Joshua Kimmich will eigentlich kein Rechtsverteidiger sein. Doch in dieser Rolle führte er die DFB-Elf zum Sieg über Italien. Muss der FC Bayern nun umstellen?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Marie Schulte-Bockum sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Als Deutschland das letzte Mal in Italien gewann, stand die Berliner Mauer noch. Im Februar 1986 besiegte der DFB in Kampanien die Squada Azzura 2:1. Spieler wie Klaus Augenthaler, Karl-Heinz Rummenigge und Lothar Matthäus standen auf dem Rasen Carlo Ancelotti und Giuseppe Baresi gegenüber. Erst 15 Monate später kam Julian Nagelsmann zur Welt.

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Am 20. März 2025 gelang der DFB-Elf im Retro-Trikot das gleiche Kunststück. Doch die Lichtgestalt auf dem Rasen des Mailänder San Siro war am Donnerstagabend nicht Matthäus, auch nicht Leon Goretzka, der am Spieltag mit Lob überschüttet wurde. Nein, der beste Mann war Deutschlands nomineller Sechser, der trotz seiner Rückennummer 90 Minuten lang nicht das Zentrum, sondern die rechte Seite beackerte.

Leon Goretzka dominiert die Schlagzeilen, Joshua Kimmich das Spiel

Joshua Kimmich bereitete beide deutschen Tore zum 2:1-Sieg vor. Der deutsche Kapitän erspielte fünf Torchancen, die meisten der Partie. Er spielte 69 Pässe, von denen 63 ankamen, eroberte achtmal den Ball vom Gegner und gewann sechs von sieben Zweikämpfen auf dem Boden.

Übrigens, seit 2016, da war Kimmich 20 Jahre jung, hat der gebürtige Rottweiler 46 Prozent aller deutschen Kopfballtore vorbereitet. Insgesamt legte Kimmich in 98 Länderspielen schon 24 Tore auf - eine überragende Statistik für einen Defensivspieler.

Nüchterne Zahlen, die Kimmichs Wert für das deutsche Spiel allenfalls erahnen lassen. Wer das Spiel nicht nur auf dem Statistikbogen, sondern auch auf dem Platz verfolgte, sah Kimmichs Qualitäten live.

Man konnte zum Beispiel den Vergleich mit David Raum machen, der sich auf der Spiegelposition hinten links so schwertat, dass Nagelsmann den Leipziger Linksverteidiger zur Halbzeit gegen den gelernten Innenverteidiger Nico Schlotterbeck austauschte.

Joshua Kimmichs Flanken von der rechten Seite waren auch im Spiel gegen Italien eine Waffe.
Joshua Kimmichs Flanken von der rechten Seite waren auch im Spiel gegen Italien eine Waffe. © NurPhoto/IMAGO/Loris Roselli

Oder aber man schaut in den Vereinsfußball, wo Kimmichs Arbeitgeber, der FC Bayern, auf der DFB-Position des 30-Jährigen die wohl größte Schwachstelle seiner Mannschaft hat. Denn mal ehrlich: Jeder Fantasy-Manager würde lieber einen Kimmich als Rechtsverteidiger aufstellen als einen Konrad Laimer, Josip Stanisic oder Sacha Boey.

Nebenberuf: Bester Rechtsverteidiger der Welt

Wohin also mit Kimmich, der schließlich an guten Tagen auf gleich zwei Positionen absolute Weltklasse verkörpert, aber sich selbst eigentlich im zentralen Mittelfeld sieht?

"Er ist der mit Abstand beste Rechtsverteidiger, den wir haben."

Bundestrainer Julian Nagelsmann über Joshua Kimmich

"Er ist der mit Abstand beste Rechtsverteidiger, den wir haben", sagt Nagelsmann über seinen Kapitän und seinen Kader. Eine Aussage, die wohl auch die Bayern-Verantwortlichen mit Blick auf ihre Optionen unterschreiben würden - wenn auch ungern.

Denn dass die Debatte um Kimmichs ungeliebte Position überhaupt wieder aufgeflammt ist, liegt vor allem an Kimmich selbst. Der 30-Jährige, der so gerne auf der Sechs spielt, ist im Nebenberuf einer der besten Rechtsverteidiger der Welt.

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