Die Top-Klubs hinken hinterher, auch dem Bundestrainer läuft die Zeit davon – drei Monate vor dem EM-Start herrscht Alarmstimmung im deutschen Frauenfußball.

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Kapitänin Giulia Gwinn hielt mit ihren Teamkolleginnen gut gelaunt den Ball hoch. Klara Bühl scherzte gelöst mit Selina Cerci und lachte herzhaft bei den Übungen im Aufwärmraum. Auf den ersten Blick deutete beim öffentlichen Training wenig auf die aktuelle Stimmungslage im deutschen Frauenfußball hin.

Doch Christian Wück ist sich dem Ernst der Lage sehr wohl bewusst. Erst führte der Bundestrainer Einzelgespräche, dann schwor er das DFB-Team im Kreis energisch auf die EM-Titelmission ein.

"Wir sind leider noch nicht so weit, wie wir uns das vorgestellt haben."

Bundestrainer Christian Wück

Die jüngsten Entwicklungen geben nicht nur Wück Anlass zur Sorge – die Zeit rennt. In seiner "idealen Traumwelt", sagte der DFB-Coach drei Monate vor dem Turnierbeginn in der Schweiz (2. bis 27. Juli), wäre die deutsche Auswahl "schon ein bisschen weiter. Wir sind leider noch nicht so weit, wie wir uns das vorgestellt haben."

Bundestrainer Wück schlägt Alarm

Vor dem Nations-League-Doppelpack gegen Schottland in Dundee (Freitag, 20:35 Uhr/ZDF) und in Wolfsburg (8. April, 17:45 Uhr/ARD) schlug Wück gleich mehrmals deutlich wie selten Alarm. Dazu rüttelte die Verantwortlichen das ernüchternde Ausscheiden der chancenlosen deutschen Top-Klubs Bayern München und VfL Wolfsburg im Viertelfinale der Champions League auf. Und es warf zugleich neue Fragen zu den Titelchancen der deutschen Fußballerinnen im Sommer auf.

Seine Spielerinnen müssten nach den Enttäuschungen in den Vereinen "diesen DFB-Schalter umlegen, um hier als DFB-Mannschaft zu agieren", forderte Wück, der in den kommenden Tagen nochmal genau hinschauen wird. Denn: Von einigen sei er "noch nicht zu 100 Prozent" überzeugt, der Kampf um die Kaderplätze scheint bei noch vier Nations-League-Spielen bis zu EM offener denn je.

Weil er seine perfekte Elf noch nicht gefunden hat, gibt Wück nochmals neuen Spielerinnen wie Franziska Kett (20/Bayern München) eine Chance. "Wir erweitern jetzt nochmal ein bisschen den Kreis. Ich hoffe, dass wir mit unseren Einschätzungen nicht so daneben liegen", sagte Wück – und klang damit fast schon ein wenig verzweifelt. Seine größte Sorge? Die mangelnde Stabilität. Diese lasse sich aber "definitiv" trainieren.

Wück sucht weiterhin nach seinem EM-Gerüst

Seit vergangener Woche ist zwar klar, dass die erfahrene Olympia-Heldin Ann-Katrin Berger (34) ab sofort als Nummer eins gesetzt ist. Ansonsten müsse er "sein Gerüst" aber noch finden. Gesucht werden nach den Rücktritten von Alexandra Popp, Svenja Huth oder Marina Hegering Anführerinnen neben Gwinn. "Das mit dem Einspielen muss später kommen", sagte Wück, der auch auf eine Rückkehr der am Kreuzband verletzten Schlüsselspielerin Lena Oberdorf hofft.

Trotz der Baustellen will Wück nicht alles schwarzmalen. "Ich glaube nicht, dass wir uns vor anderen Nationen verstecken müssen", sagte er mit Blick auf die Klubebene, dürfte dabei aber auch das DFB-Team im Hinterkopf gehabt haben. "Wir bekommen das hin", davon sei er "zu 100 Prozent überzeugt". Aber: "Es dauert halt ein bisschen länger, als wir gedacht haben." (sid/bearbeitet von ms)