Extremsportler Jonas Deichmann will rund 40.000 Kilometer schwimmend, auf dem Rad, laufend und auf einem Segelboot zurücklegen. Dafür trainiert der 33-Jährige bei minus 23 Grad in einer Klimakammer, in der normalerweise Züge getestet werden.
Auf dem Mount Everest bilden sich manchmal Warteschlangen von Bergsteigern, selbst im Weltraum gibt es Touristen. So leicht ist es im Jahr 2020 nicht, als Abenteurer neue Herausforderungen zu finden. Der Extremsportler Jonas Deichmann will etwas schaffen, was vor ihm wohl noch kein Mensch versucht hat: einen Triathlon rund um den Globus. "Ich habe vor allem Respekt vor zwei Dingen", sagt der 33-Jährige. "Vor Scheuerstellen vom Neoprenanzug und Entzündungen beim Schwimmen und vor der Kälte im Altai-Gebirge und der Wüste Gobi." Dort erwarte er bis zu minus 40 Grad. "Und es ist ja nicht so, dass da alle 50 Kilometer ein warmes Café kommt, die gehören zu den abgelegensten Orten der Welt."
Vor drei Jahren hat der gebürtige Stuttgarter, der in Pforzheim aufwuchs, seinen Kindheitstraum zum Beruf gemacht. Er ist selbstständiger Abenteurer, lebt von Vorträgen über seine Touren und als Motivations-Redner. Die schwersten Ultralangstrecken auf dem Rad hat er in Rekordzeit bewältigt, deshalb jetzt die 120-fache Distanz des berühmten Triathlon Ironman Hawaii.
Deichmann will 460 Kilometer schwimmen - mit Zelt und Gepäck
Am Samstag will der Sportler mit dem wettergegerbten Gesicht seine Mammut-Tour in München starten. Über den Großglockner radelt er nach Kroatien und schwimmt dann ohne Begleitboot rund 460 Kilometer entlang der Küste nach Montenegro. Sein Zelt und Gepäck zieht er auf einem Floß hinter sich her. Weiter geht es per Rad voraussichtlich über Sibirien an den Pazifik, den der Abenteurer quasi per Anhalter auf einem Segelboot überqueren möchte. Mehr als 5.000 Kilometer will er durch die USA rennen, dann über den Atlantik segeln und die letzte Etappe von Portugal nach München wieder mit dem Rad zurücklegen.
"Ich habe das Ganze vor Corona geplant, da habe ich noch gesagt, ich mache das in weniger als einem Jahr", erzählt Deichmann. Jetzt rechne er mit 12 bis 14 Monaten, inklusive möglicher Quarantäne. Eigentlich hatte er eine Süd-Route durch den Iran und Indien vor, wegen der Pandemie erscheint die Nord-Route wahrscheinlicher.
Doch gibt die Elektronik bei arktischen Temperaturen nicht den Geist auf? Für einen Härtetest ist Deichmann in der Klimakammer der DB Systemtechnik im westfälischen Minden zu Gast. In dem Labor des Technikdienstleisters der Deutschen Bahn werden sonst Züge unter Extrembedingungen geprüft. Nach dem Training bei minus 23 Grad strahlt der 33-Jährige mit Eiskristallen im Bart: "Es war ein bisschen frisch da drin, aber die Ausrüstung hat sehr gut gehalten." Selbst unter einer dicken Eisschicht habe sein Rad noch funktioniert.
16-fachen Triathlon bereits absolviert
Zehn bis zwölf Stunden radelt Deichmann häufig pro Tag. Sein Fahrrad hat auch einen Namen: "Esposa. Das ist spanisch und heißt Ehefrau. Ich bin immer unterwegs." Bei seinem Lebensstil sei das Fahrrad ungefähr das, was einer Ehefrau am nächsten kommt, sagt der frühere Sales Manager, der International Business studiert hat.
Eine eigene Wohnung hat er nicht. In München sei seine Homebase, dort stehe ein Rucksack bei Freunden. Deichmanns Familie unterstützt ihn, Vater Sammy sagt: "Angst habe ich keine. Er weiß, was er tut." Jonas sei immer schon sehr ehrgeizig gewesen. "Sein älterer Bruder war eigentlich die Sportskanone, aber Jonas wollte nicht nur mithalten, sondern herausstechen."
Quasi zum Aufwärmen hat Deichmann im Sommer einen 16-fachen Triathlon um Deutschland absolviert: 60 Kilometer Schwimmen durch den Bodensee, 2800 Kilometer Radfahren entlang der Landesgrenze und 680 Kilometer Laufen bis zum Startpunkt.
Der Abenteurer hofft darauf, Menschen zu animieren, etwas für das Klima zu tun. "Wenn ich das schaffe, einmal um die Welt ohne Flugzeug, dann können die Leute vielleicht auch ein bisschen aufs Auto verzichten, zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit." (dpa/fra)
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