- Kopfverletzungen im Fußball sind ein großes Thema.
- Die PFA fordert Lösungen wie temporäre Wechselmöglichkeiten.
- Gesundheit der Spieler muss an erster Stelle stehen.
Kein Spieltag in der Bundesliga oder generell in den europäischen Ligen vergeht ohne Kopfverletzungen. Spieler prallen im Luftzweikampf zusammen, verletzen sich bei undurchsichtigen Klärungsaktionen, knallen mit den Köpfen aneinander. Bilder von Spielern, die stark blutend behandelt werden müssen und oft nur wenig später, sichtlich gezeichnet, wieder auf das Feld geschickt werden, sind keine Seltenheit. Dieses Vorgehen ist aber gefährlich.
Kopfverletzungen und ihre Folgen
Verletzungen im Fußball lassen sich nicht vermeiden. Ein Sport, der auch von Zweikämpfen, ob in der Luft oder am Boden, bestimmt wird, bringt Verletzungen nun einmal mit sich. Optimiert werden kann aber der Umgang damit. Sowohl seitens der Klubs und ihren medizinischen Abteilungen als auch der Medien. Die heroische Begleitung eines Kommentators, wenn ein Spieler nach einer blutenden Kopfwunde sichtlich gezeichnet und mit einem Turban ausgestattet wieder auf das Spielfeld trottet, ist absolut kontraproduktiv. Sie vermittelt ein falsches Bild.
Denn die Risiken, die Kopfverletzungen mit sich bringen, sind nicht zu unterschätzen. Gehirnerschütterungen gehören zu den zahlreichsten neuropsychiatrischen Verletzungen im Spitzensport. Zahlreiche Leistungssportler haben auch nach ihrer Karriere mit Beeinträchtigungen zu kämpfen. Im Fußball kann vor allem die Häufigkeit kleinster Hirntraumata zu langfristigen Beschwerden führen, Gedächtnis- und Schlafprobleme sind nur ein Teil dieser Probleme. Weitere Kopftreffer nach einer Gehirnerschütterung können bedrohliche Folgen mit sich bringen.
Das Problem ist, dass eine Gehirnerschütterung nicht immer anhand klassischer Symptome erkannt werden kann. Kurzfristig können Übelkeit und Verwirrtheit auftreten, allerdings muss das nicht immer der Fall sein. Häufig kommt es erst Stunden später zu Symptomen. Das kann dazu verleiten, die Verletzung nach einem Zusammenprall als nicht allzu schlimm abzutun und die Spieler wieder in das Spiel zu befördern. Oft geht die Initiative auch von den Akteuren selbst aus.
PFA fordert Veränderungen im Umgang mit Kopfverletzungen
Immerhin wurde in den letzten Monaten und Jahren die Kritik immer lauter. Die Sicherheit der Spieler stehe nicht im Mittelpunkt, es werde vorschnell gehandelt. Die Professional Footballers' Association (PFA) nahm Vorfälle vom vergangenen Wochenende zum Anlass, um auf Twitter in einem Thread Stellung zum Umgang mit Kopfverletzungen zu beziehen. "Es kommt immer wieder vor, dass Spieler mit einer potenziell schweren Kopfverletzung ins Spiel zurückkehren, nur um kurz darauf aus dem Spiel genommen zu werden, wenn sich die Symptome sichtbar verschlimmern", machte die PFA auf das Problem aufmerksam.
Weiterhin hieß es: "Als repräsentative Stimme der Spieler in England haben wir gegenüber dem IFAB deutlich gemacht, dass wir die Einführung von vorübergehenden Wechselmöglichkeiten für Gehirnerschütterungen sehen wollen." Das IFAB (International Football Association Board) ist ein Gremium, das Änderungen der Fußballregeln beraten und beschließen kann. So kam auch die Möglichkeit der zusätzlichen Auswechslungen durch die steigende Belastung in der Pandemie zustande.
Allerdings muss eine solche Regeländerung vorbereitet werden. In Absprache mit Experten, Teamärzten und Spielervertretern wurden Testphasen durchgeführt, bis heute gibt es aber keine internationale, einheitliche Regelung, weswegen die PFA noch einmal mit Nachdruck darauf aufmerksam machte, wie sinnvoll es ist, diese Veränderung zu beschließen.
Temporäre Auswechslungen als sinnvolle Lösung
Denn abgesehen von der Tatsache, dass ein besseres Bewusstsein für das Thema Kopfverletzungen geschaffen werden muss, ist diese Regel simpel wie effizient. Vorgesehen ist, dass, sofern der Verdacht auf eine Kopfverletzung respektive eine Gehirnerschütterung vorliegt, eine Auswechslung vorgenommen werden kann, damit der Spieler eindringlich untersucht werden kann. Im hektischen Profifußball sind Zeit- und Erfolgsdruck ein großes Thema, weswegen die Entscheidung, ob der betroffene Spieler wieder auf das Feld kann, häufig sehr schnell getroffen werden muss.
Dieser Mechanismus würde ausgebremst, indem die Mannschaft dank des temporären Wechsels nicht in Unterzahl gerät. Das medizinische Personal würde so an Zeit gewinnen und könnte den Spieler deutlich intensiver untersuchen und eine verlässlichere Diagnose treffen. Zudem können die technischen Möglichkeiten genutzt, Zweikämpfe auf Tablets oder Monitoren noch einmal angesehen werden. Zudem könnte ein neutraler Neurologe, ohne eine Verbindung zu den Teams, zum Einsatz kommen. Sollte der Spieler tatsächlich "lediglich" einen Cut oder eine Platzwunde davongetragen haben, kann der Wechsel wieder rückgängig gemacht werden.
Der DFB befürwortet eine Regeländerung, weil sie mehr Möglichkeiten bei der Diagnostik bietet und Risiken, wenn auch nicht alle, vermindern kann. Neben Verbänden und der PFA hat sich auch die internationale Spielergewerkschaft FIFPRO für eine Anpassung der Regeln ausgesprochen. Jetzt kommt es auf die Auswertungen der Testphase und letztlich auf das IFAB an, diese Veränderungen, die positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Spieler haben dürften, auch entschlossen voranzutreiben.
Verwendete Quellen:
- Twitter, PFA - Statement nach Kopfverletzung Robin Koch
- Netzathleten: Kopfverletzung im Sport
- Sportschau: Kopfverletzungen - warum der DFB für temporäre Wechsel plädiert
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.