Die Dokumentation "Das letzte Tabu" beschreibt den Umgang mit Homosexualität im männlichen Profifußball und geht der Frage nach, warum sich bislang so wenige Spieler weltweit geoutet haben. Der Film gibt ebenfalls eindrücklich Einblicke, wie viel Druck allgemein auf Fußballprofis lasten kann - unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Am 13. Februar wird die Dokumentation bei Prime Video ausgestrahlt.
Es gibt rund 500.000 Fußballprofis auf der Welt, aktuell als homosexuell geoutet sind davon allerdings weniger als zehn. Warum ist das so? Dieser Frage geht die neue Dokumentation "Das letzte Tabu" (Regie: Manfred Oldenburg, Produktion: Leopold Hoesch) nach.
In Deutschland beispielsweise hat sich noch immer kein aktiver Profi-Fußballer geoutet. Und das, obwohl
Ehrliche Einblicke in die Gefühlswelt der Spieler
Unter anderem spielte Hitzlsperger bei Lazio Rom, wo "nichts geklappt" habe, wie er in der Doku offen erzählt: "Die Gedanken kreisten um andere Dinge." Der Film liefert ehrliche Einblicke in die Gefühlswelt der Akteure und schafft es auch zu erklären, warum noch immer so wenige Profis ihr Coming-out hatten.
Diese Einblicke ins Seelenleben der Betroffenen tun manchmal weh. Etwa wenn Marcus Urban, der kurz vor dem Sprung in die Bundesliga stand, über seine damalige Situation berichtet.
"Ich konnte mit niemandem sprechen, ich hatte mich minderwertig gefühlt", beschreibt Urban seine Gefühle, die er zu seiner aktiven Zeit hatte: "Ich habe mich selbst nicht gespürt. Es waren Risse und Gräben in mir." Urban spricht über Suizidgedanken und offenbart schonungslos ehrlich, dass er "persönlich und gesundheitlich am Ende" war. Urban zog Konsequenzen: Er hörte mit dem Profifußball auf - und outete sich.
Dramatisches Beispiel: Wenn das Outing zum Suizid führt
"Wenn du nicht du selbst sein kannst, bist du nicht glücklich", sagt Matt Morton im Film. Er ist homosexuell, geoutet und Spielertrainer in der neunten englischen Liga. Auch er beschreibt, wie schwer der Weg zum Coming-out für ihn war.
Wie zermürbend die Situation für eine Person werden kann, zeigt der Film am Beispiel von Justin Fashanu. Er war 1990 der erste Fußballprofi, der sich als homosexuell outete. Nach Anschuldigungen, schweren Vorwürfen und massivem Druck sah Fashanu keinen anderen Ausweg, als sich acht Jahre nach seinem Coming-out das Leben zu nehmen.
Der historische Abriss der Debatte anhand von Fashanu wird durch Aussagen seiner Nichte Amal ergänzt, die in "Das letzte Tabu" auch nicht vor deutlicher Kritik am eigenen Vater zurückschreckt. John Fashanu, ebenfalls Fußballprofi, bot seinem Bruder damals Geld dafür an, sich nicht zu outen.
"Das letzte Tabu" sorgt auch für unangenehme Gefühle
Der Film schafft es oftmals, ein bedrückendes und beklemmendes Gefühl zu vermitteln. Gefühle, die niemand gerne spürt. Gefühle, die für viele homosexuelle Profisportler leider aber noch immer Alltag sind.
"Das letzte Tabu" macht die Problematik deutlich, wie sie ist. Die Dokumentation beschönigt nichts - und zeigt so beispielsweise auch die Garage, in der sich Fashanu 1998 erhängt hatte. Über weite Teile des Films dominiert unter anderem auch deshalb Unverständnis über das Fußball-Business. War die Branche Ende der 1990er-Jahre tatsächlich dermaßen intolerant, dass ein mutiger Mensch im Suizid den letzten Ausweg sah? Und ist sie es nicht vielleicht sogar immer noch?
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Homosexueller Profi: "Hört auf die positiven Geschichten"
Doch im Film geht es um weit mehr als um Homosexualität und Homophobie. Anhand der beschriebenen Situationen wird auch beleuchtet, unter welchem Druck die Akteure im Profifußball ganz prinzipiell stehen. Etwa wenn Ex-Schiedsrichter Babak Rafati von massiven mentalen Problemen spricht oder Weltmeister Per Mertesacker über die schwere Last berichtet, mit der Profis teilweise zu kämpfen haben.
Die Doku richtet den Blick aber auch nach vorne und lässt unter anderem Collin Martin zu Wort kommen, der sich 2018 outete und mittlerweile in der zweiten US-Liga spielt. Er plädiert: "Hört auf die positiven Geschichten."
Wie lange ist das letzte Tabu noch ein Tabu?
Und einige dieser positiven Geschichten werden in "Das letzte Tabu" auch erzählt: Etwa wenn bei einem Fußballspiel von Verbands- und Vereinsseite im Vorfeld Schmähgesänge und Hass in Richtung eines homosexuellen Spielers erwartet werden, im Stadion dann aber einfach nichts passiert - und es völlig normal ist, dass ein schwuler Profi auf dem Platz steht.
Was unweigerlich zu der Frage führt, ob die Fans und die Gesellschaft an sich bei der Thematik nicht vielleicht schon viel weiter sind als der ein oder andere Vereinsverantwortliche?
Was am Ende bleibt, ist die Hoffnung. Die Hoffnung, dass das letzte Tabu, Homosexualität im männlichen Profifußball, schon bald kein Tabu mehr sein wird und auch schwule Fußballspieler frei sein und so leben können, wie sie es möchten.
Oder wie es Amal Fashanu in den letzten Minuten des Films treffend sagt: "Sei, wer du bist!"
"Das letzte Tabu" ist ab 13. Februar auf Prime Video zu sehen.
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