Jake Daniels hat bei Blackpool seinen ersten Vertrag als Profi unterschrieben. Danach veröffentlicht der Spieler ein Statement: Er ist schwul. Gelingt seiner Generation von Fußballern der Schritt in einen offenen Umgang mit ihrer Sexualität?
Es ist ein unaufgeregter Tweet, den der englische Zweitligist Blackpool FC sendet – und diese Unaufgeregtheit macht Hoffnung: "A message from Jake Daniels". Kein Trommelwirbel, kein Spannungsbogen, kein Theater, nur der Hinweis auf eine Nachricht des 17 Jahre alten Fußballers, wohlwissend, dass diese immer noch als spektakulär wahrgenommen wird.
Wer dem Link folgt, liest auf der Webseite der "Seasiders“ ein kurzes, persönliches Statement des Spielers, der gerade seinen ersten Profivertrag unterschrieben hat. Er erklärt darin, diese Saison hätte für ihn sportlich nicht besser laufen können, aber neben dem Feld habe er sein wahres Ich versteckt, verheimlicht, wer er wirklich sei: Er wisse schon sein ganzes Leben, dass er schwul sei – und fühle sich nun bereit, das öffentlich zu machen.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Bemerkenswert sind vor allem zwei Punkte an Daniels' Coming-out. Zum einen ist er noch ein Teenager, also in einer Phase, in der viele junge Menschen sich schwer damit tun, sich selbst anzunehmen. Das macht seine Offenheit umso bemerkenswerte, zumal er so ein Vorbild für andere junge Spieler*innen werden kann, die vielleicht an seinem Beispiel erkennen dürfen: Sie können es ihm nachtun, müssen nicht warten bis zu einem späten Zeitpunkt der Karriere.
Zum anderen benennt Daniels unter anderem Josh Cavallo als Vorbild für seinen Schritt. Der spielt in der australischen A-League für Adelaide United und ist denselben bereits im letzten November gegangen. Er hat dafür viel positiven Zuspruch erhalten, aber im Januar auch via Instagram homophobe Beleidigungen während eines Spiels öffentlich gemacht.
Cavallo ist mit 22 Jahren ebenfalls noch recht jung, und wenn Fußballer dieser Generation sich nun vielleicht gegenseitig inspirieren, aufzuhören mit einem Versteckspiel um ihre Sexualität, wäre das wunderbar für sie. Schaut man nämlich zurück in die Geschichte der Coming-outs von Fußballern, blieben es stets Einzelfälle. Für Justin Fashanu, der seine Homosexualität 1990 öffentlich machte, waren die Folgen so verheerend, dass er sich schließlich das Leben nahm.
Es darf nicht bei Einzelfällen bleiben
Als vertragsloser Spieler machte Robbie Rogers seine Homosexualität 2013 öffentlich, danach unterschrieb er einen Kontrakt bei LA Galaxy, für die er bis 2017 in der Major League Soccer (MLS) spielte. Der Minnesota United FC hielt im Jahr darauf anlässlich des Coming-outs von Collin Martin eine "Pride Night“ ab. Wie andere vor ihm war auch Martin zu diesem Zeitpunkt wieder "der Eine“, "der Einzige“ und stand dadurch wie alle vor ihm im öffentlichen Fokus.
Solange das der Fall ist, bleibt es für Spieler kompliziert, sich in einem Sport, der von toxischer Männlichkeit durchdrungen ist und in dem ein völlig schiefes Ideal von Stärke herrscht, offen zu sich zu stehen, wenn sie glauben, von diesem abzuweichen. Deshalb ist nach dem Coming-out von Daniels großartig zu sehen, wie positiv aus der Fußballwelt darauf reagiert wird, wie viel Zuspruch Vereine wie der FC Barcelona oder Prominente wie Jürgen Klopp äußern. Das macht Hoffnung, Daniels könne ebenso als Vorbild für Nachahmer dienen, wie Cavallo das für ihn war. Vielleicht werden in der nächsten Zeit mehr Spieler*innen diesen Schritt gehen, ganz persönlich motiviert und aus freien Stücken, weil sie feststellen: Ich fühle mich bereit.
Denn selbstverständlich, wie manche behaupten, ist es leider nach wie vor nicht, das Thema öffentlich zu machen – und es ist schädlich und unfair, etwas Anderes zu behaupten. Den immensen Mut abzutun, den es im Fußball nach wie vor braucht für ein Coming-out, macht diesen Schritt klein, wenn unser Ansinnen eigentlich sein muss, als Gesellschaft durch unser Verhalten dafür zu sorgen, dass dafür endlich wirklich kein Mut mehr nötig ist.
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