Das Halbfinale zwischen Deutschland und Brasilien steht in den Geschichtsbüchern. Das Match wird vor allem durch die Darbietung der DFB-Elf für immer in Erinnerung bleiben. Für den Gastgeber hingegen fand die Fußball-Weltmeisterschaft ein jähes Ende. Die Selecao ist im Finale in Rio damit wie die ganze Nation zum Zuschauen verdammt und als Fan der deutschen Nationalmannschaft fühlt man sich in Brasilien derzeit etwas unwohl.
Die Partie gegen Deutschland soll groß werden. Trotz des Ausfalls von Neymar und Thiago Silva ist die Hoffnung des Landes auf den Finaleinzug der Nationalmannschaft ungebrochen. Millionen Menschen säumen allerorts die Straßen. Die Leute sind zum Feiern gekommen. In bester Partylaune grölen die Massen vor dem Anstoß mit Inbrunst die Nationalhymne. Der Ball rollt. In den Straßen von Sao Paulo herrscht Ausnahmezustand. Nur wenige deutsche Fans verirren sich in das Kneipenviertel Vila Madalena. Für die Anwesenden stellt sich längst die Frage, wie weit die Stimmung kippen wird, sollte Brasilien gegen die deutsche Nationalmannschaft ausscheiden?
Dann verstummen die Massen zum ersten Mal. Thomas Müller erzielt das 1:0 für Deutschland. Da ist sie wieder. Die Angst der Brasilianer vor dem Ausscheiden. Schon vor der Begegnung war vielen Anhängern der Selecao mulmig zu Mute. Das deutsche Team, diese Ansicht teilten viele, sei das beste der WM. Dennoch hätte die Mannschaft von Erfolgscoach Luis Felipe Scolari eine Chance. Schließlich ist da der Heimvorteil und die Tatsache, dass noch nie eine europäische Mannschaft in Südamerika einen Titel gewinnen konnte.
Deutsche freuen sich innerlich
Der Optimismus der Brasilianer währt nicht lange. Miroslav Klose markiert den zweiten deutschen Treffer und bricht damit Ronaldos WM-Torrekord. Nach einer halben Stunde steht es 5:0. Fassungslosigkeit macht sich in den Straßen breit. Die deutschen Fans in der Menge verhalten sich ruhig. Die Freude äußerlich zur Schau zu stellen erscheint in diesem Moment unangebracht. Zur Halbzeit ist das Match für die Einheimischen gelaufen. Es interessiert eigentlich kaum mehr einen. Schnell fliegen die ersten Flaschen. Das Unbehagen aus deutscher Sicht wächst.
Es dauert allerdings nicht lange, bis sich auch die ersten Glückwünsche einstellen. "Deutschland hat ein tolles Team. Unglaublich. Müller, Klose, Schweinsteiger, solche Spieler fehlen uns", schwärmen selbst Brasilianer von dieser DFB-Elf. Gänzlich wohl fühlt man sich als Deutscher inmitten der feierwütigen Meute dennoch nicht. Aber eines muss man den Brasilianern lassen: Sie sind zum Feiern zusammengekommen und sie lassen sich das Feiern auch von diesem Desaster nicht verderben.
Gefeiert wird trotzdem
Noch während der zweiten Hälfte beginnt aus allen Richtung Musik zu schallen. Dass es mittlerweile 7:0 steht, registrieren die Leute nur am Rande. Als Oscar den Ehrentreffer für Brasilien erzielt, brandet großer Jubel auf. Das 1:7 wird wie das Siegtor gefeiert. Endlich, zumindest ein kleiner Grund zum Feiern. Nach Schlusspfiff mehren sich die Komplimente für die Leistung der deutschen Nationalmannschaft. Es wirkt wie ein paradoxes Miteinander. Immer wieder erntet man als deutscher Anhänger böse Blicke. Trotzdem, die Stimmung scheint gut. Noch.
Mit zunehmender Dauer mischen sich unter die Anerkennung für die Leistung der DFB-Elf Warnungen. Warnungen, es würde Zeit, sich nicht mehr als deutscher Fan zu outen. Da ist es wieder: das Unbehagen. Einen Joker kann man als DFB-Anhänger allerdings in jeder Situation ziehen. "Die Argentinier", der verhasste Nachbar der Brasilianer, "wir werden sie für euch fertig machen". Diese Aussage stößt selbst in der angespanntesten Atmosphäre auf positive Reaktionen: "Ja, unbedingt. Argentinien darf auf keinen Fall gewinnen. Viel Glück im Finale!" Einer Tatsache kann sich jeder deutsche Fan in Brasilien sicher sein: In einem möglichen Endspiel gegen die "Gauchos" stünden 200 Millionen Brasilianer hinter Deutschland.
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