Seit dem Unfall von Michael Schumacher ist für Michael Viehmann kein Tag wie zuvor. Er ist der Erste Vorsitzende des Michael-Schumacher-Fan-Club Kerpen e.V. Im Interview erzählt Viehmann von geplanten Aktionen, bewegenden Momenten und der extremen Anteilnahme aus aller Welt.
Herr Viehmann, wie ist die Stimmung zur Zeit im Club?
Viehmann: Die Stimmung ist natürlich äußerst gedrückt. Die Zuschriften und Anrufe reißen einfach nicht ab. Wir bekommen Briefe von Kindern, in denen gemalte Bilder von und für
Es sind einfach sehr bewegende Momente, die sich hier zur Zeit abspielen. Die Anteilnahme hier und in aller Welt ist sehr groß. Wir hoffen einfach nur auf eine gute Genesung, eine gute Reha-Maßnahme und dass Michael wieder so wird, wie wir ihn kennen.
Stehen Sie in Kontakt mit der Familie Schumacher?
Viehmann: Ja, wir haben Kontakt zu der Familie. Aber Frau Schumacher hat ja über die Pressesprecherin um Rücksicht gebeten. Deswegen wollen wir den Schumachers diese Zeit auch gönnen. Am ersten Tag hatten wir kurzen Kontakt mit der Familie und Sabine Kehm (Schumachers Managerin; Anm.d.R.). Seitdem hat es keinen Austausch gegeben, aber das ist auch in Ordnung so.
Die Familie braucht jetzt die Kraft und das möchten wir auch respektieren. Währenddessen sammeln wir Club-intern alle Briefe und Zuschriften. In Kerpen haben wir einen "Zaun der Hoffnung" errichtet, der inzwischen voller Kappen und Genesungswünsche ist. Die werden dann anschließend in unser Archiv kommen.
Sie haben eingangs die Briefe und Anrufe erwähnt. Wie viele Briefe haben Sie denn bisher erhalten?
Viehmann: Wir haben bei 800.000 Briefen aufgehört zu zählen. Das war bereits nach zwei bis drei Tagen der Fall. Auch mein Privattelefon hat seitdem nicht mehr aufgehört zu läuten. Gerade gestern Abend hat mich ein Sportler angerufen, der auch einen schweren Unfall hatte. Er erzählte mir, dass er in dieser Zeit ein Hufeisen von Egon Müller (ehemaliger deutscher Speedway-Fahrer; Anm.d.R.) geschenkt bekommen habe und daraus alle verlorene Hoffnung und Kraft neu geschöpft hat. Dieses Hufeisen, das diesen Sportler vor 25 Jahren aus der Depression gerissen hat, schickt er uns jetzt. Wir werden dieses Hufeisen dann an Michael Schumacher weitergeben.
Wie ist die Situation im Club selbst?
Viehmann: Sie können es sich vorstellen dass es hier drunter und drüber geht. Ich ziehe meinen Hut vor den Vorstandsmitgliedern, denn seit Schumachers Unfall sind hier alle nonstop in Aktion. Außerdem haben wir verschiedene Aktionen geplant. Am 18. Januar wird es ein Freundschaftsspiel zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 geben, bei dem wir vor dem Spiel entweder durch Balljungen oder andere Personen einen großen Banner für Michael auf das Spielfeld bringen werden. Der 1. FC Köln, als Michaels Lieblingsverein, steht vollkommen hinter dieser Aktion.
Wird es noch weitere Aktionen geben?
Viehmann: Ja, es gibt Ideen, aber noch nichts Konkretes. Angedacht ist eine Spendenaktion in einer Kinderklinik für Komahilfe. Die Hilfe der Kölner ist dabei sehr wichtig.
Wie bewerten Sie den Medienrummel um Michael Schumacher?
Viehmann: Natürlich nicht sehr positiv. Wenn man hört, dass Krankenwagen teilweise erschwert bis zu dem Krankenhaus vorfahren können, weil Medienvertreter den Weg versperren, macht mich das nicht glücklich. Ich sehe Michael Schumacher nicht als prominenten Rennfahrer oder siebenfachen Weltmeister, sondern als tollen Menschen, der Familie hat und um den Freunde, Frau und Kinder bangen. Man sollte nicht vergessen, dass Michael auch nur ein Mensch ist.
Aber man hört ja auch, dass viele Medien inzwischen das Feld geräumt haben. Michael Schumacher und seine Familie brauchen jetzt Ruhe und Kraft. Diese Zeit sollten sie auch bekommen.
Bereiten Sie sich auf das Schlimmste vor?
Viehmann: Nein, das will hier keiner. Wir haben von vielen Fans gehört, die sich eine Welt ohne Michael Schumacher gar nicht vorstellen können. Auch für alle Menschen hier im Club ist diese Situation nicht auszudenken. Sie müssen verstehen, wir haben unseren Club nie aufgegeben. Auch nicht nach Michaels erstem Rücktritt. Wir standen immer und auch bei seinem Comeback hundertprozentig hinter ihm. Das wird auch in Zukunft so bleiben.
Wir haben Michael so oft an der Kartbahn in Kerpen getroffen, wo er sich jedes mal langen Autogramm-Stunden unterzogen hat, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich bin seit 23 Jahren Schumacher-Fan und kann und will mir nicht vorstellen, was passieren würde, wenn das Schlimmste eintreten würde.
Es ist als ob ein Familienmitglied im Krankenhaus liegen würde?
Viehmann: Ja, definitiv.
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