Lukas Podolskis Wechsel zu Inter Mailand sollte zum Wendepunkt einer ins Stocken geratenen Karriere werden. Bislang enttäuscht Podolski aber komplett, die Zukunftsaussichten sind nicht besonders rosig.
Italiens Medien sind gewiss nicht zimperlich. Schon gar nicht, wenn es um ihren Fußball geht. Teilweise fällt die Kritik an den Protagonisten des Calcio gnadenlos aus, in einem Land nahe der Rezession und mit über zwölf Prozent Arbeitslosenquote ist der Fußball vielleicht mehr denn je Zufluchts- und Sehnsuchtsort der Tifosi.
Umso kritischer gehen Fans und Medien dann mit ihren Helden ins Gericht.
"Grande Inter" ist schon lange nicht mehr wirklich groß, vielmehr seit einigen Jahren ein Klub im Umbruch. Die Mannschaft dümpelt im Mittelfeld der Serie A, Juventus Turin ist Lichtjahre enteilt, ebenso weit weg ist die Quali zur Champions League. Da kam der Weltmeister aus Deutschland doch gerade recht. Der Wohlfühlkicker Podolski, der Wucht und Dynamik mitbringt und ein ganzer Kerl ist.
Podolski flüchtete geradezu vom FC Arsenal, wo er unter Arsene Wenger immer weniger Beachtung fand und fast nur noch auf der Bank saß. Inter sollte ein Neuanfang werden, das auf fünf Monate begrenzte Leihgeschäft ein letzter Anlauf, sich bei einem großen Klub in Europa durchzusetzen. In London und davor in München war Podolski grandios gescheitert.
Am vergangenen Wochenende spielte Inter gegen den AC Florenz, es war ein wichtiges Spiel im Kampf um einen der internationalen Plätze. Podolski durfte mal wieder von Beginn an ran. Nach 66 Minuten war sein Arbeitstag vorbei, es war das schlechteste von nunmehr schon sechs oder sieben schlechten Spielen. Ohne Bindung zum Spiel und zu den Kollegen schleicht Podolski über den Platz. Und bekommt er dann doch mal einen Ball zugespielt, will er mit dem Kopf durch die Wand.
Es mangelt an Kreativität
Sein patentierter "Kawumm-Fußball" kann die Leute mitreißen - wenn es gut läuft. Wenn die Mannschaft spielerische Lösungen braucht und Kreativität, wenn die Abläufe in Offensive und Defensive sitzen müssen, dann ist Podolski offenbar die falsche Wahl.
Er hat gegen die Fiorentina einen Kullerball aufs Tor geschickt, das Giuseppe-Meazza-Stadion hat danach kurz aufgestöhnt. Wenig später hat er beim Versuch, einen Eckball auszuführen, beinahe die Eckfahne zertrümmert. Die Arena hat dann nicht mehr nur gemurrt. Die Tifosi haben gepfiffen, einige andere nur noch gelacht.
Podolski musste dann Platz machen für
In der Liga der Taktiker und Tüftler, wo der Catenaccio erfunden wurde und in den Trainingseinheiten die Spieler oft stundenlang hin und her geschoben werden, um spielsystematische Abläufe in Perfektion einzustudieren, wirkt Podolski derzeit schlicht verloren. Und mittlerweile mehren sich die Stimmen, die ihm eine Adaption an den italienischen Fußball nicht mehr zutrauen.
"Im Winter hat Inter zwei Stürmer erworben. Einen starken - und einen anderen, der das Spiel dieser Mannschaft immer noch nicht begriffen hat. Das ist Podolski", beschrieb der "Corriere dello Sport" den Vergleich zwischen Shaqiri und Podolski. Deutlich schärfer ging die größte Sporttageszeitung "Gazzetta dello Sport" mit dem 29-Jährigen ins Gericht. "Er schläft! Fehler wie seine kann man nicht machen. Er ist schädlich für Inters Spiel!"
580 Minuten hat Podolski jetzt im Inter-Dress absolviert und wartet immer noch auf sein erstes Tor. "Die Leistungen in den ersten Wochen waren ganz gut, was mir fehlt, ist ein Tor", sagt der Spieler selbst. Eine recht eigenwillige Interpretation, die Tifosi verlieren langsam ihre Geduld.
Im Internet top, auf dem Platz ein Flop
Auffällig wird der Deutsche momentan nur in den sozialen Medien, wenn er wieder ein Bildchen ins Netz stellt. Poldi im Schneetreiben, Poldi mit Kumpel Felix Sturm, mit Idol Roberto Baggio, Poldi im Restaurant, im Auto und manchmal auch auf dem Platz. "Straßenkicker seit 1985" heißt es im Subtext seines "Twitter"-Kontos. Den italienischen Beobachtern ist es derzeit eine ganze Spur zu viel Straßenfußball und zu wenig Bezug zum Calcio.
In Italien wollte Podolski die Chance auf mehr Spielpraxis nutzen, auch im Hinblick auf die Nationalmannschaft. Da wird die Luft für ihn immer dünner, bereits vor der WM galt er als Auslaufmodell. 121 Länderspiele hat Podolski bereits absolviert, er wird ziemlich sicher Miroslav Klose (137) überholen und vielleicht sogar Rekordhalter Lothar Matthäus (150). Jung genug wäre er jedenfalls noch, ein paar Jahre könnte er im DFB-Dress dranhängen.
Derzeit stellt sich aber mehr denn je die Frage, ob er noch gut genug für die absolute Spitzenklasse ist. Ein Scheitern in Mailand bedeutet automatisch die Rückkehr zum FC Arsenal. Dort dürfte er unter Wenger keine Zukunft mehr haben. Als letzter Rückzugsort bleibt wenigstens immer der 1. FC Köln. Da wäre er alles in einem: Star, Heilsbringer und Maskottchen. Die internationale Karriere wäre dann aber auch vorbei.
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