Ich bin kein großer Fan von Verschwörungstheorien. Ich halte mich an Fakten. Das Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Menschenrechts-WM in Katar hat daher für mich weder etwas mit Woke-Wahnsinn noch mit Absprachen zwischen Japan und Spanien zu tun.
Und erst recht nicht mit dem ersten weiblichen Schiedsrichterinnen-Gespann der WM-Geschichte. Ausschließen möchte ich darüber hinaus die Theorie, die Nationalspieler hätten sich mit etwas Verspätung doch noch dazu entschlossen, die WM zu boykottieren, weil sie nicht in Stadien spielen möchten, für die 15.000 Billiglohnmigranten sterben mussten und vor deren Toren Homosexuelle normalerweise ausgepeitscht werden.
Wissenschaftlich betrachtet gibt es nur einen einzigen Auslöser für die Schmach von Al-Khor. Und der ist eindeutig belegt, zweifelsfrei evidenzbasiert dokumentiert und jeder kann ihn innerhalb von wenigen Sekunden per Eigenrecherche verifizieren. Dazu hier die Platzierungen der deutschen Nationalmannschaft der vergangenen 20 Jahre:
- 2002: Vizeweltmeister
- 2006: Dritter
- 2010: Dritter
- 2014: Weltmeister
Im Jahr 2017 zog die AfD erstmals in den Bundestag ein. Die Platzierungen der deutschen Nationalmannschaft seither:
- 2018: Vorrundenaus
- 2022: Vorrundenaus
Man muss kein Chefreporter Kausalkette sein, um zu wissen: Das ist kein Zufall, das ist Chiffre. Rechtspopulisten haben uns schon zwei Weltmeisterschaften geklaut! Es wird Zeit, das zu beenden! Vergessen Sie das bis zur nächsten Bundestagswahl bitte nicht.
Denn neben der eindeutigen Faktenlage ist diese Begründungsableitung auch dadurch unbestreitbar, dass aus der immer für einen rasanten Sturzflug ins Fettnäpfchen bekannten Rechtsbubble umgehend mit großem Enthusiasmus Nebelkerzen der Ablenkung gezündet wurden. Von Ganzrechtsverteidigerin
Der Fußball ist doch unpolitisch! Da wurden unsere armen Multimillionäre so lange von den deutschen Mainstream-Medien mit LGBTQ+-Rechten, Frauenunterdrückung oder Menschenrechtsverletzungen genervt, bis sie sich nicht mal mehr für einen Sieg gegen Japan ausreichend konzentrieren konnten. Danke, Merkel, danke Wokeistan, danke Regenbogen-Randalierer!
82 Millionen Bundestrainer können nicht irren
Während also knapp 82 Millionen Bundestrainer plötzlich und unerwartet bis zur EM 2024 freigestellt wurden und darum ab heute wieder als Top-Virologen und sicherheitspolitische Experten im öffentlichen Diskurs weitermachen müssen, hat sich wenigstens ein moralisches Dilemma von selbst gelöst: Olaf "erst mal danke für die Frage" Scholz muss nicht zum Finale nach Katar reisen.
Das hat nebenbei noch den Vorteil, dass er auf dem Rollfeld des Frankfurter Flughafens nicht versehentlich den als
Der DFB um
Mit dann 38 Jahren alt genug, um sich heldenhaft über die Androhungen der Fifa hinwegzusetzen und im Eröffnungsspiel draufgängerisch todesmutig mit einer "One Love"-Kapitänsbinde aufzulaufen.
Flick raus! Jetzt muss Habeck übernehmen!
Bis dahin sind allerdings noch einige Wunden zu lecken. Was geht beispielsweise in den deutschen Fans vor, die ihren Jahresurlaub in die Vorweihnachtszeit investiert, Unsummen für Flüge, Hotels und Tickets ausgegeben haben und statt Kimmich, Müller und Gündogan jetzt Japan gegen Kroatien oder Spanien gegen Marokko gucken müssen?
