- Für seine Idee, die Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft in Zukunft alle zwei statt alle vier Jahre auszutragen, riskiert FIFA-Präsident Gianni Infantino das Auseinanderbrechen der internationalen Fußball-Familie.
- Verbände wie Vereine stellen sich in der Mehrzahl dem Plan des Weltverbands entgegen.
- Eine Entscheidung wird nicht vor dem WM-Jahr 2022 fallen.
Die Entscheidung über einen möglichen neuen Zyklus von Fußball-Weltmeisterschaften wird nicht vor 2022 fallen. Zwar setzte der Weltverband FIFA für den 20. Dezember ein außerordentliches Gipfeltreffen der 211 Mitgliedsverbände an - nach Informationen der "Bild"-Zeitung lehnte das Council mit DFB-Co-Interimspräsident Peter Peters aber den Plan des FIFA-Präsidenten Gianni Infantino ab, dann schon über eine WM im Zwei-Jahres-Rhythmus abstimmen zu lassen.
Mehr als ein Dutzend Verbände erwägt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, aus Protest gegen das umstrittene Vorhaben die Mitgliedschaft im Weltverband als letzte Option zu beenden und aus der FIFA auszutreten.
Der Zwei-Jahres-Rhythmus wird derzeit kontrovers diskutiert. Aleksander Ceferin, Präsident der Europäischen Fußball-Union, drohte bereits mit Boykott aus Europa. Auch der Kontinentalverband Südamerikas lehnt dies kategorisch ab.
Verbände aus Nordeuropa drohen der FIFA mit ihrem Austritt
Zuletzt hatten die nordischen Verbände von Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Färöer in einem gemeinsamen Statement ihre Position verdeutlicht. "Im schlimmsten Fall und als letzte Option kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verbände aus Protest und mangelndem Verlangen nach dem neuen Aufbau aus der FIFA austreten", sagte der dänische Verbandschef Jesper Møller, der auch Mitglied der UEFA-Exekutive ist.
Der Austausch um eine Verkürzung des WM-Rhythmus auf zwei Jahre werde derzeit "mit harten Bandagen geführt. Ich hoffe, dass sie nicht zu hart werden und weiter mit dem nötigen Respekt geführt werden", sagte Infantino. Er habe bezüglich des FIFA-Vorschlags sowohl "viele negative als auch zahlreiche positive oder enthusiastische Stimmen gehört. Die Debatte hört sich in den unterschiedlichen Regionen der Welt ganz unterschiedlich an."
Der DFB stellte auf dpa-Anfrage klar: "Insgesamt haben die europäischen Verbände sehr deutlich gemacht, dass sie geschlossen gegen die FIFA-Pläne stehen. Der FIFA wurden zahlreiche Argumente gegen die Pläne vorgelegt. Unser Eindruck war, dass der FIFA-Präsident sehr nachdenklich wirkte und verstanden hat, warum es keinen Sinn macht, so vorzugehen."
EM-Direktor Philipp Lahm: "Auch andere Sportarten brauchen Platz"
Man müsse "auch anderen Sportarten Raum und Platz lassen", forderte
Nicht nur die Verbände, auch die Vereine aus dem UEFA-Gebiet positionieren sich bezüglich der WM-Pläne. "Wir beim FC Bayern sind klar dagegen", sagte Hainer dem "kicker" (Donnerstag-Ausgabe). Die Fans auf der ganzen Welt seien mit dem bisherigen Vier-Jahres-Rhythmus zufrieden, er habe sich über viele Jahrzehnte bewährt. Die erste WM fand 1930 in Uruguay statt.
Den WM-Rhythmus angesichts des ohnehin vollen Kalenders zu steigern, mache einfach keinen Sinn, betonte der Hainer und verwies auf die Gesundheit der Spieler und eine vernünftige Belastung. "Noch mehr Turniere und Wettbewerbe, das kann letztlich zu einer Übersättigung führen und dem Fußball damit auf lange Sicht Schaden zufügen", erklärte der Bayern-Präsident und warnte: "Man darf den Fußball niemals auf dem Altar finanzieller Interessen opfern." Bei einer Männer-WM alle zwei Jahre gäbe es zudem kaum noch Zeitfenster und Aufmerksamkeit für die Kontinentalwettbewerbe und die Frauen-WM.
La-Liga-Boss Javier Tebas sieht das ganze "Ökosystem des Fußballs" in Gefahr
Spaniens Liga-Boss Javier Tebas befürchtet bei einer Durchsetzung der FIFA-Idee gar einen immensen Schaden. "Eine WM alle zwei Jahre würde das komplette Ökosystem des Fußballs zerstören, vor allem in Europa", sagte der LaLiga-Präsident im Interview mit der "Sport Bild". Unterstützung erhält er bei dieser These von einer Studie der englischen Agentur Oliver and Ohlbaum, wonach den europäischen Fußball-Verbänden bei einer Verkürzung des WM-Rhythmus ein Verlust von bis zu drei Milliarden Euro in vier Jahren drohe.
Infantino plädierte in der "hitzigen Diskussion" dafür, die Ergebnisse der vom Weltverband in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie abzuwarten. Erst dann werde deutlich, ob eine WM alle zwei Jahre die gewünschte "eierlegende Wollmilchsau" wäre. Eins sei ohnehin klar, versicherte der Präsident: Die FIFA werde "das Projekt nur fortführen, wenn es für alle besser ist. Nicht nur wirtschaftlich gesehen, sondern auch sportlich mit der Möglichkeit teilzunehmen".
Gianni Infantino wünscht sich eine Annäherung und einen Konsens
Infantino strebt einen "Konsens" zwischen Befürwortern und Gegnern an. "Wie dieser aussieht, das werden wir sehen. Es gibt Konföderationen, die eine WM alle zwei Jahre möchten. Beharrten jedoch beide Seiten auf ihren Positionen, "dann wird es keinen Konsens geben."
Ein möglicher Austritt von Mitgliedsverbänden ist in Artikel 18 der FIFA-Statuten geregelt. Demnach kann dieser Schritt zum Ende eines Kalenderjahres erfolgen, eine entsprechende Erklärung muss spätestens sechs Monate vor Jahresende abgegeben werden.
Infantino appellierte, die aktuelle Diskussion sei "nicht nur eine Chance, sondern auch eine Verantwortung, ein neues Kapitel aufzuschlagen." Die internationalen Spielkalender der Frauen und Männer sind aktuell bis 2023 beziehungsweise 2024 befristet.
Eine Technische Beratungsgruppe der FIFA um Direktor Arsène Wenger hatte die WM-Ausrichtung alle zwei Jahre vorgeschlagen, auch der Rhythmus der Kontinentalturniere wie der EM würde dabei verkürzt. Demzufolge sollen die Änderungen nach der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko mit erstmals 48 Nationen endgültig greifen. 2027 würden dann die Turniere der Konföderationen ausgerichtet werden. Im bislang geplanten EM-Jahr 2028 stünde dann schon wieder die nächste WM an.
"Wir können nur etwas verändern, wenn wir überzeugt sind, dass alle etwas davon haben", sagte Infantino. Der Schweizer ergänzte: "Es ist ja auch möglich, seine Meinung zu ändern und an bewährten Dingen festhalten zu wollen." (dpa/AFP/hau)
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