Der englische Drittligist Forest Green Rovers wurde schon vor Jahren von der UN als erster klimaneutraler Klub ausgezeichnet. Zwar ist das Team gerade vorzeitig abgestiegen, Klubbesitzer Dale Vince hat trotzdem große Pläne.

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Für Dale Vince ist es eine ungewohnte Situation, denn sportliche Rückschläge waren bei den Forest Green Rovers in den vergangenen Jahren Mangelware. Negative Schlagzeilen ebenfalls. Denn der Klub taucht immer wieder als "grünster Verein der Welt" in den Medien auf, wird für seine Ideen, Innovationen und Maßnahmen gelobt und gefeiert. Dazu gelang seit der Übernahme durch den heute 61-Jährigen im Jahr 2010 zweimal der Aufstieg. Doch seit dem Wochenende steht er vorzeitig fest, der vorzeitige Abstieg aus der dritten englischen Liga, und das krachend bei aktuell nur sechs Siegen in 42 Spielen. Die Forest Green Rovers haben nach ihrem Aufstieg im Vorjahr eine Menge Lehrgeld gezahlt und müssen umgehend wieder runter.

"Wir haben unsere Lehren gezogen und werden uns im Sommer verstärken", kündigte Vince personelle Veränderungen an. Und auch Trainer Duncan Ferguson stellte klar, dass bei dem Verein aus dem 8.000-Seelen-Städtchen Nailsworth im Westen Englands kein Stein auf dem anderen bleiben wird. "Es ist ein großer Umbau, den ich vornehmen muss. Es wird ein harter Sommer werden, und wir werden in der nächsten Saison bei Null anfangen", sagte er nach dem jüngsten 1:5 gegen Barnsley. Fest steht inmitten der sportlichen Misere aber eines: Die Rovers werden in Sachen Nachhaltigkeit weiterhin erstklassig sein. Dank Dale Vince.

"Sind modern, fortschrittlich, lebenslustig und sehr grün"

Der Unternehmer hat sich seit Jahrzehnten den Umweltschutz auf die Fahne geschrieben, mit seiner in den 1990er-Jahren gegründeten Ökostrom-Firma wurde er zum Millionär. Er stieg 2010 bei den damals in argen Finanznöten befindlichen Forest Green Rovers ein, um sein Geld, aber auch sein Wissen und seine Nachhaltigkeits-Ambitionen im Fußball einzubringen. Von Anfang an trimmte er den Provinzklub mit unermüdlichem Ideenreichtum, Leidenschaft und jeder Menge Ideologie auf Grün. "Wir sind modern, fortschrittlich, lebenslustig und sehr grün. Das ist es, was wir sind", sagte Vince in der Fifa-Doku "Another Way: The Forest Green Rovers Story" .

Von den Vereinten Nationen wurde der Verein 2018 als erster klimaneutraler Klub der Welt ausgezeichnet. Vince selbst bekam 2013 den Orden des britischen Empire für seine Dienste an der Umwelt und der Elektrizitäts-Industrie. "Wir sind ein Fußballverein, der Nachhaltigkeit in seiner DNA hat. Wir haben eine unglaubliche Reichweite und einen unglaublichen Einfluss, nicht nur im Fußball, sondern im gesamten Sport. Wir sind ein Fußballverein, der etwas ganz anderes macht. Dieser winzig kleine Dorf-Fußballverein tut all das", so Vince.

Bruch mit vielen Traditionen

Was sich spannend und ungewöhnlich anhört, ist vor allem ein Bruch mit vielen Traditionen, die den Fußball ausmachen, und das auf teilweise sehr radikale Art und Weise. "Vegan oder nichts" lautet das Motto im Stadion, von der Speisekarte verschwanden schon vor Jahren alle tierischen Produkte, sogar das Bier ist vegan. Auch die Spieler sind dazu angehalten, sich vegan zu ernähren, sie erhalten Unterstützung durch einen Ernährungsberater. Inzwischen hat der Klub ein eigenes Catering-Unternehmen gegründet, das andere Teams mit veganem Essen beliefert. Eine Botschaft dahinter: Man muss auf Dinge wie Autos, Bier oder Burger nicht verzichten, man muss es nur anders machen – nachhaltig.

