Es gibt Fußballprofis, die ihre sexuelle Orientierung vor der Welt verstecken. Sie haben gute Gründe: Homosexualität ist im Bundesligageschäft noch längst nicht akzeptiert. Das zeigen die Diskussionen der vergangenen Wochen einmal mehr. Aber brauchen wir tatsächlich eine öffentlich geführte Debatte?

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Ein Kommentar in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Focus"* kommt zu dem Schluss: nein. Die Belange von Homosexuellen seien für die Mehrheit der Deutschen uninteressant, die Fußballstadien der letzte Ort, an dem Menschen ihren Trieben freien Lauf lassen dürften. In einem solchen Umfeld könne Homosexualität nie akzeptiert werden. Der Autor fühlt sich von den jüngsten Diskussionen persönlich gestört, gar belästigt.

Ungefilterte Männlichkeit

Das Fußballstadion ist also heilig. Über 90 Minuten kann man in der Masse untertauchen, seinen Gefühlen im Schutze der Anonymität freien Lauf lassen. Hier darf noch gegrölt, gepöbelt, Bier verschüttet und geflucht werden. Diesen intrinsisch männlichen Erlebnisraum zu verlieren, ist offenbar das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Das Stadion soll bleiben, was es in den Augen vieler Fanatiker ist: die letzte Bastion ungefilterter Männlichkeit, ein Vakuum, an dem gesellschaftlicher Fortschritt abprallt wie an einer Käseglocke.

Eine Debatte ist nötig

Das geht zu weit. In einem freiheitlich-demokratischen Land darf es niemandem erlaubt sein, Inseln der Intoleranz für sich zu reklamieren. Wenn das doch jemand tut, dann müssen wir hinsehen und das vor aller Öffentlichkeit diskutieren. Es muss klar sein: Niemand darf einen anderen als "schwule Sau" beschimpfen, weder auf der Straße noch im Fußballstadion.

Zum Glück haben das die meisten Fußballfans längst begriffen. Nicht jeder gibt sein Gehirn beim Eintritt ins Stadion ab. Die Kurven sind voll von intelligenten, weltoffenen Männern und Frauen, die sicherlich nicht in homophobe Chöre einstimmen würden. Eine offen geführte Debatte über Homosexualität im Fußball ist wichtig, um das zu zeigen. Nur so ziehen wir den Schreihälsen, die ein überkommenes Weltbild hinaus brüllen, endlich die Aufmerksamkeit ab. Und nur so hat das Versteckspiel für einige Fußballer hoffentlich bald ein Ende.

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*Ausgabe 48/12, "Es ist genug" von Michael Klonovsky

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