Oder kann womöglich der Bundes-Insolvenz-Beauftragte
Analog zu Flicks Trümmerhaufen zeigten auch die Zuschauerzahlen an den heimischen TV-Geräten nur eingeschränktes Potenzial zur Weltklasse. Nach dem Quoten-Fiasko im Auftaktspiel (unter 10 Millionen Zuschauer) gab es ein Aufatmen gegen Spanien (17 Millionen), abgerundet von 17,4 Millionen im kleinen Finale gegen Costa Rica. Ordentlich, aber dennoch enttäuschend für eine stolze Fußballnation.
Und auch für ARD und ZDF, die mit 214 Millionen Euro die höchste Summe aller Zeiten für die Übertragungsrechte hingeblättert hatten. Umgerechnet etwa 71 Millionen Euro pro Deutschland-Spiel. Oder, um es etwas freundlicher zu sagen: 35,5 Millionen Euro pro Tor der Deutschen. Dass sich die Quoten bei Achtelfinal-Krachern wie Niederlande–USA oder Argentinien–Australien signifikant nach oben entwickeln, ist ungefähr so wahrscheinlich wie ein Friedensnobelpreis für Gianni Infantino.
Gianni Infantino – hört sich an wie ein Mailänder Edeldesigner für Herrenhemden, ist aber Chef der Fifa, der mit einer absolut einmaligen Husarenleistung in die Sportgeschichtsbücher eingehen wird: Er hat das unmögliche geschafft – nämlich die von Korruptionsvorwürfen, Skandalen und Mafia-Vorwürfen durchsetzte Amtszeit seines Vorgängers Sepp Blatter hinsichtlich weitreichender Mauschelei-Manöver noch zu übertreffen.
2034 – wir kommen!
Sportlich betrachtet ist man sich abseits der Allianz Arena inzwischen einig, dass sich Hansi Flick taktisch wie personell grobe Fehler geleistet hat. Tormaschine Füllkrug etwa hätte gegen Costa Rica in der Startelf stehen müssen, um auch noch die für ein Weiterkommen ausreichenden paar fünf weiteren Treffer zum 9:2 beizusteuern. Mit vier Punkten hat man allerdings – um auch mal das halbvolle Glas zu sehen – immerhin einen Punkt mehr als 2018.
Hochgerechnet bedeutet das, dass wir spätestens 2034 wieder im Achtelfinale stehen. Der dann erst 30 Jahre alte Kapitän Youssoufa Moukoko könnte uns als WM-Torschützenkönig zum Titel ballern. Wenn sich die Fifa treu bleibt, findet das Turnier dann vermutlich entweder in China oder in Saudi-Arabien statt. Bahrain hat ja zu wenig Platz für acht WM-Stadien und Aserbaidschan hat sich noch nicht beworben.
So oder so, Deutschland hat sich in allen Bereichen nach Kräften blamiert. Man nennt die WM bereits den ESC des Sports. Wobei wir beim Eurovision Song Contest dieses Jahr immerhin sechs Punkte geholt haben. Vielleicht lag das klägliche Abschneiden aber auch an der unerklärlichen Musik-Ignoranz, die der DFB in den letzten Jahrzehnten zeigt.
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Noch 1990 schmetterte Udo Jürgens gemeinsam mit Lothar Matthäus, Andy Brehme, Guido Buchwald, Pierre Littbarski oder Rudi Völler den Welthit "Wir sind schon auf dem Brenner" und zack: Weltmeister! Warum man Kimmich, Gnabry, Sané und Götze dieses Jahr nicht gemeinsam mit Helene Fischer und Capital Bra "Wir buddeln schon in der Wüste" hat singen lassen – ein Mysterium!
Fast scheint es, als wolle man nicht Weltmeister werden. Könnte für die EM 2024 nicht irgendwer eine Petition starten? Immerhin findet die Europameisterschaft hier bei uns in Deutschland statt und da wäre es ja schon ganz schön, beim Finale 14. Juli 2024 im Olympiastadion Berlin das Sommermärchen Reloaded zu erleben. Oder?
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