- Ein Wettskandal sorgt derzeit im Snooker für Aufregung.
- Mehrere Top-Spieler wurden gesperrt, weil sie Ergebnisse abgesprochen haben sollen, um Wettgewinne zu kassieren.
- Der Sportwetten-Experte Christian Deutscher erklärt, welche Sportarten für Match-Fixing anfällig sind und warum die Wettmanipulationen wohl nie aufhören werden.
Derzeit erschüttert ein Wettskandal die Welt des Snookers. Mehrere Profis sollen Ergebnisse abgesprochen haben, um Wettgewinne zu kassieren. Wegen des sogenannten Match-Fixings wurden bereits zehn chinesische Spieler vom Weltverband gesperrt, darunter Stars wie Yan Bingtao oder Zhao Xintong, der die Nummer neun der Welt ist und als Ziehsohn von Superstar Ronnie O’Sullivan gilt.
Neu ist diese Form des Wettbetruges nicht und sie ist auch nicht auf Snooker beschränkt. In Deutschland ist der Fußball-Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer aus dem Jahr 2005 noch sehr präsent. Auch in anderen Sportarten kommt es immer wieder zu Match-Fixing.
"Anfällig sind vor allem Einzelsportarten, weil dort nur eine einzelne Person beeinflusst werden muss. Im Teamsport müssten die Absprachen mit mehreren Personen gleichzeitig getroffen werden. Deswegen beobachten wir Match-Fixing oft in Einzel- und eher selten in Teamsportarten", sagt der Sportökonom Prof. Dr. Christian Deutscher von der Universität Bielefeld im Gespräch mit unserer Redaktion.
Tennis ist eine anfällige Sportart für Wettbetrug
"Wir haben im Tennis viel Wettbetrug in niederklassigen Turnieren erlebt. Es wurden oft Erstrundenmatches verschoben, bei denen es sportlich nicht um ganz so viel ging. In diesen Spielen hätten Spieler durch einen Matchgewinn keine Millionenbeträge realisieren können.
Aber abseits des Feldes gab es viel Geld zu gewinnen. Wenn diese Konstellation besteht, ist es relativ günstig, jemanden zu bestechen. Weil Sportler abseits der Spitzenplätze in der Weltrangliste Geld benötigen, was bei einem millionenschweren Tennisprofi wahrscheinlich nicht der Fall ist", erklärt Deutscher weiter.
Dass beim Snooker auch hochklassige Spieler in den Skandal verwickelt sind, die mit ihrem Sport sehr viel Geld verdienen, überrascht den Experten für Sportwetten. "Man muss deshalb vermuten, dass auch abseits des Tisches viel Geld am Wettmarkt gewonnen wird", sagt er.
In der Präzisionssportart Snooker geht es oft um Millimeter. Ob eine Kugel absichtlich vorbeigespielt wird, ist ohne Weiteres nicht zu erkennen. Ähnlich ist es beim Tennis. Problemlos kann ein Aufschlag ein paar Zentimeter im Aus platziert oder ins Netz geschlagen werden. "Mit kleinsten Leistungsunterschieden erzielt man größte Ergebnisunterschiede. Deshalb sind diese Sportarten zum Wettbetrug gut geeignet", erklärt Deutscher.
Ein liquider Wettmarkt begünstigt Wettbetrug
Begünstigt wurde das Match-Fixing in den letzten Jahren durch das starke Wachstum der Online-Wettbranche. "Durch die Online-Sportwetten ist sehr viel mehr Geld im Umlauf. Wenn ich betrügen möchte und das nicht auffallen soll, ist das von Vorteil. Denn mein Einsatz ist dann nicht mehr so auffällig. Einen Betrug zu vertuschen ist einfacher, wenn ein Markt liquide ist", sagt Deutscher.
Bei Online-Wetten gibt es außerdem die Möglichkeit, auf einzelne Spielereignisse oder Zwischenergebnisse zu wetten. Es ist also gar nicht unbedingt nötig, ein komplettes Spiel zu verlieren, um einen Wettbetrug erfolgreich durchzuführen.
Überwachungssysteme können Wettbetrug nicht immer erfassen
Unternehmen wie beispielsweise Sportradar überwachen die Wetteinsätze und schlagen Alarm, wenn auf ein Sportereignis ungewöhnliche Summen platziert werden. Komplett verhindern lässt sich Wettbetrug trotz dieser Überwachungssysteme aber nicht. Denn nicht immer kann eindeutig gemessen werden, ob ein Spiel tatsächlich verschoben war. Weshalb man von einer hohen Dunkelziffer bei Wettbetrug ausgehen muss.
Zumal längst nicht alle Wetten bei offiziellen und überwachten Anbietern platziert werden. "Es gibt einen großen Schwarzmarkt, es wird viel privat gewettet. Nicht alles wird offiziell gesetzt. Man geht davon aus, dass der inoffizielle Wettmarkt ähnlich groß ist wie der offizielle Wettmarkt", erklärt Deutscher.
Harte Strafen schreckten Snooker-Stars nicht ab
Ein anderer Versuch, Wettbetrug einzuschränken, ist die harte Bestrafung der Beteiligten. Schiedsrichter Robert Hoyzer wurde vom DFB lebenslang gesperrt und vom Landgericht Berlin zu einer mehr als zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Als Resultat des Wettskandals von 2005 wurde das Schiedsrichterwesen in Deutschland reformiert, die Unparteiischen in den höchsten Spielklassen verdienen mittlerweile deutlich mehr und sind deshalb weniger anfällig für Bestechungsversuche.
Auch im Snooker wurde schon früher hart durchgegriffen. Der Engländer Stephen Lee wurde 2011 wegen Wettmanipulationen bis 2024 gesperrt und musste eine Strafe zahlen, die sich einschließlich Berufungskosten auf 160.000 Euro summierte. Offensichtlich reichte dies aber nicht als abschreckende Maßnahme aus, um den aktuellen Wettskandal im Snooker zu verhindern.
Wettmanipulationen werden im professionellen Sport also wohl nie ganz unterbunden werden können. "Überall wo es um viel Geld, muss man befürchten, dass Dinge nicht sauber laufen. Aber das betrifft nicht nur den Sport", sagt Christian Deutscher.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.