positionen hergibt.
Der Angriff mit Mane, Firmino und Salah war ja schon in der letzten Saison der beste Europas. Mit Shaqiri ist ein Spieler dazugekommen, der sie entlasten kann. Und er bringt eine neue Qualität bei den Offensivstandards ein.
Die Voraussetzungen mit dem gezielt verstärkten Kader scheinen so gut wie noch nie, dazu kommt ein eher leichtes Auftaktprogramm, um gut in die Saison zu starten.
Der Knackpunkt für Klopps Team dürften mal wieder die Spiele gegen die vermeintlich kleinen Gegner sein, über die Liverpool schon seit Jahren stolpert. Die Reds benötigen gerade hier ein wenig mehr Pragmatismus und Ergebnisfußball. Wenn Klopp das seinem Team einimpfen kann, ist in diesem Jahr alles möglich.
An Titel denkt er jetzt aber noch nicht: "Wir können nicht darüber reden, irgendetwas zu gewinnen, noch bevor die Saison gestartet ist. Wir müssen erst mal den Fußball spielen, der es uns ermöglicht, Spiele zu gewinnen", sagt Klopp.
Am Sonntag gegen West Ham können die Reds das das erste Mal unter Beweis stellen.
Verwendete Quellen:
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