Im Rechtsstreit zwischen der Deutschen Fußball-Liga und dem Bremer Innenressort um Zusatzkosten bei "Hochrisikospielen" unterliegt der Verband. Wer nun darüber jubelt, dass Vereine Polizeieinsätze mitfinanzieren müssen, denkt zu kurz.
Fast zehn Jahre hat der Streit darum gedauert, ob die Bundesländer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) – und damit den Proficlubs – die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei sogenannten Hochrisikospielen in Rechnung stellen dürfen. Diese Frage hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in letzter Instanz mit Ja beantwortet und damit die Klage der DFL abgewiesen.
Ausgangspunkt der Streitigkeiten sind Rechnungen des Bremer Innenressorts an den Verband. Das Land hatte zuvor 2014 eine Regelung erlassen, wonach die Stadt bei Großveranstaltungen ab 5.000 Personen eine Gebühr erheben darf, die nach dem Mehraufwand zu berechnen ist, der durch die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte entsteht. Andere Bundesländer könnten mit ähnlichen Regelungen nachziehen.
Mehr Sicherheit durch mehr Polizei?
Eingedenk dessen, dass Fußballfans hierzulande keine Lobby haben, sollte es vielleicht nicht verwundern, mit wie viel Applaus das Urteil nun öffentlich bedacht wird. Dabei werden in der Begründung Annahmen formuliert, die zumindest diskussionswürdig sind. So heißt es unter anderem, die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte bei Hochrisikospielen sei plausibel und werde durch langjährige Erfahrungen gestützt. Inwieweit eine erhöhte Polizeipräsenz aber zur Beruhigung der Lage bei Spielen beiträgt, ist absolut strittig.
Zudem öffnen die Erwägungen des Senats auch in der Ausformulierung Tür und Tor zu einem Verständnis der Polizei als Dienstleister. Und das betrifft Fußball letztlich nur als Randnotiz, es ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. So heißt es: "Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Die Gefahrenvorsorge ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist."
Was nun? Fastnacht? Jahrmarkt? Festival?
In Bremen ist die Untergrenze der denkbaren Gebühr auf 5.000 Personen gefallen, wo werden andere Bundesländer sie womöglich ansetzen? Welche Großveranstaltungen werden von künftigen Neuregelungen betroffen sein: Jahrmärkte, Konzerte, Fastnacht, politische Gipfel? Was könnte die Regelung für Demonstrationen bedeuten? Wie werden die Mehrkosten errechnet?
All das bleibt offen, ebenso wie – zurück zum Fußball – die Frage, wie wohl unterschiedliche Regelungen in den Ländern sich mit dem Wettbewerbsgedanken vertragen. Oder warum die Clubs eine Leistung zahlen müssen, gegen die sie sich, überspitzt gesagt, nicht wehren können.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.