Melbourne - Alexander Zverev wollte sich schon verabschieden, da meldete sich aus dem Hintergrund eine wohlbekannte Stimme. "Kann ich bitte eine Frage stellen?", sagte Novak Djokovic. Der serbische Tennisstar hatte sich im größten Interview-Raum auf der Anlage im Melbourne Park unter die Journalisten gemischt und löcherte seinen deutschen Titel-Konkurrenten bei dessen Pressekonferenz mit durchaus provokanten Fragen. Zverev aber blieb cool und zeigte sich zwei Tage vor seinem Auftakt bei den Australian Open tiefenentspannt.
"Wir wissen, dass Sie das Universum lieben, das Planeten-System. Können Sie uns sagen, was Sie an der Weltraumforschung so reizt?", fragte
Doch damit gab sich der 24-malige Grand-Slam-Turniersieger nicht zufrieden. "Glauben Sie, dass die Antwort, wie man einen Grand Slam gewinnt, im Weltall liegt?", hakte Djokovic nach. "Ich glaube, die Antwort auf die Frage, wie man einen Grand Slam gewinnen kann, ist, dass Sie mich einen gewinnen lassen", scherzte Zverev.
Start am Sonntag gegen Wild-Card-Inhaber
Der Olympiasieger von 2021 nimmt beim ersten Saison-Highlight den nächsten Anlauf zu seinem ersten Grand-Slam-Titel. Zum Auftakt am Sonntag (10.30 Uhr MEZ/Eurosport) ist der Weltranglistenzweite in der ersten Runde gegen den Franzosen Lucas Pouille klarer Favorit. Doch Zverev blickt schon viel weiter. Diesmal will er endlich den Tennis-Thron erobern.
"Ich glaube, jeder weiß, was ich jage. Jeder kennt mein Ziel und meine Träume. Es geht darum, zu gewinnen", sagte der Hamburger: "Wenn man als Nummer zwei der Welt an einem Grand Slam teilnimmt, muss man die Einstellung haben: Ich will das Turnier gewinnen. Und so ist meine Einstellung."
Für diesen Coup will Zverev in den entscheidenden Momenten aggressiver und mutiger spielen. Eine sehr gute Idee - findet Tennis-Idol Boris Becker, der 1991 und 1996 in Melbourne triumphierte. "Du gewinnst keinen Grand Slam, wenn du zu passiv wirst. Mit der Hoffnung, der Gegner verschlägt den Ball - das wird einfach nicht passieren", sagte der Eurosport-Experte: "Er muss den Titel aufgrund seiner eigenen Stärke gewinnen."
Zverev will nicht von Sinner-Sperre profitieren
Die eigene Stärke soll ihn irgendwann auch an die Spitze der Weltrangliste führen. Auf eine mögliche Doping-Sperre des aktuell Führenden
Sinner wurde im vorigen März zweimal positiv auf das anabole Steroid Clostebol getestet, von der zuständigen International Tennis Integrity Agency (Itia) aber freigesprochen, weil ihm laut der Untersuchungskommission kein vorsätzliches Verschulden nachgewiesen werden konnte. Der Fall des Italieners liegt nach einem Einspruch der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada beim Internationalen Sportgerichtshof Cas. Die Wada fordert eine Sperre von einem bis zwei Jahren.
Die an Nummer 1 und 2 gesetzten Sinner und Zverev könnten beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres erst im Finale aufeinandertreffen. Dass er eine gute Auslosung erwischt hat, wisse er, sagte Zverev: "Aber ich muss mich auf die Matches konzentrieren. Ich bin ja auch immer ein Kandidat, der gerne erst mal fünf Sätze spielt am Anfang des Turniers."
Arm-Verletzung ist ausgeheilt
Auftaktgegner Pouille (30) ist aktuell 104. der Weltrangliste und darf in Melbourne nur dank einer Wild Card starten, stand 2019 aber schon mal im Halbfinale der Australian Open. "Daher ist er nicht zu unterschätzen", sagte Bundestrainer Michael Kohlmann.
Die Bizeps-Zerrung, die er sich anderthalb Wochen vor Turnierstart während des United Cups zugezogen hat, bereitet Zverev keine Probleme mehr. Das deutete auch der Show-Satz unter Flutlicht am Donnerstagabend gegen Djokovic an. Schon da hatten beide Tennisstars ihren Spaß gehabt und viel gescherzt. © Deutsche Presse-Agentur
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