Es war ein historischer Moment im englischen Männerfußball: Rebecca Welch betrat das Spielfeld und schrieb Geschichte. Mit 40 Jahren wird sie zur ersten Schiedsrichterin in der Premier League. Welch folgt damit Vorbildern wie Bibiana Steinhaus-Webb und Stéphanie Frappart.
Premier League, 18. Spieltag. Es ist der 23. Dezember 2023. Im Craven-Cottage-Stadion leitete Rebecca Welch das Spiel zwischen FC Fulham und FC Burnley. Welch, die bereits im November 2023 ihre erste Erfahrung als Vierte Offizielle in der Premier League just in diesem Stadion gesammelt hat, trat nun ihren Dienst in der Mitte des Spielfeldes an – eine Premiere für England und ein längst überfälliger Schritt hin zur Gleichberechtigung von Frauen im Sport.
Rebecca Welchs Aufstieg ist kein Zufallserfolg, sie hat sich diesen durch Kompetenz und Engagement verdient. Seit 2010 pfeift sie Spiele und wurde fünf Jahre später erstmals in die Fifa Referees' List aufgenommen. In der Premier League trifft sie auf Schiedsrichterassistentin Sian Massey-Ellis, die seit über 10 Jahren an der Linie assistiert. Ob sie bald gemeinsam für ein Premier-League-Spiel nominiert werden? Jede Wette, dass es dieses Jahr dazu kommen wird.
Bibiana Steinhaus-Webb: Vom Vorbild zur Mentorin
Seit 1990 gab und gibt es 200 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichterassistentinnen, die im Fußball der Männer in der höchsten Liga ihres Landes Spiele leiten. In Europa sind es vor allem
Nun hat endlich auch England mit vielen anderen Ländern in Europa und der ganzen Welt mitgezogen. Und Bibiana Steinhaus-Webb spielt hierbei eine aktive Rolle: Die ehemalige Bundesligaschiedsrichterin wechselte nach ihrem Karriereende 2021 zur englischen Schiedsrichtervereinigung PGMOL (Professional Game Match Officials Limited) und wurde Leiterin der Women’s Select Group. Ihre Aufgabe ist es, talentierten Schiedsrichterinnen den Weg zu ebnen, sie zu fordern und zu fördern. Wie Rebecca Welch, die binnen zweieinhalb Jahren von der 4. Liga in die 1. Liga aufstieg.
Frauenförderung intensivieren
Auch für 2024 gilt: Die Förderung von Frauen im Profisport muss intensiviert werden – damit solche „Premieren“ bald keine Neuigkeiten mehr sind. Ein weiterer Hoffnungsschimmer in England: Die britische Torhüterin Mary Earp gewann kürzlich den BBC Sports Personality of the Year Award.
Förderung von Frauen im Fußball der Männer - das gilt auch für den DFB. Zwar hatten wir bereits vor gut sechs Jahren erstmals eine Schiedsrichterin in der Bundesliga, aber Steinhaus-Webb musste zehn Jahre auf ihre Beförderung in die Bundesliga warten. Mann (!) hatte Sorge, sie sei dem Medienrummel und Druck nicht gewachsen. Sie blieb die bislang einzige Schiedsrichterin.
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Zwar sind aktuell mit Riem Hussein, Katrin Rafalski, Franziska Wildfeuer und Fabienne Michel gleich vier Frauen in der 3. Liga, aber aufgrund des Alters haben wohl nur noch Franziska Wildfeuer und Fabienne Michel die Möglichkeit, bis in die Bundesliga aufzusteigen.
Nicole Petignats klare Worte
Nicole Petignat, frühere Schiedsrichterin der Schweizer Super League und im Uefa-Cup, bringt es in einem Interview mit dem Schweizer "Blick" treffend auf den Punkt: Es ist beinahe beschämend, dass wir immer noch große Wellen schlagen müssen, wenn Frauen Positionen besetzen, die lange Zeit Männern vorbehalten waren. Doch gerade diese Stimmen sind wichtig, denn sie mahnen uns, weiterhin Barrieren abzubauen. Solange, bis eine Gleichstellung keiner Erwähnung mehr bedarf, weil sie Normalität geworden ist.
Wir stehen noch am Anfang einer neuen Zeit, in der Begabung unabhängig vom Geschlecht gefördert wird. Es ist noch ein langer Weg, aber ich freue mich schon jetzt auf jenen Tag, wenn die geschlechtliche Identität von Schiedsrichter*innen im Fußball unerheblich sein wird.
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