Das Essen ist aber nur ein Teil der grünen Mission. Versorgt wird der Klub zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien, ein Teil davon stammt aus den Solar-Panels vom Stadiondach. Daneben gibt es Ladesäulen für E-Autos, einen solarbetriebenen Rasenmäher für die Pflege des Bio-Fußballplatzes im "The New Lawn", denn das Grün des grünen Klubs wird mit Algen aus Schottland gedüngt, Pestizide sind verpönt. Auch die Trikots sind nachhaltig, denn sie werden aus gebrauchtem Kaffeesatz, Bambus und recyceltem Kunststoff hergestellt.

Urin der Fans, um den Rasen zu bewässern

Verrückt? Es geht noch ungewöhnlicher, denn der 133 Jahre alte Verein sammelt den Urin der Auswärtsfans, um mit ihm – gefiltert natürlich – den Rasen zu bewässern. Mehr noch: Das System der niederländischen Firma "NSI", mit dem Abwasser aus Urinalen beziehungsweise Toiletten in Bewässerungswasser, Dünger und Kompost umgewandelt wird, macht aus dem Abwasser aus Handwaschbecken zudem Spülwasser.

Die Rovers haben ihren Schadstoffausstoß dank der zahlreichen Maßnahmen seit 2011 um 42 Prozent gesenkt. In einer von der BBC veröffentlichten Nachhaltigkeitsstudie in der English Football League, die die drei Ligen unterhalb der Premier League umfasst, haben die Forest Green Rovers in elf Schlüsselbereichen die maximale Punktzahl geholt. Heißt: Platz eins unter 72 Klubs.

"Es ist großartig zu sehen, in welchem Ausmaß Nachhaltigkeit im Fußball eine wichtige Sache geworden ist, ein fast, aber noch nicht ganz – akzeptierter Teil des Spiels", sagte Vince, der mit seinem Verein noch lange nicht fertig ist. Das nächste Projekt der Rovers ist der Eco-Park, ein Holzstadion für 5.000 Fans. "Wir werden den geringsten CO2-Abdruck aller Stadien auf der Welt haben, seit die Römer den Beton erfunden haben", erklärte Vince. Die Genehmigungen sind erteilt, die Arbeiten haben zuletzt begonnen.

Fußball im Kampf gegen die Klimakrise

Man versuche, den Fußball als Plattform zu nutzen, um die Menschen über die Klimakrise aufzuklären und ihnen zu zeigen, was sie dagegen tun könnten und welche Veränderungen sie in ihrem Leben vornehmen müssten, sagt Vince, der glaubt, dass Nachhaltigkeit in ein paar Jahren auch im Fußball normal sein wird. Das eigene Publikum hat man laut Vince längst überzeugt, die Rovers-Fans "haben sich nicht nur mit unserer grünen Agenda abgefunden, sie haben sie angenommen und ihre Lebensweise geändert. Das zeigt mir, dass wir Sportfans zu Fans der Umwelt machen können", so Vince.

Er setzt darauf, dass sich die Menschen vom Fußball inspirieren lassen. "Sie folgen Fußballvereinen und sie folgen Fußballspielern. Sie beeinflussen das Leben von Milliarden von Menschen. Also lasst uns das nutzen, für das Gute", sagte Vince, der mit seinem Verein der Botschafter des grünen Fußballs sein will. "Je höher wir spielen, desto größer ist unser Publikum, unsere Plattform, desto mehr Glaubwürdigkeit haben wir", sagte er. Auch deshalb kann das sportliche Ziel nur der Wiederaufstieg sein.

Verwendete Quellen:

  • fifa.com: Another Way: The Forest Green Rovers story
  • bbc.com: Football & climate: Which EFL clubs are the most sustainable?
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