Geht der Wimbledon-Titel 17 Jahre nach Steffi Graf wieder an eine Deutsche? Sabine Lisicki trifft heute um 15 Uhr (ab 14 Uhr bei uns im Live-Ticker) im Endspiel auf die Französin Marion Bartoli. Beide Finalistinnen sind sich von der Spielweise her ähnlich, ihr Tennis ist komplett auf Offensive ausgelegt. Doch wer hat die besseren Chancen auf den Titel?
Marion Bartoli peitscht den Ball mit ihrer beidhändigen Vorhand auf die andere Seite des Netzes. Ihre Gegnerin streckt sich, erreicht den Ball aber nicht mehr. Bartoli gewinnt den Punkt. Sie ballt die Faust, dreht sich ab und tippelt auf der Stelle. Die Französin geht wieder zum Aufschlag, der Punktgewinn ist abgehakt. Bartoli bleibt fokussiert, der nächste Punkt ist wieder der wichtigste.
Diese Situation oder so ähnlich wird Sabine Lisicki ein ums andere Mal im Finale von Wimbledon erleben. Doch sie muss versuchen, solche Situationen so weit wie möglich zu vermeiden. Bartoli kann sich dadurch in einen Rausch spielen. Die 28-Jährige steht ständig unter Strom, kommt auch zwischen den Ballwechseln nie zur Ruhe, gibt nie auf. Ein harter Brocken.
Doch auch Lisicki ist eine Powerfrau. Wie Bartoli, die 2007 schon einmal im Finale von Wimbledon stand, wuchtet sie die Bälle mit hoher Geschwindigkeit zur Gegnerin zurück. Vor allem Lisickis schneller Aufschlag könnte zu einem Schlüssel zum Erfolg werden. Beide Finalistinnen zelebrieren Powertennis. Das Endspiel wird wohl von vielen direkten Punktgewinnen und Assen geprägt sein.
Ein Tennisball so groß wie ein Fußball
Bartolis Weg ins Finale von Wimbledon war im Vergleich zu dem Lisickis relativ unbeschwert. Die Französin gab in den sechs Partien keinen einzigen Satz ab. Selbst im Halbfinale überrollte sie die Belgierin Kristen Flipkens mit 6:1, 6:2. "Ich habe mich heute so wohl gefühlt. Heute war der Ball für mich so groß wie ein Fußball", sagte Bartoli nach dem Match.
Sabine Lisicki hatte in den Runden zuvor deutlich mehr zu kämpfen. Während Bartoli gegen Spielerinnen wie Sloane Stephens, die Nummer 17 der Setzliste, und gegen Flipkens, die Nummer 20 der Setzliste, vergleichsweise ins Finale spazierte, traf Lisicki auf Gegnerinnen größeren Kalibers. Im Viertelfinale bezwang sie die Nummer eins der Welt, Serena Williams, und im Halbfinale die Nummer vier, Agnieszka Radwanska. Lisicki gab im Laufe des Turniers drei Sätze ab.
Die Statistik spricht jedenfalls für einen Wimbledon-Sieg von Sabine Lisicki im Finale gegen Marion Bartoli. Die Deutsche und die Französin trafen bisher viermal aufeinander, dreimal ging Lisicki als Siegerin vom Platz. Zwei der vier Partien fanden in Wimbledon statt. 2008 gewann Bartoli in der ersten Runde glatt in zwei Sätzen, 2011 Lisicki mit 6:4, 6:7 und 6:1 im Viertelfinale.
Vorteil Lisicki
Wenn Lisicki und Bartoli heute den Center Court von Wimbledon betreten, zählen die Statistiken aber nichts. Beide Spielerinnen wollen den ersten Grand-Slam-Titel ihrer Karriere gewinnen.
Sabine Lisicki hat dennoch einen kleinen Vorteil. Sie hat zum einen den Großteil der 15.000 Zuschauer hinter sich. Die Briten haben "Bum-Bum-Bine" in ihr Herz geschlossen und werden versuchen, die Deutsche zum Sieg zu peitschen. Zum anderen hat sich Lisicki durch ihre sensationellen Siege gegen Serena Williams und Agnieszka Radwanska genügend Selbstvertrauen geholt, um das Turnier zu gewinnen.
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