- Der DFB stellt seinen neuen Bundestrainer vor und der seine Ideen.
- Mit Hansi Flick und einem neuen Trainerteam soll der größte Umbruch seit langer Zeit gelingen.
Natürlich hat es sich der Deutsche Fußball-Bund nicht nehmen lassen, die erste Pressekonferenz mit Hansi Flick mit einem seiner mittlerweile fast schon legendären Image-Filmchen zu beginnen. Der neue DFB-Campus wurde dort vorgestellt und wie er in Zukunft zum Kompetenzzentrum für den deutschen Fußball werden soll. Die Botschaft war damit schnell gesetzt: Es sollte unbedingt Aufbruchstimmung vermittelt werden.
Nach den bleiernen letzten Jahren, den großen Enttäuschungen bei den Großveranstaltungen, dem Chaos auf der Führungsebene und all der schlechten Stimmung im und um den DFB muss alsbald der Befreiungsschlag erfolgen. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass der Verband zur Pressekonferenz auf der Baustelle des Campus einlud - das Jahrhundertprojekt ist ja noch lange nicht fertiggestellt und passt in seinem halbgaren Zustand ganz gut zur Verfassung des größten Sportfachverbands der Welt.
Hansi Flick: Jede Menge frische Gesichter
Dafür gesteht
Für den ausgeschiedenen Torwarttrainer Andreas Köpke hat der DFB vor wenigen Tagen Ersatz auf Freiburg geholt: Andreas Kronenberg wird erst in einer Doppelfunktion und dann nach einem Jahr nur noch für den DFB arbeiten.
Neu ist auch nicht nur Mads Buttgereit, sondern auch dessen Stelle. Der 36-Jährige machte sich beim FC Midtjylland einen Namen, dem Klub mit der speziellen Ausrichtung und der etwas anderen Denkweise. Buttgereit verantwortete dort den Bereich der Standardsituationen, was sich in der dänischen Provinz zu einem sehr markanten Baustein entwickelte: Wöchentlich wurden komplette Trainingseinheiten nur für die Choreografie von offensiven und defensiven Standards abgehalten; Midtjyllands Mannschaft wurde unter Buttgereit so zum ungekrönten Meister der ruhenden Bälle.
Bierhoff rückt nach 17 Jahren etwas weiter ab von der Mannschaft, dafür wird die ehemals extra für Bierhoff geschaffene Stelle des Teammanagers ab sofort von Benedikt Höwedes bekleidet. "Vorzeige-Nationalspieler Bene Höwedes" nannte Bierhoff den Weltmeister von 2014, der die Verbindung herstellen soll zwischen Mannschaft, Trainerstab und Funktionsteam. Höwedes ist erfahren und gleichzeitig noch jung genug, um einen direkten Draht zu den Spieler herzustellen. Mit einigen Akteuren des aktuellen Kaders hat der 33-Jährige schließlich selbst noch zusammengespielt.
Auch Hermann Gerland soll noch dazustoßen, den "Tiger" plant Flick für eine Position im Scouting ein. "Hermann Gerland hat seine Bereitschaft signalisiert. Da müssen wir uns im Detail unterhalten, welche Aufgabe er ausfüllen kann", sagte Flick, der seine Arbeit offenbar angehen will wie eine Mischung aus Bundes- und Bundesligatrainer.
Das Leistungsprinzip und ein neuer Ansatz
Anders als sein Vorgänger Joachim Löw, der sich zwischen den offiziellen Länderspielterminen zuletzt ziemlich rar gemacht hatte und keinen beständigen Kontakt mehr zu den Klubs der Liga pflegte, will Flick nun das große Miteinander forcieren. Der 56-Jährige will präsent sein, sich zeigen, die Klubs ins DFB-Boot holen, Synergien und möglichst kurze Dienstwege schaffen. Jeder soll sich wichtig und ernstgenommen fühlen und die Verantwortung damit besser verteilt werden.
In der Zusammensetzung seiner Mannschaft soll es keine Grenzen geben, die Besten sollten für Deutschland spielen. Das Alter oder ehemals errungene Lorbeeren sind stattdessen kein wichtiges Kriterium. Weshalb auch die Ü30-Fraktion um Thomas Müller, Mats Hummels oder Marco Reus, den Flick sogar ausdrücklich lobte, weiter oder wieder beste Chancen hat - sofern die Leistung stimmt.
Nach den letzten Jahren mit einem taktischen Schlingerkurs und der Fehleinschätzung, die Mannschaft auf Umschaltfußball umzuprogrammieren, will Flick nun die guten Elemente dieser Strategie wahren und mit jenem Ballbesitz-Ansatz verbinden, der zuletzt immer mehr aufgeweicht wurde. "Wer Bayern München in den letzten eineinhalb Jahren verfolgt hat, weiß, für welche Art Fußball ich stehe. Ich möchte, dass wir die Initiative ergreifen, dass wir früh und gemeinsam attackieren und schnell zum Abschluss kommen."
Größter Umbruch seit der Klinsmann-Ära
Dafür erwarte er von seinen Spielern eine ganz spezielle Mentalität. "Wir wollen möglichst All-in gehen. All-in-Mentalität bedeutet für mich, dass man alles gibt. Das ist für mich wichtig, dass wir das künftig auf dem Platz zeigen. Das sind auch Dinge, die wir erwarten."
Der neue Bundestrainer geht seine Arbeit mit Elan und einigen Innovationen an, so viel kann man nach dem ersten Auftritt Flicks am Dienstag schon konstatieren. Der DFB lässt sich zwar auf eine bekannte Persönlichkeit ein, die den Verband und seine handelnden Personen erst als Co-Trainer und dann als Sportdirektor kennenlernen durfte.
Aber er wagt mit Flick und dessen Ideen auch den größten Umbruch seit 2004. Damals musste - ebenfalls in großer Not - der Reformer Jürgen Klinsmann den Verband entstauben. Nun liegt es an Flick, die letzten verlorenen Jahre aufzuholen. Viel Zeit bleibt nicht: Im nächsten Jahr steht die Weltmeisterschaft in Katar an - und danach die EM im eigenen Land.
Verwendete Quellen:
- kicker.de: DFB-Pressekonferenz mit Hansi Flick
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